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»Randall .«

Malcolms ehemals kräftige Stimme war nur noch ein schwaches Krächzen.

»Ja?« Ich beugte mich über ihn, um besser zu verstehen.

»Sie müssen die Schweinehunde ... erwischen.«

Ich holte tief Luft. »Warum haben sie das Zeug Ihnen ins Gesicht geschüttet und nicht mir?«

Er schien zu hören und zu verstehen, aber er antwortete nicht. Große Schweißperlen erschienen plötzlich auf seinem Gesicht, und er begann wieder nach Atem zu ringen.

Ich füllte die Spritze mit der zweiten Ampulle Naloxon und injizierte sie in seinen Oberschenkel. Wieder setzte die Reaktion ein, langsam, aber unverkennbar, nahm ihm die Atemnot, ließ ihn aber in einem gefährlichen Erschöpfungszustand zurück.

»Die Schweinehunde haben gesagt ... ich hätte ... sie beraubt.«

»Was soll das heißen?«

»Ich habe ihnen ... das Zeug ... verkauft. Sie sagen ... es ist das Geld nicht wert.«

»Wieviel haben die Ihnen bezahlt?« fragte ich.

»Fünfzig . tausend .«

»Pfund?«

»Herrgott ... Sportsfreund ... natürlich. Heute nachmittag ... haben sie gesagt ... ich hätte sie beraubt. Ich habe gesagt ... sie sollen herkommen ... Sie fertigmachen ... sind viel zu schlau. Wußte nicht, daß Ian hier sein würde.«

Er hatte wohl, als er Ian und Stephen bei mir fand, versucht, wegzugehen und seine Freunde aufzuhalten, bevor sie mein Zimmer erreichten. Es war völlig offen, ob das Ergebnis sehr viel anders gewesen wäre, wenn er Erfolg gehabt hätte. Seine Freunde waren ungefähr so berechenbar wie ein Kugelblitz.

Ich ging mit einem Zahnputzglas ins Badezimmer, füllte es zur Hälfte mit Wasser und brachte es Malcolm. Es gelang mir nur, seine Lippen zu benetzen, aber das schien alles zu sein, was er wollte.

Sah auf die Uhr. Zwei Minuten waren seit der zweiten Injektion vergangen, vier seit der ersten. Es schien wie eine Ewigkeit.

Ian erholte sich rasch und begann Fragen zu stellen. Ich fand es erstaunlich, daß niemand das Tohuwabohu gehört hatte und angelaufen kam. Niemand hatte Malcolms Geschrei gehört oder darauf reagiert, obwohl es bis zum Kreml gedrungen sein mußte. Wenn die Wanzen nicht in Betrieb waren, blieben die Wände taub.

Malcolm erlitt einen weiteren schweren Kollaps. Grimmig füllte ich die Spritze aus der letzten Ampulle und injizierte den Teelöffel voll in den Muskel.

Jetzt hatten wir kein Naloxon mehr; keine Rückversicherung mehr, für keinen von uns.

Kapitel 16

Wieder trat Besserung ein. Er atmete kräftiger und kam wieder zu Bewußtsein, obwohl seine Haut immer noch graublau war und seine Pupillen wie Stecknadelköpfe.

»Mir ist ... schwindlig«, murmelte er.

Ich ließ ihn etwas Wasser trinken und sagte ganz beiläufig: »Waren das Ihre Freunde, oder haben Sie das Zeug über Hans Kramer geschüttet?«

»Herrgott, Sportsfreund ... ich doch nicht. Ich bin kein Mörder .«

»Was war mit dem Pferdetransporter?«

»Sollte Sie nur verletzen ... Ihnen einen Schreck einjagen ... damit Sie abreisen«. Er trank noch einen Schluck. »Dachte, Sie würden nicht bleiben ...«

»Aber Ihre Freunde haben Ernst gemacht«, sagte ich. »Auf der Gorkistraße, und dann am Fluß.«

»Wollten sichergehen ... Sie hätten mit Kropotkins Hilfe . was rauskriegen können .«

»Mm«, machte ich. »Und das war, nachdem Sie ihnen erzählt haben, daß ich Hans Kramers letzte Worte kannte.«

»Verdammter Bengel ... dieser Mischa ...«

»War diese tödliche Flüssigkeit Ihre Idee oder Hans Kramers?«

»Ich habe zufällig davon erfahren. Habe Hans dazu gebracht ... sie zu stehlen.« Er brachte ein schwaches, verächtliches Schnauben zustande. »Blöder Kerl . habe ihn reingelegt ... hat es umsonst gemacht ... aus Idealismus .«

»Er war in der Universitätsklinik Heidelberg«, sagte ich.

