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Schalten wir eines ab, wird es irgendwo wieder auftauchen, und bis wir es wiedergefunden haben, wissen wir nicht, was sich in diesem Netz abspielt. So wie bei diesem Netz. Hätten wir davon gewusst, wären wir auf den Wurm gestoßen, sobald er in das Netz, eingespeist wurde. Vermutlich hat der Täter genau deshalb dieses Subnetz gewählt.« Der Lieutenant Commander hielt Gearys Dateneinheit hoch. »Aber Sie haben mir gesagt, ich soll dieses Netz abschalten, und das werde ich auch machen. Die Leute, denen so was hier gefällt, werden einen Ersatz schaffen müssen, und so etwas dauert eine Weile.«

Geary dachte über den moralischen Zwiespalt nach zuzulassen, dass solches Material in der Flotte kursierte, damit sie in der Lage waren, viel ernsteren Missbrauch zu entdecken und zum Absender zurückzuverfolgen, oder aber das Subnetz abschalten zu lassen und damit zu riskieren, dass dessen Nachfolger ebenfalls für Sabotagezwecke herhalten musste. »Wie lange wird das dauern?«

»Ein Ersatz-Subnetz, Sir? Unter den gegenwärtigen Bedingungen?« Der Sicherheitsoffizier starrte einen Moment lang in die Ferne. »Einen halben Tag.«

»Einen halben Tag?« Geary warf Desjani einen bestürzten Blick zu. Angesichts des Risikos, dass die Flotte durch einen neuen Wurm abermals in Gefahr geriet, blieb ihm gar keine andere Wahl. »Schalten Sie es nicht ab, aber sorgen Sie dafür, dass es überwacht wird.«

Captain Desjani gab ihrem Offizier ein Zeichen. »Machen Sie sich an die Arbeit. Aber zuerst geben Sie mir das da.« Der Mann zögerte und sah zu Geary, der nach einem Moment der Unentschlossenheit schließlich widerwillig sein Einverständnis gab.

»Das hier?« Desjani öffnete die Datei auf Gearys Dateneinheit, betrachtete die Darstellungen mit regungsloser Miene und schaltete das Gerät schließlich ab. »Ist das echt, was da zu sehen ist?«

Der Sicherheitsoffizier schüttelte den Kopf. »Üblicherweise nicht. Es ist schon übel genug, dass so etwas überhaupt produziert wird, aber wenn die das mit echten Menschen machen würden, dann könnten sich die Produzenten schon darauf gefasst machen, bis in alle Ewigkeit hinter Gittern zu sitzen. Man benutzt dafür sehr realistische, vom Computer erzeugte Bilder.«

»Aber das sieht aus wie echt«, wandte Geary ein, der sich unrein fühlte, weil er sich das Material angesehen hatte.

»Stimmt, Sir. Aber… das ist ja auch der Sinn der Sache.«

»Danke. Kümmern Sie sich darum.« Ein Schaudern lief ihm über den Rücken, nachdem der Offizier gegangen war.

Desjani machte eine Miene, als habe sie etwas geschluckt, das widerwärtig schmeckte. »Ich weiß, warum Sie einverstanden waren, das Subnetz nicht abzuschalten, aber ich weiß auch, wie Sie sich jetzt fühlen müssen. Woher haben Sie das Material?«

»Von jemandem, dem ich dem äußeren Eindruck nach niemals zugetraut hätte, dass ihm so etwas gefallen könnte.«

»Wer immer das auch war, er sollte dringend einer umfas-senden psychologischen Untersuchung unterzogen werden.«

»Allerdings.« Er trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte. »Kann ich eine solche Untersuchung vertraulich anordnen?«

Sie nickte. »Das ja, allerdings wüsste ich nicht, warum Sie jemanden schützen wollen, der so etwas verbreitet. Allein der Besitz stellt schon einen schweren Verstoß gegen die Regeln dar.«

»Weil diese Person bereit war, mir das hier über sich selbst zu enthüllen, damit ich die Flotte schützen kann«, erklärte Geary.

