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Warum aber dann die Satteltaschen? Jeris und Melissas Kleider sind da drin. Sie wollten also die beiden behalten. Warum aber sie, und nicht ihn? Er wußte keine Antwort darauf.

Das Motorrad sprang sofort an. Es schien völlig unbeschädigt zu sein. Weiter vorn hörte Harry Geräusche. Die Eroberer waren immer noch in Logan. Er begann den Lauf der Automatik zu reinigen, ließ es aber dann kopfschüttelnd sein. Sinnlos. Sie trugen schußfeste Rüstungen. Seine Pistole hatte nichts genützt, als sie nur zu wenigen waren, und wenn er sich jetzt nach Logan aufmachte, um Jeri zu retten, würde sie auch ihr nichts nützen – vorausgesetzt, sie war überhaupt noch dort.

Er versuchte, sich die Karte ins Gedächtnis zu rufen. In jenem Teil des Staates Kansas bildete das Straßennetz ein rechtwinkliges Gitter, und nur wenige Straßen verliefen diagonal dazu. Feldwege, die im rechten Winkel die Weizenfelder durchschnitten, führten gewöhnlich nicht zu einer der kleinen Städte, sondern zu den in einigem Abstand voneinander liegenden Bauerngehöften abseits der Straßen.

Bis Logan waren es etwa sechs Kilometer. Harry überlegte, daß sicherlich eine Zufahrtsstraße nordwärts zu einer Farm führen würde, auf der ihn die Eroberer nicht sehen konnten. Er schob die Pistole in den Nierengürtel, wo er sie leicht erreichen konnte, und fuhr in die Richtung, die er sich vorgenommen hatte.

Der Feldweg führte durch die Weizenfelder auf ein zerstörtes Gehöft zu. Er sah den Rauch, lange bevor er hingelangte. Er näherte sich langsam, jederzeit bereit, abzuspringen und in eins der Felder zu laufen. Mehrere Male hielt er an, um zu lauschen, hörte aber nichts. Er überlegte, ob er auf dem Weg zurückkehren sollte, den er gekommen war. Dann entschloß er sich weiterzufahren.

Das Haus war zerstört worden, das Dach war halb eingestürzt, die Türen waren von den Bändern gerissen, und die Stallgebäude waren bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Auf dem staubigen Hof sah Harry zwischen Haus und Stall eine Männerleiche und zwei Hundekadaver. Quer über die Brust des Mannes lag eine Schrotflinte.

Ein Hund winselte unter den Trümmern.

»Hallo! Ist da jemand?« rief Harry. Außer dem Winseln des Hundes hörte er nichts. Er zog den Zündschlüssel ab und wuchtete das Motorrad auf den Ständer. Breite Spuren waren im Staub zu sehen. Sie sahen nicht ganz so aus wie Elefantenspuren, denn vorne wiesen sie Krallenabdrücke auf. Kein irdisches Lebewesen hinterließ solche Spuren.

Vorsichtig umschlich er das Gehöft und betrat nach einer Weile das Haus. Im Schrank hingen neben den Kleidungsstükken des Bauern Frauenkleider. Den Raum daneben hatte wohl ein Junge von etwa zehn oder elf Jahren bewohnt, also in Melissas Alter, denn von der Decke hing ein Modell des Raumschiffs Enterprise, in einer Ecke standen Spielzeuggewehre, und Kleidungsstücke, die einem kleinen Jungen passen mochten, lagen auf dem Fußboden. Zwei Kommodenschubladen waren ausgeräumt.

Sie nehmen Frauen und Kinder gefangen, nicht aber Männer? Das ergibt keinen Sinn.

Briefe waren über den Fußboden des Wohnzimmers verstreut. John Thomas Kensington, RFD #3… Harry trat wieder hinaus. Kensington lag auf dem Rücken, die gebrochenen Augen zum Himmel gerichtet. Ein Schuß hatte ihn beinahe in zwei Hälften zerrissen. Das Kaliber der Waffen, die die Außerirdischen benutzten, riß faustgroße Löcher. Zwanzig Schritte von der Leiche entfernt war der Boden aufgewühlt, als habe etwas Großes wild um sich geschlagen, und man sah dunkle Flecken. John Thomas Kensington schien seinen Hof teuer verkauft zu haben. Harry machte eine Ehrenbezeigung und ging dann wieder in das verfallene Wohnhaus.

Sie nehmen ihre Toten mit, auch die Verwundeten. Auf die Entfernung müßte eine Schrotflinte durchaus erkennbaren Schaden anrichten. Was für Munition er wohl benutzt hat?

