Vereinzelt lockerte erleichtertes Gelächter über diesen ersten Scherz des Abends die allzu ernste Stimmung in der Versammlung der Literarischen Gesellschaft von St. Louis auf.
»Aber dann«, fuhr der Redner fort, »erinnern wir uns zweifellos daran, dass das Recht dieses einzelnen dummen Mannes, anderer Ansicht zu sein, eines der wichtigsten Rechte ist, für die unsere Väter und Großväter einst gekämpft und geblutet haben, und wir werden ihn ruhigen Herzens anhören, selbst wenn er Unsinn redet.«
Auch die eifrigsten Abolitionisten schmunzelten leise und gefielen sich jetzt nicht mehr nur in ihrer Gerechtigkeit, sondern auch in ihrer Toleranz. Ihre Selbstgefälligkeit erhielt jedoch einen schweren Dämpfer, als der Redner mit ausgesuchter Höflichkeit hinzufügte: »Dieser Mann, meine sehr verehrten Damen und Herren, bin heute Abend ich.«
Es dauerte eine Weile, bis sie verstanden, was er damit gesagt und dass er ihre Wachsamkeit mit seinen schönen Worten nur eingelullt hatte. Zumindest das Ziel, nicht einfach niedergeschrien zu werden, hatte er allerdings erreicht und konnte mit großer Ruhe und Verbindlichkeit fortfahren.
»Mein Name ist Lemuel Willard. Doktor Lemuel Willard, um genau zu sein, denn ich bin Doktor der Medizin und Ältester der ersten presbyterianischen Kirche von Baton Rouge. Ich bin seit fünfundzwanzig Jahren verheiratet.« – Vereinzelte Laute der Enttäuschung bei den Damen. – »Meine Ehe wurde mit drei Töchtern und zwei Söhnen gesegnet. Ich besitze eine Baumwollplantage bei Indian Mound, zu der gegenwärtig hundertsiebenundachtzig Negersklaven gehören, darunter fünf schwangere Frauen – meines Wissens –, sodass sich mein Besitz an Sklaven in den nächsten Monaten noch vergrößern wird.«
Ein deutliches Murren der Versammlung war die Antwort auf diese zuletzt leicht ironische Vorstellung, aber der geübte Rhetoriker schien seine Ironie jetzt sofort auf sich selbst anzuwenden, indem er sich langsam einmal um die eigene Achse drehte und dabei sagte: »Ich bin heute Abend nicht hier, um Ihnen zu zeigen, wie ein Sklaven haltender Unmensch aussieht – wenngleich ich Sie bitten möchte, mich aufmerksam zu betrachten und mir alle Züge von Barbarei mitzuteilen, die Sie an mir feststellen können. Ich bin vielmehr in der aufrichtigen Absicht gekommen, mich zu Ihren Ansichten bekehren zu lassen – falls sich herausstellen sollte, dass Ihre Argumente besser sind als meine. Aber selbst wenn das nicht geschieht, beabsichtige ich keineswegs, Ihnen zu sagen, was und wie Sie denken sollen. Ich möchte lediglich das Recht in Anspruch nehmen, Ihnen zu sagen, was und wie ich denke.«
Dieses Recht konnte man ihm nach so vielen wohlgesetzten, vernünftigen Worten natürlich kaum noch streitig machen, obwohl die hellsichtigeren Sklavereigegner mit Sorge sahen, dass sich da etwas zusammenbraute, was ihnen den bislang so gelungenen Abend verderben konnte.
»Lassen Sie mich noch hinzufügen«, sagte Willard, wobei er diese Sorge mit aufrichtigen Zeichen der Devotion beschwichtigte, »dass ich, ganz gleich, wohin meine Worte mich tragen sollten, von der Aufrichtigkeit Ihrer Ansichten und Absichten überzeugt bin. Obgleich eine allgemeine Sklavenbefreiung mich wirtschaftlich ruinieren würde, halte ich Sie also nicht«, und er akzentuierte dieses Wort als besonders bedeutsam, »für Räuber oder Diebe, so wie viele meiner heißblütigeren Landsleute im Süden, sondern ich glaube, dass Sie der ernsten und deshalb ernst zu nehmenden Überzeugung sind, das Richtige zu tun.
Aber was tun Sie eigentlich? Oder besser: Was wollen Sie tun? Sie wollen die Sklaverei beenden, die Neger befreien, gut. Aber was dann? Wie weiter?