»Herrgott ...« Sogar in seiner gegenwärtigen,

kooperativen Stimmung war er unangenehm überrascht. »In dem Fernschreiben . dachte nicht, daß Ihnen das auffällt ... war aber zu riskant. Wollten Sie davon abhalten ... es zu sehen.«

»Aber warum haben Sie Hans Kramer umgebracht? Warum Hans, der Ihnen geholfen hat?«

Er ermüdete sichtlich. Seine Stimme wurde schwächer, und der Atem ging flach und langsam.

»Alle ... Spuren ... verwischen ...«

Ian stand auf und kam zum Bett herüber. Zum erstenmal seit dem Überfall sah er Malcolm richtig, und der Schock erschütterte sogar sein sonst undurchdringliches Gesicht.

»Hören Sie, Randall«, rief er entsetzt, »lassen Sie diese Fragerei, bis es ihm besser geht. Was immer er auch verbrochen hat, es hat doch Zeit.«

Er hatte keine Ahnung, womit wir es hier zu tun hatten, dachte ich, und jetzt war kaum der richtige Augenblick, ihn aufzuklären. Ich gab Malcolm noch etwas Wasser zu trinken. Ians Intervention brachte ihn zum Nachdenken und ließ ihn bedauern, daß er so bereitwillig geantwortet hatte. Wiedererwachende Feindseligkeit trat deutlich in seine Augen, und als ich das Glas von seinen Lippen nahm, bekam sein Gesicht wieder den alten, störrischen Ausdruck.

»Wie sind ihre Namen?« fragte ich. »Welche Nationalität?«

»Hau ab .«

»Randall!« protestierte Ian. »Noch nicht.«

»Einer von ihnen ist Aljoscha«, mischte sich Stephen ein, trat näher und machte dabei einen großen Bogen um den Stuhl.

»Haben Sie es nicht gehört? Malcolm hat einen Aljoscha genannt.«

Es war fast ein Lachen, was da vom Bett kam. Ein breites, sardonisches Grinsen verzerrte seinen Mund. Seine Stimme, kaum mehr als ein Flüstern, war voller Bosheit.

»Aljoscha bringt Sie doch noch um, Sportsfreund.«

Ungläubig starrte Stephen ihn an. »Aber Ihre Freunde haben versucht, Sie umzubringen ... Randall hat Sie gerettet.«

»Blödsinn.«

»Er ist ganz einfach weggetreten«, sagte ich. »Lassen Sie nur.«

»O Gott«, stöhnte Malcolm. »Mir wird schlecht.«

Stephen sah sich verzweifelt nach einem passenden Gefäß um, aber da war keins, und es wurde auch nicht benötigt.

Malcolms flacher Atem wurde hörbar schwächer. Ich griff nach seinem Handgelenk, konnte aber keinen Puls finden. Langsam schlossen sich seine Augen.

»Tun Sie doch was«, drängte Ian.

»Wir können künstliche Beatmung versuchen«, sagte ich.

»Aber nicht Mund zu Mund.«

»Warum nicht?«

»Das Zeug wurde ihm ins Gesicht geschüttet ... Man weiß nie.«

»Glauben Sie, er stirbt doch noch?« fragte Stephen.

Ian begann bereits energisch Malcolms Arme nach der alten Methode künstlicher Beatmung nach oben und hinten zu ziehen. Er wollte nicht aufgeben, ohne auch die letzte Möglichkeit ausgeschöpft zu haben.

Malcolms Hals, seine Hände und die nackte Brust wandelten sich von Blaugrau zu tiefstem Indigo. Nur sein Gesicht blieb bleich.

Stephen und ich sahen eine mir endlos vorkommende Weile zu, wie Ians beharrliche Bemühungen, Luft in Malcolms Lungen zu pumpen, dessen Brustkorb hoben und senkten.

Ich versuchte nicht, ihn zu stoppen. Zu diesem Entschluß mußte er selbst kommen. Ich glaube, etwas an Malcolms völliger Regungslosigkeit überzeugte ihn schließlich, denn zögernd ließ er seine Arme los und wandte uns ein ausdrucksloses, sphinxhaftes Gesicht zu.

»Er ist tot«, sagte er tonlos.

»Ja.«

Es entstand ein langes Schweigen, weil keiner von uns es über sich brachte zu sagen, was wir alle dachten. Schließlich sprach Ian es aus.

»Der Arzt ist unterwegs. Was sagen wir ihm?«

»Herzanfall?« schlug ich vor.

Die anderen nickten.

»Dann wollen wir lieber aufräumen«, sagte ich mit einem Blick auf die Überreste der Schlacht. »Was wir am nötigsten brauchen, ist ein Paar Gummihandschuhe.«