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»Aber es ist doch besser, als die Hände in den Schoß zu legen.«

»Wenn Sie eine Warnung herausgehen lassen, Mr. President, werden alle Küstenbewohner fliehen. Und Bellingham ist auch eine Küstenstadt«, gab Robert Anson zu bedenken.

»Aber…«

»Wir haben keine Möglichkeit, dafür zu sorgen, daß die Leute zwar alle Städte verlassen, nur ausgerechnet Bellingham nicht«, sagte Anson.

»Stimmt«, bestätigte Admiral Carrell. »Wenn sie eine Warnung ergehen lassen, gefährden Sie damit unser Projekt, und zwar möglicherweise nachhaltig.«

»Und es ist unsere einzige verdammte Chance«, knurrte Curtis.

Der Präsident ließ sich schwer in einen Sessel sinken. Seine Finger trommelten auf die Tischplatte. Nach einigen Augenblicken sah er auf. »Thor, würden Sie Mrs. Coffey hinzubitten? Mit Ihnen allen spreche ich später noch einmal. Inzwischen danke ich Ihnen für Ihren Rat.«

* * *

Ihre Therapeutin, Mrs. Carmichael, hatte Alice einmal eine Geschichte erzählt. Später hatte Alice erfahren, daß jeder sie kannte. Vermutlich nahmen die Psychiater an, daß die Geschichte ihren Patienten guttat. Und vielleicht stimmte das sogar.

Ein Autofahrer hat auf einer abgelegenen Straße spätabends eine Reifenpanne. In der Nähe sieht ihm jemand durch einen Gitterzaun tatenlos zu. Der Autofahrer sieht im Licht seiner Scheinwerfer ein Schild und begreift, daß er sich in unmittelbarer Nähe einer Heilanstalt befindet. Er löst die Muttern am Rad mit dem platten Reifen und legt sie in die Radkappe. Der Unbekannte sieht zu. Der Autofahrer nimmt das Reserverad aus dem Kofferraum. Der Unbekannte sieht zu. Der Autofahrer wird nervös. Was tut ein Verrückter so spät draußen? Warum starrt er so unverwandt herüber? Der Autofahrer rollt das Rad nach vorn, tritt im Dunkeln auf den Rand der Radkappe, und alle Radmuttern landen im Gras neben der Straße. Der Autofahrer sucht nach ihnen und findet eine einzige.

Der Geisteskranke tut den Mund auf. »Schrauben Sie je eine Mutter von den drei anderen Rädern und tun sie sie an das vierte Rad. Dann haben Sie an jedem Rad vier, damit kommen Sie bis zur nächsten Tankstelle.«

Der Autofahrer sagt: »Das müßte gehen.« Dann fährt er fort: »Augenblick mal, das ist ja genial! Warum, zum Kuckuck, sind Sie eigentlich da drin?«

Der Patient antwortet: »Weil ich verrückt bin, aber nicht blöd.«

Die Luftkanäle maßen etwa einen Meter im Durchmesser. In ihnen gab es keine Handgriffe. Zuerst war Alice haltlos durch sie getrieben; sie hatte Angst vor dem Fallen und meinte, ihr müsse schlecht werden. Jetzt ging es ihr besser. Jeri und Melissa genossen die geringe Schwerkraft sogar und hatten Alice gezeigt, wie sie sich bewegen mußte.

Alice war früher zierlich gewesen und hatte mit ihrem blassen Gesicht und dem feuerroten Haar durchaus gut ausgesehen. Jetzt war sie dürr. Sie versuchte zu essen, hatte aber keinen Appetit, und diese Scheusale versuchten ihr Fleisch und unbekannte Pflanzen aufzudrängen. Die anderen aßen das merkwürdige Zeug der Außerirdischen, aber auch die Vitamintabletten, das Eiweißpulver und die Bierhefe, die sie mitgebracht hatte. Es ging ihnen glänzend dabei.

Unter diesen Bedingungen war das Leben nicht lebenswert. Alice hatte sich schon einmal die Pulsadern aufgeschnitten, vor langer Zeit und aus Gründen, die ihr heute albern vorkamen. Sicherlich würde sie früher oder später einen scharfen Gegenstand finden. Dennoch war sie fast sicher, daß sie ihn nicht benutzen würde.

Wer würde sich denn um sie grämen?

