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Titokowaru litt unter den nächtlichen Vereinigungen mit der Frau, die ihm beinahe jeder seiner Träume schickte. Die Orte, Gegebenheiten, Situationen, ja selbst die Art, auf die sie sich liebten, waren immer unterschiedlich. Nur die Frau nahm auf unheimliche Weise immer individuellere Züge an. Schließlich kannte er jedes einzelne Muttermal auf ihrem Körper, auch die, die nur ein Mann von seiner Ehefrau kennt. Er vermutete, dass ihn der Geist einer Frau quälte, die er in einem früheren Leben besessen und durch irgendetwas Unauslöschbares beleidigt hatte, und opferte, betete zu ihr um Vergebung, aber in der Nacht kam sie wieder zu ihm.

Es waren keine Alpträume; er schwamm in Lust und Liebe, wenn sie bei ihm lag, aber trotzdem machte sie ihm Angst. Vielleicht hätte es geholfen, mit einer anderen, einer wirklichen Frau zu schlafen, aber das, hatte er geschworen, würde er erst wieder tun, wenn er das Zeichen zum Krieg erhalten hatte, nach dem er Ausschau hielt in allen Dingen. Er wusste nicht, wie das Zeichen aussah, nur, dass er es erkennen würde, wenn es kam. Irgendwann begann er, die fremde Frau auch am helllichten Tag zu sehen, und hätte sie unter Tausenden sofort erkannt. Wer war dieses Wesen und was wollte es von ihm?

Als seine Nächte ihn so erschöpften, dass er Fieber bekam, wusste er, dass er den Krieg vorantreiben musste, wenn er Frieden finden wollte, und berief die Versammlung der Häuptlinge nach Te Ngutu o te Manu ein. Aber leider waren sich alle Beteiligten einschließlich des Königs Tawhiao darin einig, dass der Krieg warten musste, bis das Jahr der Töchter und des Lammes vorüber oder aber ein mächtiger neuer Prophet hervorgetreten war.

24.

Die Hure war jünger als Mrs. Maguire und kleiner und weniger hübsch. Vorsichtig schob John Gowers ihr langes blondes Haar, eigentlich das Einzige, was sie mit der Frau des Reeders gemeinsam hatte, aus dem Nacken der Schlafenden und legte sacht und ohne sie mit dem gesamten Gewicht seines Kopfes zu belasten, ein Ohr zwischen ihre nackten Schulterblätter. Er lauschte auf die gleichmäßigen, dunklen Herzschläge in dem schmalen Körper und begann, mit langsamen, ruhigen Bewegungen ihren Rücken zu streicheln. Ihre Haut war angenehm sauber, was sich natürlich auf ihren Preis auswirkte. Gowers zählte die Wirbel unter seinen Fingern, schob dann seine Hand unter die Bettdecke und legte sie leicht auf die kleinen, nachtwarmen Hinterbacken.

Wenn seine Vermutung richtig war, gab es einen ganz einfachen Weg, auf dem die Kinder wohlbehalten wieder nach Hause kommen würden: Maguire musste seine Kandidatur zurückziehen. Vielleicht würde man zusätzlich auch noch Geld von ihm verlangen, aber der Reeder war ja kein armer Mann. Das Hindernis war sein Stolz. Würde er aufgeben, wenn er wusste, dass er zur Aufgabe gezwungen werden sollte? Würde er es ertragen, seinen Gegnern sozusagen auch noch die Unkosten zu zahlen, die seine Kandidatur verursacht hatte? Gowers wusste, dass er dem Mann zumindest diesen Vorschlag machen, ihm diese Möglichkeit anbieten musste. Alles andere, jede Form der Ermittlung, wäre zu riskant. Aber was würde er selbst an der ganzen Sache verdienen?

Nur um der Herausforderung willen überlegte er, wie er vorgehen könnte, um die Kinder zu finden und zu befreien. Er stellte sich diese Frage wie eine mathematische Aufgabe: Harewood plus, Klammer auf, Blampin mal x, Klammer zu, gleich y. Diese Gleichung ließe sich nur lösen, wenn man die bekannten Faktoren scharf beobachten und zu möglichst unüberlegten Reaktionen verleiten würde. Aber genau da lag das Problem, das Risiko. Waren diese Reaktionen kalkulierbar? Harewood plus Blampin geteilt durch die Provokation, das Wissen, die Vermutung zumindest, dass man ihnen auf der Spur war, konnte den Weg zu den Kindern ergeben, konnte die Kinder aber auch töten. Den Ausschlag gab – sagte er sich später noch häufig – die Überlegung, dass die Gegner Politiker waren; also eher Spieler als kaltblütige Killer. Insgeheim wusste er aber von Anfang an, dass das nicht stimmte: Den Ausschlag gab, dass er Geld verdienen wollte.