Desjani verzog den Mund. »Das kann nicht einfach gewesen sein. Ich werde Sie nicht fragen, wer das war.«

»Haben Sie schon mal so etwas gesehen?«

»Gehört habe ich davon«, antwortete sie kopfschüttelnd, »aber gesehen habe ich es noch nie.«

»Ich auch nicht.« Geary rieb sich mit beiden Händen übers Gesicht. »Entschuldigen Sie mich bitte, Tanya. Ich muss mich mit den Flottenpsychologen und einem Flottenoffizier in Verbindung setzen, danach muss ich duschen gehen. Lassen Sie mich wissen, was Ihr Sicherheitsoffizier herausgefunden hat.«

»Jawohl, Sir.« An der Tür blieb Desjani stehen und drehte sich zu ihm um. »Ich möchte mich entschuldigen, weil ich Ihnen nicht zugetraut habe, Co-Präsidentin Rione neutral zu beurteilen, Sir.«

»Schon gut, Captain Desjani. Es kann nie schaden, wenn da jemand ist, der meine Entscheidungen in Zweifel zieht. Und wenigstens sagen Sie ihren Namen.«

»Wie bitte, Sir?«

»Ach, nichts. Geben Sie mir bitte Bescheid, wenn alle Systeme der Dauntless gesäubert worden sind.«

Drei Stunden später waren sämtliche Systeme der Flotte dreifach nach schädlicher Software gescannt und von Sicher-heitsoffizieren für sauber erklärt worden, denen bewusst war, dass etliche Menschenleben davon abhingen, dass sie ihre Arbeit gründlich erledigten. Geary befahl den Sprung nach Wendig, und obwohl sich sein Magen verkrampfte, als die Dauntless in den Sprungraum wechselte, verlief alles problemlos.

Neun

Warum Wendig kein eigenes Hypernet-Portal erhalten hatte, war nicht schwer zu erraten. Und das galt auch für die Tatsache, dass das Sternensystem in den Aufzeichnungen der Syndiks als aufgegeben vermerkt worden war, nachdem die ihr Hypernet in Betrieb genommen hatten. Das einzige Rätsel bestand darin, warum sich überhaupt noch jemand in diesem System aufhielt.

Um den Stern kreisten lediglich drei Planeten sowie eine Fülle an Asteroiden. Zwei der Planeten waren über fünf Lichtstunden von dem schwachroten Stern entfernt, der nur wenig Wärme abgab, sodass diese Welten aus nichts weiter als gefrore-nem Gestein bestanden. Der Planet, der nur neun Lichtminuten entfernt lag, verfügte über zu wenig Atmosphäre, und die war für Menschen auch noch giftig. Doch auf ihm waren einmal zwei Kuppelstädte angesiedelt gewesen. Nach einem weiteren Blick auf die Daten kam Geary zu dem Schluss, dass die Bezeichnung Kleinstadt für diese Siedlungen wohl besser geeignet war.

Im Wendig-System waren keine weiteren Spuren menschlicher Aktivitäten zu entdecken, zudem war eine der Städte in Dunkelheit und Kälte getaucht, während die andere noch bewohnt wurde, auch wenn es so schien, als habe man große Bereiche stillgelegt. »Diese Leute oder vielleicht auch schon ihre Eltern hat man wohl einfach hier zurückgelassen, als die Syndik-Unternehmen, für die sie gearbeitet hatten, das System aufgaben«, merkte Desjani an.

»Ja, einen anderen Grund wüsste ich auch nicht, warum sie sonst hiergeblieben sein sollten.«

»Captain?« Der Kommunikationswachhabende deutete auf sein Display. »Von der bewohnten Welt wird ein Notruf gesendet.«

Die Mitteilung weckte unangenehme Erinnerungen an Lakota. Desjani legte die Stirn in Falten, während sie und Geary gleichzeitig mit einem Tastendruck das Signal auf ihre eigenen Displays holten.

Es war lediglich eine Audiomitteilung, ein Mann sprach mit rnühsam erzwungener Ruhe: »An alle, die das Wendig-Sternensystem passieren oder sich in der Nähe aufhalten. Hier ist die Stadt Alpha auf der Welt Wendig I.« Bestimmt zum hunderts-ten Mal ging Geary durch den Kopf, dass die nur ans Geschäft denkenden Syndik-Führer sich nie die Mühe gemacht hatten, den Welten oder Städten poetisch klingende Namen zu geben, es sei denn, sie sollten Werbezwecken dienen. »Unsere verbliebenen Lebenserhaltungssysteme stehen kurz vor dem Totalausfall« , fuhr der Sprecher fort. »Wir haben auf alle nur denkbaren Ressourcen zurückgegriffen, um die Systeme weiter arbeiten zu lassen, aber sämtliche Ressourcen sind inzwischen aufgebraucht. Über fünfhundertsechzig Bewohner benötigen dringend Hilfe und müssen evakuiert werden. Bitte antworten Sie.«

Es folgte eine Pause, dann die Angabe der Universalzeit und des Datums, schlief31ich begann die Nachricht von vorn.

Geary überprüfte das angegebene Datum. »Die senden diese Nachricht schon seit einem Monat.«