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(Karl kommt.)

Karl. Guten Morgen, Vater!

Götz (küßt ihn). Guten Morgen, Junge. Wie habt ihr die Zeit gelebt?

Karl. Recht geschickt, Vater! Die Tante sagt: ich sei recht geschickt.

Götz. So!

Karl. Hast du mir was mitgebracht?

Götz. Diesmal nicht.

Karl. Ich hab viel gelernt.

Götz. Ei!

Karl. Soll ich dir vom frommen Kind erzählen?

Götz. Nach Tische.

Karl. Ich weiß noch was.

Götz. Was wird das sein?

Karl. Jagsthausen ist ein Dorf und Schloß an der Jagst, gehört seit zweihundert Jahren den Herrn von Berlichingen erb- und eigentümlich zu.

Götz. Kennst du den Herrn von Berlichingen?

Karl (sieht ihn starr an).

Götz (vor sich). Er kennt wohl vor lauter Gelehrsamkeit seinen Vater nicht. — Wem gehört Jagsthausen?

Karl. Jagsthausen ist ein Dorf und Schloß an der Jagst.

Götz. Das frag ich nicht. — Ich kannte alle Pfade, Weg und Furten, eh ich wußte, wie Fluß, Dorf und Burg hieß. — Die Mutter ist in der Küche?

Karl. Ja, Vater! Sie kocht weiße Rüben und ein Lammsbraten.

Götz. Weißt du's auch, Hans Küchenmeister?

Karl. Und für mich zum Nachtisch hat die Tante einen Apfel gebraten.

Götz. Kannst du sie nicht roh essen?

Karl. Schmeckt so besser.

Götz. Du mußt immer was Apartes haben. — Weislingen! ich bin gleich wieder bei Euch. Ich muß meine Frau doch sehn. Komm mit, Karl.

Karl. Wer ist der Mann?

Götz. Grüß ihn. Bitt ihn, er soll lustig sein.

Karl. Da, Mann! hast du eine Hand, sei lustig, das Essen ist bald fertig.

Weislingen (hebt ihn in die Höh und küßt ihn). Glückliches Kind! das kein Übel kennt, als wenn die Suppe lang ausbleibt. Gott laß Euch viel Freud am Knaben erleben, Berlichingen.

Götz. Wo viel Licht ist, ist starker Schatten — doch wär mir's willkommen. Wollen sehn, was es gibt.

(Sie gehn.)

Weislingen. O daß ich aufwachte! und das alles wäre ein Traum! In Berlichingens Gewalt! von dem ich mich kaum losgearbeitet habe, dessen Andenken ich mied wie Feuer, den ich hoffte zu überwältigen! Und er — der alte treuherzige Götz! Heiliger Gott, was will, will aus dem allen werden? Rückgeführt, Adelbert, in den Saal! wo wir als Buben unsere Jagd trieben — da du ihn liebtest, an ihm hingst wie an deiner Seele. Wer kann ihm nahen und ihn hassen? Ach! ich bin so ganz nichts hier! Glückselige Zeiten, ihr seid vorbei, da noch der alte Berlichingen hier am Kamin saß, da wir um ihn durcheinander spielten und uns liebten wie die Engel. Wie wird sich der Bischof ängstigen, und meine Freunde. Ich weiß, das ganze Land nimmt teil an meinem Unfall. Was ist's! Können sie mir geben, wornach ich strebe?

Götz (mit einer Flasche Wein und Becher). Bis das Essen fertig wird, wollen wir eins trinken. Kommt, setzt Euch, tut, als wenn Ihr zu Hause wärt! Denkt, Ihr seid einmal wieder beim Götz. Haben doch lange nicht beisammengesessen, lang keine Flasche miteinander ausgestochen. (Bringt's ihm.) Ein fröhlich Herz!

Weislingen. Die Zeiten sind vorbei.

Götz. Behüte Gott! Zwar vergnügtere Tage werden wir wohl nicht wieder finden als an des Markgrafen Hof, da wir noch beisammenschliefen und miteinander umherzogen. Ich erinnere mich mit Freuden meiner Jugend. Wißt Ihr noch, wie ich mit dem Polacken Händel kriegte, dem ich sein gepicht und gekräuselt Haar von ungefähr mit dem Ärmel verwischt?

Weislingen. Es war bei Tische, und er stach nach Euch mit dem Messer.

Götz. Den schlug ich wacker aus dazumal, und darüber wurdet Ihr mit seinem Kameraden zu Unfried. Wir hielten immer redlich zusammen als gute brave Jungen, dafür erkennte uns auch jedermann. (Schenkt ein und bringt's.) Kastor und Pollux! Mir tat's immer im Herzen wohl, wenn uns der Markgraf so nannte.