Die kleine Melissa behandelte sie mit einer Mischung aus Angst und Verachtung. Jeri war ganz nett zu ihr, verbrachte aber viel Zeit mit den Russen. Ich glaube, sie ist in den Breitschultrigen verknallt. Er tut dies und das für sie. Bringt ihr Sachen. Hat dafür gesorgt, daß der Toilettenteich mit einer Decke abgeschirmt wurde. Das war nett von ihm. Nur für mich tut niemand was. Sie mögen mich nicht…

Bei Wes Dawson ging es noch weit über das Nichtmögen hinaus. Er kommandierte herum, dozierte, unterrichtete die Sprache der Scheusale und erwartete, daß die Frauen sie benutzten. Er war aalglatt und herablassend, ganz wie ihre erste Therapeutin, die ihr erklärt hatte, die Verwendung von Wattestäbchen sei eine Art Masturbationsersatz. Mit der zweiten, Mrs. Carmichael, war sie ganz gut klargekommen. Sie hatte Jeri Wilson ein wenig ähnlich gesehen, war aber vielleicht ein bißchen rundlicher und nicht so ängstlich gewesen, dachte Alice.

Die Scheusale waren schlimmer als Dawson. Wenn jemand nicht sofort parierte, waren sie verwirrt. Sie lösten das Problem dann immer, indem sie die Leute mit ihren Rüsseln oder den Kolben ihrer korkenzieherartig verdreht wirkenden Gewehre vor sich her schoben. Sie hörten auf nichts, was Alice sagte, und behandelten sie wie einen Gegenstand. Falls Alice McLennon sich die Pulsadern aufschnitt, würde das für die Scheusale lediglich eine Sorge weniger bedeuten.

Das Reinigen der Luftkanäle war eine Art Beschäftigungstherapie, so ähnlich wie in Menningers Sanatorium. Auf so etwas fiel Alice nicht herein. Ich bin hier, weil ich verrückt bin, nicht blöd. Die Scheusale waren zu groß für die Luftkanäle, sie paßten da nicht hinein. Wie sie das wohl gemacht haben, bevor wir kamen? Wahrscheinlich hatten sie irgendwelche Geräte, oder die Kanäle brauchten gar nicht gereinigt zu werden oder aber… Sie hatte einmal einen Blick auf etwas geworfen, das aussah wie ein großer Krapfen aus Stahl, genau von der Größe des Kanaldurchmessers. Es hatte sie mit einem blitzenden Auge von ferne beobachtet. Ein Roboter?

Genau wie in der Klinik erfüllte die Beschäftigungstherapie hier ihren Zweck.

Sie schoben sie in die Luftkanäle, wenn sie sich widersetzte. Diese gummiartigen, gespaltenen Rüssel waren unglaublich kräftig. Hilflos und angeekelt hatte sich Alice mit dem großen Lappen und dem Kunststoffbeutel, den man ihr nachgereicht hatte, in den Kanälen treiben lassen. Sie hatte eine Weile nichts getan und dann begonnen, die Kanäle zu reinigen.

Nun, Staub und Rost hatten sich angesammelt, und beides löste sich. Die Filter waren voller Schmutz und Staub. Während sie sich jetzt durch die Kanäle bewegte, begann sie eine Art Geschicklichkeit zu entwickeln. Natürlich gab es keine Haltegriffe, die Scheusale waren wohl nie auf den Gedanken gekommen, daß es Lebewesen gab, die sie hier drin brauchen könnten. Sie lernte, sich mit Sprüngen im Zickzack vorwärtszubewegen und dabei gleichzeitig mit dem Tuch über die Wände zu fahren. Es funktionierte.

Sie verbesserte ihre Technik, aber es war und blieb eine Beschäftigungstherapie, und sie konnte es nicht abwarten, in den Garten mit seinen großen, freien Flächen zu kommen.

* * *

An einigen der Pflanzen sprossen Schößlinge. Alice hatte Angst, sie zu berühren. Mrs. Woodward lachte leise in sich hinein. »Reis. Hätte ich mir doch denken können. Reis mag es feucht.«

»Und was tun wir jetzt?«

»Nichts. Der wächst von selbst.«

Alice nickte. Sie wandte sich um und warf wieder einen Blick auf das Gemüsebeet. War das schon ein grünes Büschel, wo sie Mais und Bohnen gepflanzt hatten? Zu spät merkte sie, daß sie sich zu weit von einem Haltegriff entfernt hatte.

Es war nicht weiter schlimm, sie war inzwischen an die Schwerelosigkeit gewöhnt. Sie ließ sich treiben und wartete, daß der geringe Schub vonThaktan Flishithy sie an eine Stelle brachte, wo es noch etwas zu tun gab.

Etwas wickelte sich um ihre Fessel. Sie zuckte zusammen, als habe sie einen elektrischen Schlag bekommen, und ihr Blick fiel auf Grifflinge, einen breiten, braunen Kopf, der vom Alter verschrumpelt wirkte, und tiefliegende Augen. »Rästapispmins?«