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Aber vielleicht lag das nur daran, dass er länger brauchte, um sich in ihrer Gesellschaft wohlzufühlen. Auraya hatte sein Vertrauen nicht missbraucht, aber ihre Affäre mit Leiard war eine Enttäuschung für ihn gewesen. Er hatte sich nie verziehen, dass er nicht bemerkt hatte, was im Gange war. Er hatte nicht einmal eine Chance gehabt, ihr von einer solchen Torheit abzuraten. Jetzt konnte er nicht umhin, Ella genau zu beobachten, entschlossen, einen vernünftigen Standpunkt zu vertreten, falls sie einmal vor einem ähnlichen Dilemma stehen sollte.

Sie erreichten die Tür und traten in den Flur hinaus. Silava gähnte. »Oder vielleicht ist Auraya ja gerade eins von Ellas Geheimnissen.«

Er betrachtete seine Frau eingehend. »Dann glaubst du also, dass mehr hinter Aurayas Rücktritt steckt?«

»Vielleicht.« Sie zuckte die Achseln. »Nicht dass es jetzt noch eine Rolle spielen würde. Sie ist fort. Ella hat ihren Platz eingenommen. Hmm, du hast mir immer noch nicht erzählt, warum Ella nach Dunwegen gehen will.«

»Die Pentadrianer führen dort irgendetwas im Schilde.«

»Sie ermorden doch nicht etwa weitere Traumweber, oder?«

Er schüttelte den Kopf. »Wir sind uns nicht sicher, was genau dort geschieht, und das ist auch der Grund, warum wir dorthin reisen wollen.« Die schockierenden Enthüllungen über die Verschwörung der Pentadrianer in Jarime hatten sich schnell in der Stadt verbreitet, und die Proteste gegen das Krankenhaus und die Angriffe auf Traumweber hatten aufgehört. Gleichzeitig waren Dutzende von Menschen in den Tempel geschleppt, geschlagen, aus ihren Häusern vertrieben oder sogar ermordet worden, manchmal auf den bloßen Verdacht hin, sie könnten Pentadrianer sein. Ella war über diese Geschehnisse nicht so entsetzt gewesen, wie er erwartet hatte.

»Die Menschen brauchen ein Ziel, gegen das sie ihren Hass richten können«, hatte Ella gesagt. »Und die Pentadrianer haben es weit mehr verdient als die Traumweber.«

»Aber einige der Menschen, die überfallen wurden, sind keine Pentadrianer«, hatte er eingewandt.

»Ja, und wir haben sie entschädigt - natürlich erst nachdem sich ihre Unschuld bestätigt hatte.«

»Sobald diese Verschwörung vergessen ist, werden die Menschen von neuem anfangen, sich wegen der Traumweber Sorgen zu machen«, hatte er sie gewarnt.

»Dann werden wir sie stets aufs Neue daran erinnern müssen, wer der wahre Feind ist.«

Silava drückte seinen Arm und lenkte das Gespräch wieder auf sein Ausgangsthema zurück. »Ich wollte eigentlich wissen, warum Ella nach Dunwegen geht und keiner der anderen Weißen. Sie ist noch ein wenig neu in ihrer Position, um eine solche Aufgabe zu übernehmen.«

Danjin zuckte die Achseln. »Die anderen Weißen müssen wohl glauben, dass sie dazu in der Lage ist. Und je eher sie ein wenig Erfahrung mit anderen Ländern macht, desto besser.«

»Wie lange wirst du fort sein?«

»Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich Monate.«

Silava seufzte. »Zumindest ziehst du nicht in den Krieg. Die Dunweger sind zwar ein Kriegervolk, aber es herrscht Frieden in ihrem Land.« Sie gähnte abermals. »Ich bin zu müde, um darüber nachzudenken. Lass uns schlafen gehen.«

Während sie nach oben gingen, gestattete er sich seinerseits ein Gähnen. Neuigkeiten über Neuigkeiten. »Noch ein Enkelkind«, murmelte er. »Man könnte langsam anfangen, sich alt zu fühlen.«

Silava zog die Augenbrauen hoch, sagte jedoch nichts. Ihr Schweigen war eine Überraschung für Danjin.

Keine Neckereien? Sie muss wirklich müde sein.

Er nahm das als Hinweis, besser den Mund zu halten, und folgte ihr ins Schlafzimmer. Trotz seiner Erschöpfung lag er lange wach, zu sehr mit all den Dingen beschäftigt, die er vor seiner Abreise noch regeln musste.

»Ja. So wird es gehen«, murmelte Silava plötzlich.