Weislingen. Der Bischof von Würzburg hatte es aufgebracht.

Götz. Das war ein gelehrter Herr, und dabei so leutselig. Ich erinnere mich seiner, so lange ich lebe, wie er uns liebkoste, unsere Eintracht lobte und den Menschen glücklich pries, der ein Zwillingsbruder seines Freundes wäre.

Weislingen. Nichts mehr davon!

Götz. Warum nicht? Nach der Arbeit wüßt ich nichts Angenehmers, als mich des Vergangenen zu erinnern. Freilich, wenn ich wieder so bedenke, wie wir Liebs und Leids zusammen trugen, einander alles waren, und wie ich damals wähnte, so sollt's unser ganzes Leben sein! War das nicht all mein Trost, wie mir diese Hand weggeschossen ward vor Landshut, und du mein pflegtest und mehr als Bruder für mich sorgtest? Ich hoffte, Adelbert wird künftig meine rechte Hand sein. Und nun —

Weislingen. Oh!

Götz. Wenn du mir damals gefolgt hättest, da ich dir anlag, mit nach Brabant zu ziehen, es wäre alles gut geblieben. Da hielt dich das unglückliche Hofleben und das Schlenzen und Scherwenzen mit den Weibern. Ich sagt es dir immer, wenn du dich mit den eiteln garstigen Vetteln abgabst und ihnen erzähltest von mißvergnügten Ehen, verführten Mädchen, der rauhen Haut einer Dritten, oder was sie sonst gerne hören:»Du wirst ein Spitzbub«, sagt ich,»Adelbert.»

Weislingen. Wozu soll das alles?

Götz. Wollte Gott, ich könnt's vergessen, oder es wär anders! Bist du nicht ebenso frei, so edel geboren als einer in Deutschland, unabhängig, nur dem Kaiser untertan, und du schmiegst dich unter Vasallen? Was hast du von dem Bischof? Weil er dein Nachbar ist? dich necken könnte? Hast du nicht Arme und Freunde, ihn wieder zu necken? Verkennst den Wert eines freien Rittersmanns, der nur abhängt von Gott, seinem Kaiser und sich selbst! Verkriechst dich zum ersten Hofschranzen eines eigensinnigen neidischen Pfaffen!

Weislingen. Laßt mich reden.

Götz. Was hast du zu sagen?

Weislingen. Du siehst die Fürsten an, wie der Wolf den Hirten. Und doch, darfst du sie schelten, daß sie ihrer Leut und Länder Bestes wahren? Sind sie denn einen Augenblick vor den ungerechten Rittern sicher, die ihre Untertanen auf allen Straßen anfallen, ihre Dörfer und Schlösser verheeren? Wenn nun auf der andern Seite unsers teuern Kaisers Länder der Gewalt des Erbfeindes ausgesetzt sind, er von den Ständen Hülfe begehrt, und sie sich kaum ihres Lebens erwehren: ist's nicht ein guter Geist, der ihnen einrät, auf Mittel zu denken, Deutschland zu beruhigen, Recht und Gerechtigkeit zu handhaben, um einen jeden, Großen und Kleinen, die Vorteile des Friedens genießen zu machen? Und uns verdenkst du's, Berlichingen, daß wir uns in ihren Schutz begeben, deren Hülfe uns nah ist, statt daß die entfernte Majestät sich selbst nicht beschützen kann.

Götz. Ja! ja! Ich versteh! Weislingen, wären die Fürsten, wie Ihr sie schildert, wir hätten alle, was wir begehren. Ruh und Frieden! Ich glaub's wohl! Den wünscht jeder Raubvogel, die Beute nach Bequemlichkeit zu verzehren. Wohlsein eines jeden! Daß sie sich nur darum graue Haare wachsen ließen! Und mit unserm Kaiser spielen sie auf eine unanständige Art. Er meint's gut und möcht gern bessern. Da kommt denn alle Tage ein neuer Pfannenflicker und meint so und so. Und weil der Herr geschwind etwas begreift, und nur reden darf, um tausend Hände in Bewegung zu setzen, so denkt er, es wär auch alles so geschwind und leicht ausgeführt. Nun ergehn Verordnungen über Verordnungen, und wird eine über die andere vergessen; und was den Fürsten in ihren Kram dient, da sind sie hinterher, und gloriieren von Ruh und Sicherheit des Reichs, bis sie die Kleinen unterm Fuß haben. Ich will darauf schwören, es dankt mancher in seinem Herzen Gott, daß der Türk dem Kaiser die Waage hält.