Die Nahrungsmittel im Kühlschrank waren noch eßbar. Harry suchte etwas für einen kleinen Imbiß zusammen und fand auf der Suche nach dem Brot eine Schachtel mit Vogelschrot – geeignet für die Jagd auf Tauben und Wachteln, für einen Elefanten wohl keine besonders wirksame Ladung. Erst als Harry sein belegtes Brot gegessen hatte, nahm er dem leblosen Mann die Waffe aus den Händen.

Der Hund winselte immer noch.

Soll ich ihn beerdigen? Den Hund abknallen, bevor er verrückt wird oder verhungert?

Er hatte sich immer für einen harten Burschen gehalten, wäre aber nie auf den Gedanken gekommen, daß er solche Entscheidungen würde treffen müssen. Leichen gingen die Polizei und später den Totengräber etwas an.

Hier gibt es keine Leichenschau. Harry machte sich auf die Suche nach einer Schaufel.

* * *

Die Lage auf der Karte im Gefechtsraum änderte sich jeweils im Verlauf weniger Minuten, dennoch war niemand sicher, wie aktuell die eingehenden Angaben wirklich waren. Ein riesiger Teil des Staates Kansas war, nordwärts bis nach Nebraska hinein, mit leuchtend roten Fähnchen besteckt. Jemand hatte schließlich stilisierte Fallschirme aufgetrieben, an denen man sah, wo die Außerirdischen gelandet waren. Sie bedeckten einen Bereich, dessen Form einer Amöbe sehr ähnlich sah: ihr Kern saß bei Great Bend, und Scheinfüßchen liefen nach Osten und Westen aus.

Der Lageraum befand sich in der Mitte des unterirdischen LuftverteidigungsKomplexes der USA unter einer gut eintausendfünfhundert Meter dicken Granitschicht. Er war durch hermetisch verschlossene Gänge, Wassersperren, Wachräume und dicke Granitwände von der Außenwelt abgeschirmt. Aus einer Anzahl kleiner Besprechungsräume sah man in den Lagerraum hinein. Jack Clybourne stand vor der Tür eines dieser Räume.

Jenny trat augenzwinkernd zu ihm ein. Er reagierte nicht. »Ich soll mich bei Admiral Carrell melden«, sagte sie. Sie war ein wenig irritiert.

»Klar.« Jack schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Schätzchen. Ich bin hier völlig überflüssig. Wo wäre der Präsident sicherer als hier? Aber ich bin als einziger Angehöriger seiner Personenschutzgruppe mitgekommen und muß so tun, als hätte ich eine Aufgabe zu erfüllen.«

»Ja. Sieh mal, hier unten gibt es ja sowieso nie dienstfrei, aber essen müssen wir von Zeit zu Zeit. Auch schlafen… Wie wäre es deshalb mit Abendessen?«

»Gern.«

»Ich komme.« Sie lächelte. »Wenn sie die Tür offenlassen, sieh dir auf jeden Fall die Schirmwände an.«

»Habt ihr Bilder von den Außerirdischen?«

»Das nehmen wir an.« Jenny klopfte an und trat ein. Eine Wand des Raumes bestand aus Glas, durch sie konnte man die großen Bildwände und Steuerkonsolen im darunterliegenden Stockwerk überblicken. Am einzigen Tisch saß Präsident Coffey und sah angestrengt auf die Karten. Links und rechts von ihm standen Admiral Carrell und General Toland. Toland hielt die Lippen fest zusammengepreßt.

»Ungefähr in diesem Kreis«, sagte Admiral Carrell.

»Aber was wollen sie?« fragte der Präsident.

»Es handelt sich ganz offensichtlich um ein Erkundungsunternehmen großen Maßstabs«, sagte Carrell. Er schüttelte den Kopf. »Was ihr eigentliches Ziel ist, kann ich mir nicht denken, Sir.« Er hob den Blick und sah Jenny wartend in der Tür stehen. »Treten Sie näher, Major. Haben sich Ihre Erkundungsleute schon mit den Informationen aus erster Hand beschäftigen können?«

»Ja, Sir. Wir haben Berichte von Flüchtlingen und auch ein paar Bilder, die jemand mitgebracht hat. Sie müßten jeden Augenblick vom Labor heraufkommen.«

»Haben Sie sie gesehen?«

»Nein, Sir. Es sind Farbfotos, die kann man während der Entwicklung nicht betrachten.«

»Aber Beschreibungen haben Sie doch?«

»Ja, Sir.«

»Nun, berichten Sie!« forderte der Präsident sie auf.

»Mr. President – Sir, es wird nur noch eine Minute dauern, bis die Bilder fertig sind. Ich möchte – Sir, ich denke, es wäre besser, wenn Sie es selbst sähen.«