Während sie antwortete, sah er, wie Major Jalo wiederholt versuchte, sich trotz der Treffer auf den Beinen zu halten. »Die Arrogant feuert auf einen Bereich nahe der Basis, Captain Geary. Auf welches Ziel kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Passen Sie auf diese Gefangenen auf, bis Sie weitere Befehle von mir empfangen«, wies er Major Jalo an, dann lehnte er sich zurück und überflog die Fülle an Bildern. »Wie bekomme ich wieder die Flotte angezeigt?«
Desjani beugte sich herüber und tippte auf eine Taste, sofort war das Corvus-System mit den Schiffen von Gearys Flotte wieder zu sehen. Einen Moment lang kämpfte er mit der Kommunikationstaste und kochte innerlich. » Arrogant! Identifizieren Sie das Ziel, auf das Sie feuern!« Geary wartete und wurde umso zorniger, je länger er auf eine Antwort der Arrogant wartete, die weiter die Planetenoberfläche unter Beschuss nahm. » Arrogant, hier spricht Captain Geary.
Feuer einstellen. Ich wiederhole: Feuer einstellen!«
Das andere Schiff war nur ein paar Lichtsekunden entfernt, doch auch nach einer vollen Minute war noch keine Antwort eingegangen. Geary zählte stumm bis fünf und überlegte, welche Möglichkeiten ihm zur Verfügung standen. »Captain Desjani. Welches Schiff hat den besseren Commander? Die Exemplar oder die Braveheart?«
»Die Exemplar, Sir. Commander Basir«, antwortete sie ohne zu zögern.
»Danke.« Geary stellte die Verbindung her. »Commander Basir auf der Exemplar, hören Sie mich?«
»Jawohl, Sir«, kam keine halbe Minute später die Antwort.
»Können Sie identifizieren, auf welches Ziel die Arrogant feuert?«
Diesmal dauerte die Pause etwas länger. »Nein, Sir.«
»Haben Sie, die Braveheart oder die Arrogant von den Marines die Bitte erhalten, das Feuer auf die Oberfläche zu eröffnen?«
»Nein, Sir. Die Exemplar nicht, und ich habe auch nichts davon mitbekommen, dass über das Koordinationsnetz der Marines etwas auf der Braveheart oder der Arrogant eingegangen sein könnte.«
Ich weiß nicht, was dieser Idiot an Bord der Arrogant da macht, aber wenn das Schiff weiter mit schweren Geschützen die Oberfläche bombardiert, werden womöglich noch unsere Marines verletzt, ganz zu schweigen davon, welche Schäden die Vorräte auf der Basis dabei erleiden. Außerdem weiß ich jetzt mit Gewissheit, dass die Arrogant nicht auf eine Bedrohung für sie oder für die Marines reagiert hat. »Danke, Exemplar.«
Geary sah sich auf der Brücke um. »Kann ich die Kontrolle über die Waffen der Arrogant übernehmen? Gibt es eine Möglichkeit, die schiffseigene Kontrolle über deren Waffensysteme abzuschalten?«
Alle schüttelten den Kopf, aber nur Desjani sagte etwas dazu.
»Nein, Sir. Wie vorhin angesprochen«, sie machte eine finstere Miene, die für Rione gedacht war, ohne dass sie tatsächlich in deren Richtung sah, »glaubt man, der Zugriff von außen auf die Systeme eines Schiffs mache es auf eine Weise verwundbar, die von einem Feind ausgenutzt werden könnte.«
»Feindliche Übernahme der ferngesteuerten Systeme«, meldete sich Rione auf ihrem Platz zu Wort. »Das Einschleusen von Viren, die die Systeme abschalten…«
»Und eine Menge mehr, was man mit guter Kriegführung erreichen kann, selbst wenn man keine Spionage betreibt. Danke, ich weiß. Ich hatte nur einen Moment lang gehofft, da hätte man in den letzten hundert Jahren eine Lösung gefunden.« Geary grinste breit, als ihm auf einmal eine Idee kam. »Aber es gibt etwas auf der Arrogant, das ich kontrollieren kann.«
Desjani zog fragend eine Braue hoch.
»An Bord der Arrogant befinden sich doch Marines, oder?«
Sie nickte.
