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Doktor Baird versuchte sich zu entscheiden, ob er jetzt lieber schlafen oder einen Blick in die Bordzeitung der B. M. J. werfen sollte. Schließlich entschied er sich weder für das eine noch für das andere. Er dachte über die Kleinstadt nach, die er für ein paar Tage verlassen hatte. Ob Evans wohl allein durchkommen würde? Ein vielversprechender Junge - aber noch schrecklich jung. Er hoffte zu Gott, daß diese Mrs. Lowrie, die immer wieder kam, um ihre unsinnigen Patentmedizinen zu offerieren, ihm nichts aufhängen würde. Immerhin war ja Doris da, seine Frau, die den jungen Evans schon im Auge behalten würde. Die Frau des Doktors verstand so etwas wunderbar. Lewis würde im Laufe der Zeit auch die richtige Frau finden müssen... Der Doktor nickte ein bißchen ein. Als ihm die Zigarette die Finger verbrannte, schreckte er wieder hoch. Das Paar in den gegenüberliegenden Sitzen saß noch immer über den Sportzeitungen. Statt Joe Greer zu beschreiben, hätte man genausogut auch Hazel Greer schildern können. Beide hatten dieselbe rosige Haut und helle Augen, klar wie der blaue Himmel. Aber viel mehr ließ sich auch nicht von ihnen sagen. Ebensowenig könnte man die Geheimnisse des Universums beschreiben. „Barley-Zucker?" fragte Joe seine Frau, als das Bonbontablett präsentiert wurde. „Mhm", meinte Hazel. Mit vollen Backen kauend, ließen die beiden ihre braunhaarigen Köpfe wieder über die Magazine sinken. Die vier Männer dahinter tranken ihre dritte Runde Scotch aus Papierbechern. Drei von ihnen waren vom normalen Typ: kräftig, redselig, angriffslustig und nicht in der Lage, sich über zwei sicher bemerkenswerte Tage ein wenig zu freuen. Der vierte war ein kleiner, dünner, armseliger Mann von geradezu kläglichem Aussehen und undefinierbarem Alter. Er sprach einen kräftigen Lancashire-Akzent. „Auf morgen", sagte er und stieß mit den Freunden den Papierbecher an. Die anderen pflichteten bei. Einer von ihnen zog sich den Rockaufschlag zurecht, dann reichte er sein Zigarettenetui herum und bemerkte: „Kein Gedanke daran, daß wir das Spiel nicht machen. Aber als wir in Toronto in diesem verdammten Nebel warten mußten, sagte ich mir: ,Andy', sagte ich, ,das ist eine dieser gräßlichen Sachen, die du dir ersparen mußt.' Immerhin haben wir nur ein paar Stunden Verspätung und können im Flugzeug ja immer noch etwas schlafen."

„Aber nicht, bevor wir gegessen haben", warf einer der anderen ein. „Ich sterbe vor Hunger. Wann bringen sie denn hier endlich was zu futtern?"

„Wird wohl bald soweit sein. Normalerweise gibt's um acht Uhr Essen, aber durch den Aufenthalt sind sie natürlich auch in Rückstand gekommen."

„Macht nichts. Trinkt einen Schluck in der Zwischenzeit", sagte der Lancashire-Mann, der auf den Spitznamen Otpot hörte, und reichte eine Flasche herum. „Langsam, Boy. Wir haben nicht mehr allzuviel davon. "

„Ach - dort, wo der herkommt, gibt's noch eine ganze Menge. Trinkt nur. Ihr werdet danach gut schlafen. " Die übrigen 56 Passagiere, darunter drei oder vier Frauen, lasen oder unterhielten sich. Alle freuten sich auf das große Spiel von morgen. Und alle waren ein wenig ungeduldig, die letzte Etappe der transkontinentalen Reise bald hinter sich zu bringen. Durch die Fenster der rechten Seite war das blinkende Blau und Gelb der Lichter der letzten Vorstädte von Winnipeg zu sehen, ehe das Flugzeug, das immer weiter stieg, in den Wolken verschwand.

