»Sie haben Syndik-Welten bombardiert«, hielt Captain Armus dagegen.
»Das stimmt«, gab Landis zu, »aber das war etwas anderes.
Mir war übel, als ich das mitansehen musste, und ich schäme mich nicht, es zuzugeben. Ich habe verdammt noch mal für die Allianz gekämpft, und das werde ich auch weiterhin tun.
Aber ich will nicht miterleben müssen, wie bewohnte Welten darunter leiden müssen, egal ob es deren Welten sind oder unsere.«
Kila lächelte flüchtig. »Nicht so schlimm, Commander. Ich bin mir sicher, wir werden genügend Freiwillige finden.«
»Selbst wenn wir solche Freiwilligen finden sollten«, ging Geary dazwischen, »werde ich kein Selbstmordkommando genehmigen, solange ich diese Flotte befehlige.«
Commander Vendig von der Exemplar warf sofort ein:
»Wir könnten Roboterschiffe einsetzen, die von einer Künstlichen Intelligenz gesteuert werden. Die Crew wird vom Schiff genommen und…«
Augenblicklich wurde Vendig von lauten Protestrufen übertönt. »Wir sollen bewaffnete KIs losschicken, um von Menschen bewohnte Systeme auslöschen zu lassen? Sind Sie noch ganz bei Verstand?«
Captain Badaya schüttelte den Kopf und sprach in die Stille, die der ersten Empörungswelle folgte. »Commander Landis hat eine unerfreuliche Wahrheit ausgesprochen. Was in Lakota geschehen ist, könnte sich in jedem System der Allianz wiederholen, das über ein Hypernet-Portal verfügt. Wenn die Menschen in der Allianz sehen, was sich hier zugetragen hat, dann werden sie darauf bestehen, dass unser eigenes Hypernet-System abgeschaltet wird. Wer will schon eine Bombe vor der eigenen Haustür liegen haben?«
»Wir können das System nicht einfach abschalten«, warf Captain Cresida ein. »Das ist ein extrem ausgewogenes Ener-gienetz, das lässt sich gar nicht abschalten.«
»Warum haben wir es dann jemals installiert?«, wollte irgendjemand wissen.
Aus einem unerfindlichen Grund drehten sich alle zu Geary um. »Mich müssen Sie das nicht fragen. Ich habe mich auch schon darüber gewundert, und ich war nicht dabei, als das System gebaut wurde. Aber wir haben es jetzt am Hals, und den Syndiks ergeht es nicht anders.«
»Es muss eine Lösung geben«, beharrte Commander Neeson. »Solange diese Portale geöffnet sind, stellen sie potenzielle Waffen dar. Wenn wir einen Weg finden könnten, sie als Waffen scharfzumachen und den Syndiks mit dem Einsatz zu drohen, dann würden sie es nicht wagen…« Er unterbrach sich, machte eine bestürzte Miene und sah sich um. »Die Syndiks könnten selbst auf die Idee kommen. Die Zerstörungskraft eines Hypernet-Portals ist größer als jede Waffe, die die oder wir besitzen. Wir könnten uns damit buchstäblich gegenseitig auslöschen.«
Damit war die Katze vollends aus dem Sack. Geary nickte.
»Zu dieser Erkenntnis war ich auch bereits gelangt. Wer von Ihnen möchte den Krieg beginnen, der eine ganze Spezies auslöschen wird? Sie, Captain Kila?«
Der schaute Geary an, sagte aber kein Wort.
Captain Tulev deutete auf das Sternendisplay. »Zeigen Sie uns das bitte, Captain Geary. Spielen Sie bitte die Aufzeichnung ab, die wiedergibt, was passierte, als das Hypernet-Portal zusammenbrach.«
Er wollte sich das nicht wieder ansehen, nicht einmal im Miniaturformat, trotzdem wählte er die Wiedergabe und beschleunigte die Darstellung, sodass die Schockwelle sich innerhalb von dreißig Sekunden durch das Lakota-System bewegte.
Nachdem die Aufzeichnung abgelaufen war, herrschte einen Moment lang Stille, dann zeigte Tulev auf das Bild des verwüsteten Systems. »Wir sollten das den Syndiks zukommen lassen. Die werden eine solche Aufzeichnung nicht haben, weil zu viele ihrer Sensoren durch den Energieausstoß vernichtet worden sind. Schicken Sie es an die Schiffe, die das System verlassen, um Hilfe zu holen. Die können es dann weiterleiten.«
»Damit sie noch schneller herausfinden, wie sie die Allianz auslöschen können?«, fragte Armus sarkastisch.
»Dazu brauchen sie unsere Hilfe nicht«, konterte Cresida.