»Was?«

»Oh.« Er hörte, wie sie sich zu ihm umwandte. »Bist du noch wach?«

»Ja.«

»Tut mir leid.«

»Woran hast du gerade gedacht?«

»Ans Packen«, antwortete sie. »Ich muss jetzt für zwei Personen packen.«

»Du brauchst nicht für mich zu packen.«

Sie lachte. »Wann hättest du je selbst gepackt? Schlaf jetzt. Und mach dir keine Sorgen. Ich werde mich um alles kümmern.«

14

Unter Tintels Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab. Die Frau sah älter aus als ihre Jahre, als sie Mirar nun mit erschöpfter Geduld betrachtete.

»Was gibt es, Wilar?«

Er machte einen Schritt zurück. »Du bist müde. Ich werde morgen wiederkommen.«

»Nein, komm herein.« Sie bedeutete ihm einzutreten und wandte sich dann ab, so dass er keine Chance hatte, sich zurückzuziehen.

»Dann werde ich es kurz machen«, sagte er, trat in den Raum und schloss die Tür hinter sich.

Sie ließ sich auf einen Stuhl sinken und deutete auf einen zweiten. »Du wärst nicht hergekommen, wenn es nicht etwas gäbe, das du besprechen musst. Haben die Jungen wieder geschwätzt?«

Er lächelte. »Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich.«

»Wenn es dich stört, werde ich ihnen sagen, sie sollen damit aufhören.«

»Was nicht den geringsten Unterschied machen würde«, erwiderte er. »Sie bringen dir großen Respekt und Bewunderung entgegen, Traumweberin Tintel, aber der Versuch, ihrem Klatsch und Tratsch Einhalt zu gebieten, wäre wie der Versuch, die Flut aufzuhalten.« Er schüttelte den Kopf. »Nein, ihr Gerede hat nur den Nachteil, dass es dir schwerer fallen wird zu glauben, was ich zu sagen habe.«

Sie zog die Augenbrauen hoch. »Ach ja? Welche unglaublichen Neuigkeiten hast du denn für mich?«

Er sah sie an und dachte noch einmal über das nach, was er zu tun im Begriff stand. Es war ein Risiko. Es hatte seine Vorteile, unerkannt zu bleiben. Zum einen würde ihm die Mühsal erspart bleiben, versuchen zu müssen, allen zu gefallen.

Aber was würde dann aus seinem Volk werden? An diesem Ort waren sie stark, aber an anderen waren sie es nicht. Vielleicht irrte er, wenn er dachte, dass er ihnen helfen konnte, aber als er Tintels ausgezehrtes, müdes Gesicht betrachtete, durchzuckte ihn ein Gefühl der Zuneigung, und er wusste, dass er es zumindest versuchen musste.

»Sie haben recht«, erklärte er. »Ich bin Mirar.«

Sie blinzelte überrascht und öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, dann hielt sie inne und betrachtete ihn mit einem nachdenklichen Stirnrunzeln.

»Es ist schwer zu glauben«, sagte sie schließlich. »Und doch stelle ich fest, dass ich deine Behauptung nicht einfach abtun kann.« Sie schürzte die Lippen. »Ebenso wenig kann ich sie einfach akzeptieren.«

Er zuckte die Achseln. »Das hatte ich erwartet.«

»Ich brauche Beweise.«

»Natürlich.«

»Und noch etwas anderes.«

»Was?«

»Deine Vergebung für meine Zweifel, sollte sich tatsächlich herausstellen, dass du Mirar bist.«

Er lachte. »Deine Zweifel kann ich dir kaum verübeln.«

Sie lächelte nicht. »Wenn du nicht Mirar bist…«

»Wirst du mir eine gründliche Tracht Prügel verabreichen?«, schlug er vor.

»Das ist nichts, worüber man scherzt.«

»Nein?« Er wurde wieder ernst. »Ja, du hast recht. Ich habe alles in meiner Macht Stehende getan, um sicherzustellen, dass ich weder mich selbst noch meine Leute in Gefahr bringe, wenn ich heute meine Identität offenbare, aber es besteht trotzdem ein Risiko.«

»Ein Risiko, das einzugehen sich lohnt?«

»Offensichtlich.« Er beugte sich vor und streckte die Hand aus. »Vernetze dich mit mir.«

Ihre Miene glättete sich. Sie sah ihn einen Moment lang an, dann ergriff sie seine Hand. Er beobachtete, wie sie die Augen schloss, und tat es ihr nach, bevor er seinen Geist aussandte.

Als ihre Gedanken seine Sinne klar und deutlich erreichten, beschwor er Erinnerungen für sie herauf. Alte Erinnerungen an die Begründung der Traumweber. Erinnerungen an Entdeckungen in der Heilkunst und Erinnerungen an lange verstorbene Traumweber. Erinnerungen an Zivilisationen, die vor langer Zeit erloschen waren, und an jene, die noch existierten.