In der kleinen, aber gut eingerichteten Kombüse bereitete die Stewardeß, Janet Benson, alles für das Essen vor, das eigentlich schon vor zwei Stunden hätte serviert werden sollen. Der Spiegel über dem Gläserschrank reflektierte ihr vergnügtes Gesicht. Immer beim Beginn eines Fluges empfand sie eine dankbare Überschwenglichkeit. Doch sie war stets bemüht, sie in den vier Wänden ihrer kleinen Kombüse zu verbergen. Sie nahm das nötige Geschirr aus den eingebauten Haltevorrichtungen und summte leise vor sich hin. Das Servieren war der letzte Teil ihrer Pflichten als Stewardeß, und Janet wußte, daß es für ein Flugzeug voll hungriger Mägen ziemlich spät war. Trotzdem war sie zufrieden und glücklich. Viele ihrer Fluggäste sahen ihr nach und beobachteten das lockere Spiel ihrer blonden Haare, die unter dem Mützchen hervorlugten. Die graziösen Bewegungen ihres schlanken Körpers erweckten in ihr, während sie eifrig den Gang auf und ab eilte, regelrechtes Selbstvertrauen. Janet, einundzwanzig Jahre alt, begann gerade erst zu leben. Sie fand es herrlich.

Vorn in der Pilotenkabine herrschte nur ein einziger Ton: das gleichmäßige Gedröhn der Motoren. Beide Piloten saßen, abgesehen von einer gelegentlichen Arm- oder Beinbewegung, völlig regungslos. Ihre Gesichter waren nur vom schwachen Lichtschein der Armaturen erhellt. Aus den Kopfhörern, die ihre Ohren halb bedeckten, tönte das Krächzen der Unterhaltung zwischen einem anderen Flugzeug und einer Bodenfunkstation. Um die Nacken der beiden Piloten lag ein kleiner Haltearm, an dem das Mikrophon befestigt war. Captain Dunning streckte sich im Sitz aus, ließ einen Moment die Muskeln spielen und blies durch den Schnurrbart, der überall bekannt war. Dunning schien älter als nur 31 Jahre.

„Wie ist die Zylinderkopftemperatur von Motor drei, Pete?" fragte er, und seine Augen streiften flüchtig den Ersten Offizier.

Pete starrte auf das Instrumentenbrett. „Okay, Captain. Ich habe in Winnipeg alles geprüft, konnte aber nichts feststellen. Es sieht so aus, als hätte sich's von selbst geregelt. Er wird jetzt nicht mehr zu warm."

„Gut." Dun starrte in den nächtlichen Himmel. Dünner Mondschein blinkte durch die Wolkenbänke, die aussahen wie zerzauste Baumwollballen. Gelegentlich tauchte das Flugzeug in grauweiße Wolken ein, um nach ein oder zwei Sekunden wie ein aus dem Wasser steigender Spaniel, der sich schüttelt, wieder aufzutauchen. „Mit ein bißchen Glück werden wir durchkommen", kommentierte er. „Der Wetterbericht war annehmbar. Bei diesen Vergnügungsreisen kann man sich meistens nicht genau an den Flugplan halten. "

„Sicher", bestätigte der Erste Offizier. „In einem Monat wird es anders werden."

Das Flugzeug begann zu stampfen und zu ächzen, als es durch Böen flog, und der Captain konzentrierte sich darauf, die Maschine in der richtigen Lage zu halten. Dann bemerkte er: „Schaust du dir in Vancouver das Spiel an, wenn du Zeit dazu hast?" Der Erste Offizier zögerte mit der Antwort. „Ich weiß noch nicht. Mal sehen, wie's läuft."

Der Captain warf ihm einen scharfen Blick zu. „Was heißt das? Wie was läuft? - Wenn du die Augen auf Janet geworfen haben solltest, kannst du sie getrost wieder wegnehmen. Sie ist zu jung, um unter den miserablen Einfluß eines Windhundes, wie du einer bist, zu kommen." Es gab jedoch Leute, die über den netten jungen Mann mit den verträumten Augen, der noch in den zwanziger Jahren war, anders dachten. „Langsam, Captain", protestierte er und wurde rot. „Ich habe in meinem ganzen Leben noch keinen Menschen verdorben."

„Das klingt zu schön, um wahr zu sein. Also fang mit Janet nichts an!" Der Captain grinste. „Das halbe Luftpersonal von Canada versucht unentwegt, von ihr ein Rendezvous zu bekommen. Mach dir das Leben nicht schwer, du Dummkopf."

Vier Meter von ihnen entfernt, auf der anderen Seite der Schiebetür, nahm das Objekt dieser Unterhaltung die Bestellungen für das Abendessen entgegen.

„Möchten Sie jetzt essen, Sir?" fragte sie mit liebenswürdigem Lächeln.

„Äh - was ist? O ja, bitte." Baird fand in die Gegenwart zurück und stieß Spencer an, der eingeschlafen war. „Aufwachen! Wollen Sie nichts essen?" Spencer gähnte und kam langsam zu sich. „Klar! Sie sind ziemlich spät mit dem Essen dran, Miß, was? Ich dachte, ich hätte es längst verschlafen."