»Die haben ihre eigenen Aufzeichnungen davon, was bei Sancere passiert ist. Und selbst der größte Idiot muss sich nur ansehen, was mit Lakota III passiert ist, um sich ausrechnen zu können, wie viel Energie nötig war, um den Planeten so zuzu-richten. Dann muss er nur den Orbit und die Planetenrota-tion zurückverfolgen, und schon erkennt er, dass die Quelle der vormaligen Position des Hypernet-Portals entspricht.
Aber wenn wir aussenden, was wir aufgezeichnet haben — natürlich ohne die Daten über den Zusammenbruch des Portals, die wir für uns behalten wollen —, dann können wir den Beweis liefern, dass wir diese Verheerungen nicht zu verantworten haben.« Sie sah sich am Tisch um. »Mein Ruf spricht für sich, so wie auch im Fall von Commander Landis. Ich möchte nicht, dass man mir die Schuld für das gibt, was hier passiert ist. Das geht über jedes akzeptable Maß hinaus. Ich werde so viele Syndiks umbringen wie nötig, um diesen Krieg zu gewinnen, aber ich möchte nicht ganze Sternensysteme auslöschen.«
»Ja«, stimmte Tulev ihr zu. »Es ist wichtig, den Syndiks zu sagen, dass wir das nicht verbrochen haben, damit es nicht zu öffentlichen Forderungen nach Vergeltungsschlägen kommt.
Wichüg ist auch die Wirkung, die diese Bilder auf die Syndik-Zivilbevölkerung haben.« Abermals deutete er auf das Display.
»Das wird überall zu sehen sein, auch wenn ihre Führung noch so sehr versuchen wird, es zu unterdrücken. Sie werden erkennen, was einem Planeten zustoßen kann, in dessen System sich ein Hypernet-Portal befindet. Was sollen ihre Führer ihnen dann noch sagen? Wenn sie trotzdem versuchen, uns die Schuld zu geben, werden die Leute in den entsprechenden Systemen befürchten, wir könnten ihren Welten so etwas auch antun. Wenn diese Führer behaupten, sie könnten uns damit stoppen, wird man ihnen die Frage stellen, warum sie uns dann nicht bei Lakota gestoppt haben. Wenn sie ihren Leuten erzählen, dass sie von der Allianz keine derartigen Angriffe zu befürchten haben, weil das kein Angriff der Allianz war, dann werden die Leute wissen wollen, was denn die Ursache war.«
Alle dachten darüber nach, und allmählich zeichnete sich auf den Gesichtern der Offiziere ein grimmiges Lächeln ab.
»Dann steht die Syndik-Führung mit dem Rücken zur Wand«, meinte Badaya anerkennend. »Ein brillanter Vorschlag, Captain Tulev. Das wird die Syndik-Bevölkerung quer durch alle Systeme in Sorge versetzen und die Führung in eine Zwickmühle bringen, weil sie Massenpaniken vor den Hypernet-Portalen in den Griff bekommen müssen.«
Commander Neeson dagegen machte eine beunruhigte Miene und schüttelte den Kopf. »Aber was ist, wenn unsere Leute davon erfahren? Wir können nicht verhindern, dass sich diese Neuigkeit bis ins Allianz-Gebiet herumspricht. Wir werden vor den gleichen Problemen stehen.«
»Unsere Führer müssen auf diese Situation ebenfalls aufmerksam gemacht werden«, erklärte Captain Badaya und warf Geary einen bedeutungsvollen Blick zu. Was ihn anging, sollte Geary ohnehin derjenige sein, der die Allianz führte, und zwar ganz alleine, als Diktator, der den Rückhalt dieser Flotte genoss. Commander Yin war in ihrer Sorge nicht gänzlich paranoid gewesen, auch wenn Geary selbst von diesem Gedanken nichts wissen wollte. »Wir müssen auch überlegen, was wir tun können, bevor die Syndiks beschließen, unsere Portale anzugreifen.«
Geary legte die Stirn in Falten, da ihm die Frage Sorge bereitete, was die gewählte Führung der Allianz entscheiden würde. Plötzlich sah er Captain Cresida nicken.
»Ich glaube, wir können dieser Bedrohung begegnen«, verkündete sie. »Ich habe darüber nachgedacht. Wir können die Daten von zwei Vorfällen analysieren, den beiden einzigen bekannten Fällen, in denen ein Hypernet-Portal zusammengebrochen ist. Nur diese Flotte verfügt über sämtliche Details beider Ereignisse. Anhand dieser Daten kann ich den Zielerfassungs-Algorithmus präzisieren, den wir bei Sancere benutzt haben. Auf diese Weise wird er zuverlässiger, und die Gewissheit steigt, dass ein kollabierendes Portal nur ein Minimum an Energie ausstößt.«