Geary betätigte seine Kommunikationskontrollen. » Arrogant, hier spricht Captain Geary. Sie gefährden unser Personal auf der Planetenoberfläche. Sie werden sofort das Feuer einstellen, sonst entziehe ich Ihrem Befehlshaber das Kommando und lasse ihn von den Marines an Bord Ihres Schiffs verhaften. Ich werde diesen Befehl nicht wiederholen.«
Obwohl er vor Wut kochte, fragte Geary sich unwillkürlich, wie die Flotte auf dieses Ultimatum reagieren würde. Captain Desjani dagegen schien von der Entwicklung begeistert zu sein. Offenbar war der Commander der Arrogant zumindest bei ihr nicht sehr beliebt.
»Die Arrogant hat das Feuer eingestellt«, meldete Desjani wenige Sekunden später, sprach dabei aber in bewusst neutralem Tonfall.
»Gut.« Auf Schatten zu schießen, ist eine Sache. Wenn man sich im Gefecht befindet, dann sieht man schnell mal ein feindliches Schiff, wo in Wahrheit gar nichts ist. Aber dieser Trottel auf der Arrogant war zu stur oder zu dumm oder beides gleichzeitig, um seinen Fehler einzusehen und das Feuer einzustellen, als ich es befahl. Ich muss den befehlshabenden Offizier dieses Schiffs so bald wie möglich loswerden. Eine Sache mehr, um die er sich kümmern musste.
»Sir?« Geary und Desjani sahen beide zu dem Wachhabenden, der soeben gesprochen hatte. »Wir haben wieder Kontakt zu Colonel Carabali.«
Carabali war so aufgebracht, wie sich Geary eben selbst gefühlt hatte. »Entschuldigen Sie bitte, Captain Geary. Die Einheit, mit der ich unterwegs war, musste in einem abgeschirmten Bunker Schutz suchen, daher war keine Kommunikation möglich.«
»Sie mussten Schutz suchen? Ist der Widerstand der Syndiks rund um die Basis etwa noch so heftig?«
»Nein, Sir.« Carabali schien sich zwingen zu müssen, nicht zu knurren. »Wir waren ursprünglich einigen Syndiks in diesen Bunker gefolgt, aber als wir nach draußen kamen, wurde die Umgebung von einem unserer eigenen Schiffe bombardiert.«
Von der Arrogant! Wie kann man nur auf ein Gebiet feuern, in dem unsere eigenen Leute unterwegs sind? Wie kann man nur ein so jämmerlicher Befehlshaber sein? »Haben Sie Verluste erlitten?«
»Bei der Gnade unserer Vorfahren, nein, Sir.«
»Gut.« Hätte sie allerdings jemanden verloren, dann wäre das ein Grund mehr gewesen, diesen Dummkopf auf der Arrogant zum Teufel zu schicken. »Irgendeine Ahnung, worauf die Arrogant geschossen hat?«
»Ich hatte gehofft, Sie wüssten das, Captain Geary«, antwortete sie bedächtig.
Geary hätte fast gelächelt, als er die bewusst zurückhaltenden Worte hörte, doch er blieb ernst, weil er sich dachte, dass Carabali wohl noch nicht in der Lage war, den nötigen schwarzen Humor für diese Situation aufzubringen. »Nein. Entschuldigen Sie die lange Verzögerung, bis die Arrogant endlich ihr Feuer einstellte. Ich werde sicherstellen, dass sich so etwas nicht wiederholen wird.«
»Danke, Captain. Major Jalo sagte mir, Sie hätten mit ihm wegen der Gefangenen gesprochen.«
»Richtig.« Er hielt kurz inne und überlegte, wie er weiterreden sollte. Hatten Sie vor, Ihre Gefangenen zu ermorden, Colonel? »Ich bin nicht mit der üblichen Verfahrensweise vertraut, was Gefangene angeht.«
Carabali kniff die Augen zusammen. »Die übliche Verfahrensweise ist die, dass wir Gefangene der Flotte übergeben, Sir.« Ihr Tonfall und ihre Haltung ließen keinen Zweifel daran, welcher Satz dabei unausgesprochen blieb. Ich bin mir sicher, Sie wissen, was die Flotte mit ihnen macht, wenn wir erst mal nicht mehr für sie zuständig sind.