Die junge Frau in seinen Armen stöhnte leise, und eine kaum merkliche Veränderung im Schlag ihres Herzens verriet ihm, dass sie jeden Moment aufwachen würde. Aber erst als seine Finger auf ihrem Geschlecht kreisten und sie ihre Schenkel ein wenig öffnete, um sich ihm ganz zu überlassen, erwachte sie tatsächlich und murmelte: »An deine Hände könnte ich mich gewöhnen!«

Etliche träge Minuten später wurde ihr Stöhnen zu einem Keuchen. Sie drehte sich auf die Seite, zog beide Knie an und reckte sich im Rhythmus seiner Hand entgegen. Als es vorbei war, rollte sie sich auf den Bauch zurück, seufzte, räusperte sich und sagte: »So möchte ich öfter geweckt werden.«

Er wischte seine Hand zärtlich an ihrem Gesäß ab, fühlte das Nachbeben ihrer Muskeln und fragte: »Mary?«

Die junge Frau wurde plötzlich stocksteif, warf sich zu ihm herum und starrte ihn wütend an. »Sarah!«, sagte sie. Dann fiel ihr aber offenbar ein, dass er ja ein Kunde war, und sie machte ein Spiel aus ihrem Zorn. Setzte sich rittlings auf ihn, legte mit inszenierter Strenge seine Hände auf ihre kleinen Brüste und wiederholte: »Sarah!« Führte seine Hände zu ihrem Bauch hinunter, auf ihre Hüften, die Hinterbacken: »Sarah!!«

»Sarah …« John Gowers lächelte. »Willst du dir zwanzig Dollar verdienen?«

Statt einer Antwort rieb sie sich an seinem Bauch, anders als eben, härter, professioneller. »Hab ich das nicht schon?«, fragte sie kokett.

»Ich meine heute Abend«, sagte er.

»Heute Abend und jeden Abend«, antwortete sie. »Und wann immer du willst.« Sie legte sich jetzt auf ihn und versuchte, ihn auf den Mund zu küssen. Aber er drehte den Kopf weg, weil sie noch nicht gefrühstückt hatte. Nur um sie nicht zu beleidigen, küsste er sie jedoch auf die Wange.

»Ich möchte mit dir zu einer Versammlung gehen«, sagte er.

»Was?« Sie hob den Kopf ein wenig und suchte verwirrt seinen Blick.

»Eine politische Versammlung«, erklärte er. »Die Kampagne ›Sauberes Victoria‹ …«

Sie prustete ihm mitten ins Gesicht. Das war zuerst unangenehm, aber dann fühlte er, wie ihr Bauch vor Lachen bebte, und das war ein Gefühl so ansteckender Heiterkeit, dass er mitlachen musste.

»Also, mit mir wollten sie ja schon manches machen.« Sie japste und rollte von ihm herunter. »Einer wollte, dass ich die Kleider seiner Mutter anziehe, ein anderer, dass ich Uniform trage, und ich musste dauernd ›Ja, Sir!‹, ›Nein, Sir!‹ sagen. Einer wollte es sogar mal in einer Kirche machen, aber ich bin immer noch katholisch, ob du’s glaubst oder nicht! Nur auf eine …« Sie begann erneut zu kichern und steigerte sich zu einem Gelächter, für das ihre Bauchmuskeln eigentlich schon zu erschöpft waren. »Eine politische Versammlung … ›Sauberes Victoria‹!«

Sie hörte erst auf zu lachen, als er sich auf sie legte, sein Gesicht in ihre üppigen blonden Haare wühlte und tat, wofür bezahlt zu werden sie gewohnt war.

25.

Die monatliche Versammlung der Literarischen Gesellschaft von St. Louis war eine gemeinhin eher familiäre Veranstaltung. Zwar konnte die Gesellschaft eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Mitgliedern verzeichnen, aber die meisten waren nur beigetreten, um für verhältnismäßig wenig Geld verhältnismäßig viele Bücher zu lesen, die die Gesellschaft anschaffte und in ihrer entsprechend umfangreichen Leihbibliothek zur Lektüre bereithielt. Vorstandsarbeit und Veranstaltungen überließ man jedoch seit Jahrzehnten den immer gleichen, von Gott offenbar zu diesem besonderen Zweck geschaffenen Individuen: dem leider etwas zu progressiven emeritierten Professor Hartford als erstem Vorsitzenden, einer pensionierten Lehrkraft für höhere Töchter, Miss Pringle, als Schriftführerin und der Witwe des Friedensrichters, Mrs. Sheperd, als zweiter Vorsitzender. Kassierer und »Junior« in dieser Runde war der Kaufmann Charles Dorfman, der diese Position eigentlich nur seiner Frau zuliebe ausübte beziehungsweise diese einzige Möglichkeit abendlicher Abwesenheit an immerhin einem Tag der Woche nicht mehr missen wollte.