Ein wagenradgroßer Mond geht strahlend am Himmelszelt auf. Hinter dem Vorhang hört man Böllerschüsse. In kurzer Abfolge werden Feuerwerksraketen abgefeuert, die den Himmel bunt erleuchten.
WACHMANN: (holt sein Handy aus der Jackentasche und liest eine SMS, kann ein amüsiertes Lachen nicht zurückhalten)
Hihihi ....
(sein Schichtführer kommt leise herbei)
SCHICHTFÜHRER: (steht unauffällig hinter dem Wachmann und sagt mit gedämpfter Stimme, aber insistierend, streng)
Li Jiatai, worüber lachst du?
(merkt, dass etwas auf seinen Fuß gesprungen ist)
Es geht doch längst auf den Herbst zu. Wie kommt es, dass es hier immer noch so viele Frösche gibt? Sag schon, worüber lachst du?
WACHMANN: (überwindet seinen Schrecken, nimmt mit fliegenden Händen Haltung an)
Ich melde meinem Gruppenführer: Auf Grund erhöhter Erderwärmung kommt es zum Treibhauseffekt. Ich lache gar nicht ...
SCHICHTFÜHRER: Wenn es nichts zu lachen gibt, was lachst du dann?
(schüttelt den Frosch ab, der auf seinen Fuß gehopst ist)
Was hat das nun wieder zu bedeuten?
(mit Blick auf den Frosch)
Kriegen wir wieder ein Erdbeben? Sag jetzt, warum du lachst! Das ist ein Befehl!
WACHMANN: (blickt wachsam um sich, als niemand zu sehen ist, sagt er lachend)
Vorarbeiter, der Witz hier ist zu gut ...
SCHICHTFÜHRER: Ich habe doch deutlich Anweisung gegeben, dass während der Arbeitszeit das Verschicken von SMS verboten ist!
WACHMANN: Ich melde meinem Gruppenführer, ich habe keine SMS verschickt, ich habe nur einige gelesen.
SCHICHTFÜHRER: Ist das nicht das Gleiche? Wenn Abteilungsleiter Liu das erfährt, stehst du auf der Straße.
WACHMANN: Egal. Ich will hier sowieso nicht mehr arbeiten. Der Chef der Froschzuchtfirma ist der Mann meiner Cousine. Meine Mutter hat diese längst gebeten, mal mit meinem Schwager zu besprechen, wann er mich zu sich in die Firma holt.
SCHICHTFÜHRER: (unwillig)
Es reicht. Hör mir mit deinen Cousinen auf. Davon werd ich ganz duselig. Wenn du dich beim Mann deiner Cousine verkriechen willst, hast du ja nichts zu befürchten. Ich bin drauf angewiesen, dass die mir hier den Napf füllen. Deswegen lass dir gesagt sein, dass es verboten ist zu telefonieren, und zwar Gespräche anzunehmen und selbst anzurufen, SMS zu verschicken und zu empfangen.
WACHMANN: (nimmt Haltung an, hebt die Rechte zum militärischen Gruß)
Jawohl! Gruppenführer!
SCHICHTFÜHRER: Nimm dich in Acht!
WACHMANN: (nimmt noch einmal Haltung an, hebt die Rechte zum militärischen Gruß)
Jawohl! Gruppenführer!
(kann das Lachen nicht zurückhalten) Hihihi ...
SCHICHTFÜHRER: Freundchen, hast du Hundepisse gesoffen? Oder geträumt, dass du ’ne reiche Frau abkriegst? Heraus mit der Sprache! Worüber lachst du?
WACHMANN: Ich lache ja gar nicht.
SCHICHTFÜHRER: (streckt die rechte Hand vor)
Her damit!
WACHMANN: Wie bitte?
SCHICHTFÜHRER: Du fragst? Das Handy sollst du hergeben!
WACHMANN: Gruppenführer, ich verspreche, dass ich nicht mehr draufschaue, in Ordnung?
SCHICHTFÜHRER: Laber nicht! Gibst du es mir jetzt? Wenn nicht, sage ich sofort dem Chef Bescheid.
WACHMANN: Gruppenführer, ich habe eine Liebesgeschichte am Laufen. Ohne Handy geht’s nicht.
SCHICHTFÜHRER: Als dein Vater mit deiner Mutter zusammengekommen ist, gab es nicht mal Telefon, und er hat sie trotzdem gekriegt. Nun schnell her damit!
WACHMANN: (muss sich geschlagen geben und händigt dem Schichtführer sein Handy aus)
Ich wollte gar nicht lachen. Die SMS war so lustig, dass es mir rausgerutscht ist.