Die Neger nach Afrika zurückzuschaffen war offen gestanden der einzige wirkliche Vorschlag, den ich heute Abend gehört habe. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin niemand, der seinen Mitmenschen leichtfertig vorwirft, Unsinn zu reden. Aber ich bitte jeden, der die Negerfrage auf diese Weise zu lösen hofft, folgende Fakten in seine Überlegungen aufzunehmen.«
Die versammelten Gemüter, die bei den Worten »Räuber«, »Diebe« und »Unsinn« in anschwellendem Gemurmel hochgegangen waren, beruhigten sich erst mit der Vokabel »Fakten« wieder ein wenig. Willard gab sich nun die Miene eines loyalen Buchhalters, der die visionären Ziele eines Vorstandsvorsitzenden in harte, nüchterne Kleinarbeit umsetzen muss.
»Es gibt in diesem Land nach den neuesten und zuverlässigsten Schätzungen dreieinhalb Millionen Negersklaven. Wenn wir diese Neger unter halbwegs erträglichen Bedingungen nach Afrika transportieren wollen, benötigen wir etwa dreißigtausend Schiffe. Alle zivilisierten Nationen der Erde zusammengenommen verfügen kaum über eine solche Flotte. Selbst die spanische Armada bestand nur aus etwa fünfhundert Schiffen – aber die spanische Armada ist bekanntlich vor zweieinhalb Jahrhunderten untergegangen.« Mit geschickten Handbewegungen dämpfte der Redner das höhnische Gelächter, das in den eleganten Reihen der Sklavereibefürworter aufkommen wollte.
»Nehmen wir trotzdem an, wir hätten die spanische Armada: Dann müssten fünfhundert Schiffe sechzig Mal den Atlantischen Ozean überqueren, hin und zurück, eine Reise, die auch unter den besten Bedingungen etwa sechs Monate dauert. Wenn ich noch richtig rechnen kann, hätten wir also die Negerfrage auf diese Weise im Jahre 1887 glücklich gelöst – vorausgesetzt, dass wir die Neger in diesen dreißig Jahren daran hindern, sich zu vermehren, und weiter vorausgesetzt, dass wir jede andere Tätigkeit, für die wir unsere Schiffe brauchen, den Überseehandel, den Personentransport, den Walfang, eine Generation hindurch vollständig einstellen.«
Während sich das Gelächter der Südstaatler nun nicht mehr zurückdrängen ließ, bemächtigten sich Wut und Ratlosigkeit der übrigen Versammlung. Wut, weil Lemuel Willard sie wie Idioten aussehen ließ, Ratlosigkeit, weil niemand irgendeine Zahl oder ein Argument parat hatte, das seinen kühl kalkulierten Äußerungen ernsthaft entgegengestellt werden konnte. Und wiederum und verstärkt – Wut, weil auch in den verbohrtesten Köpfen der Verdacht aufkeimte, an diesen Ausführungen sei manches Wahre.
Willard schien diese Gefühle seiner Zuhörer auf eine gespenstische Weise sehr genau zu kennen und steckte diplomatisch zurück: »Ich erzähle Ihnen das alles nicht, weil ich Sie verhöhnen will. Die Idee, die Neger nach Afrika zurückzubringen, ist durchaus ehrenwert – aber sie ist schlicht und einfach nicht durchführbar. Was bedeutet das?
Nun, es bedeutet vor allem, dass die Neger in Amerika bleiben werden. Aber als was? Sie wollen nicht, dass diese Neger Sklaven sind, gut. Aber was sollen sie dann sein? Ihre Nachbarn? Ihre Mitbürger? Sollen sie das Wahlrecht bekommen? Sollen sie die gleichen Schulen besuchen wie Ihre Kinder? Aus der gleichen Schüssel essen? Soll kein Unterschied mehr sein zwischen Schwarz und Weiß?
Dann, meine Damen und Herren, wird der Tag kommen, an dem ein Negerjunge in Ihrem Wohnzimmer sitzt und Sie um die Hand Ihrer Tochter bittet. Weißer Mann, wird er sagen, du hast mich Bruder genannt und mir die Freiheit gegeben. Du hast mich lesen und schreiben gelehrt, mir den Weg zu Gott gewiesen, mich zu einem ehrlichen Handwerker, Krämer oder Farmer gemacht – mit welchem Recht willst du mir jetzt deine Tochter verweigern? Und warum? Kleine braune Babys werden auf deinem Schoß sitzen, schwarze Hände werden dir den Todesschweiß von der Stirn wischen, dunkle Augen an deinem Grab weinen. Und dann werden meine schwarzen Kinder in deinem weißen Haus wohnen, in deinen weißen Betten schlafen, von deinen weißen Tellern essen!«