SCHICHTFÜHRER: (nimmt das Handy und öffnet die Kurzmitteilungen)
Ich will wissen, was das war, das dich so zum Lachen gebracht hat.
»... um einen unschlagbaren Kurzstreckenläufer heranzuziehen, hat der Chinesische Sportverband auf höchster Ebene entschieden, dass der Champion über hundert Meter, Athlet Qian Leopard, und die Athletin Jin Reh, Champion im Langlauf, unverzüglich zu heiraten haben. Als Jin Reh neun Monate später im Krankenhaus ihr Kind zur Welt gebracht hat, fragt Qian Leopard: Ist es ein Mädchen oder ein Junge geworden? Der Arzt sagt: Ich habe es so schnell nicht erkennen können. Es ist sofort nach der Geburt abgedüst.«
SCHICHTFÜHRER: Für so einen Witz, bei dem einem die Zähne rausfallen, lohnt sich das Gelache? Jetzt lese ich dir mal ein paar gute Witze vor.
(will sein Handy hervorholen und lesen, da fällt ihm ein, dass sein eigenes Gerät und das des Wachmanns zusammen in seiner Jackentasche stecken)
Heute ist Mitteherbstfest. Unser Chef sagt, besonders an Festtagen muss man die Alarmbereitschaft verstärken.
WACHMANN: (streckt die Hand aus, öffnet sie, bereit, etwas entgegenzunehmen)
Mein Handy!
SCHICHTFÜHRER: Ich nehme es dir nur vorübergehend ab. Du kannst es wieder bei mir abholen, wenn du Feierabend machst.
WACHMANN: (bettelnd)
Gruppenführer, an so einem wichtigen Feiertag, an dem alle Familien vereint sind, alle sich verabreden, zusammen Mondkuchen essen, Böller zünden, Vollmondspaziergänge machen, sich alle Verliebten treffen und diesen Tag richtig ausnutzen ... Da stehe ich hier wie ein Pfosten, den man in die Erde gerammt hat, und darf nicht einmal meiner Freundin eine kleine SMS schicken? Selbst diese winzige Freude nimmst du mir?
SCHICHTFÜHRER: Fasel nicht! Konzentriere dich lieber auf die Arbeit. Behalte hier alles, alle Zugänge und Ausgänge, im Auge und im Ohr! Alle verdächtigen Personen sind anzuweisen, vor dem Tor zu bleiben, denn sie haben zum Klinikgelände keinen Zutritt.
WACHMANN: Nun ist es aber gut! Nimm das Gequatsche vom Chef nicht zu ernst! Heute ist Feiertag. Die Strauchdiebe und Verbrecher schieben auch ’ne ruhige Kugel und begehen das Mitteherbstfest.
SCHICHTFÜHRER: Mehr Ernsthaftigkeit bitte! Glaubst du, wir haben dich nur zum Spaß hierher gestellt?
(mit gedämpfter Stimme, geheimnisvoll)
In der Nacht auf das Chinesische Neujahr haben sich Terroristen hier Zutritt verschafft, (mit nuschelnder Stimme)
die sind in die Wöchnerinnenstation eingedrungen und haben dort acht Säuglinge entführt und als Geiseln genommen.
WACHMANN: O weh ...
SCHICHTFÜHRER: (geheimnisvoll)
Du weißt doch, dass die Zweitfrauen der Bonzen hier in den Krankenzimmern ihre Niederkunft erwarten?
WACHMANN: (neigt den Kopf, um besser zu verstehen)
SCHICHTFÜHRER: (flüstert noch leiser)
Dann verstehst du jetzt wohl? Präg dir das ein. Zwei schwarze Mercedes und ein blaugrüner Ferrari sind die Karren, die solchen Bonzen gehören. Wenn die hier auftauchen: Haltung annehmen und korrekt grüßen, aufmerksam sein, sie nicht aus den Augen lassen, da darf absolut nichts schiefgehen, da muss alles perfekt laufen.
WACHMANN: Zu Befehl, Gruppenführer!
(streckt die Hand aus)
Kannst du mir jetzt mein Handy wiedergeben?
SCHICHTFÜHRER: Das geht auf keinen Fall. Heute Abend steht einiges an: Nicht nur, dass die Frau von Geschäftsführer Jin wahrscheinlich ihr Baby bekommt, der Geburtstermin der Schwiegertochter von Parteisekretär Song soll auch der heutige Abend sein. Song fährt einen Audi A6, Kennzeichen 08858. Sperr deine Augen auf, ist das klar?