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«Vergoldete Mondfahrzeuge«, meinte ich leise.

Evan funkelte mich an.»Alle buddeln es hier aus dem Boden und verfrachten es in Fort Knox wieder unter die Erde, wo es dann nie mehr ans Licht kommt… Sehen Sie nicht, daß das alles künstlich ist? Warum soll der Wohlstand der ganzen Welt auf einem gelben Metall beruhen, das keinen vernünftigen Zweck hat?«

«Es ist gut für Zahnfüllungen«, sagte ich im Plauderton.

«Und für reine Funkverbindungen bei Transistoren«, ergänzte Roderick, sich an dem Spiel beteiligend.

Van Horen sah und hörte zu, als sei das Gespräch mal eine nette Abwechslung für ihn an einem Montag. Ich hörte jedoch auf, Evan zu hänseln, da ich nach der Besichtigung der Mine fast seine Auffassung teilte.

Am Abend ging es mit der Dakota zurück nach Johannesburg; ich saß neben Roderick und fühlte mich etwas abgespannt. Der Rundgang durch die Grubenanlage am heißen Nachmittag, die Besichtigung eines goldausgießenden Tiegelofens, die optischen (und akustischen) Eindrücke von der Zerkleinerung des Erzes und der anschließende Besuch eines Bergarbeiter-Wohnheims, das alles hatte meinem brummenden Schädel nicht gut getan. Ein halbes Dutzend Mal war ich drauf und dran, das Handtuch zu werfen, doch ich hatte — zumal in Gedanken an Rodericks lauernde Schreibmaschine — kein Aufhebens machen wollen.

Die Besichtigung des Wohnheims war das beste gewesen; das Mittagessen für die nächste Übertageschicht wurde gerade zubereitet, und wir kosteten es in der Küche. Große Bottiche mit einer dicken Brühe von vorzüglichem Geschmack, unbekanntes Gemüse, nach dem zu erkundigen ich mich nicht aufraffen konnte, und dicke Fladen von einem cremefarbenen, mehlbestäubten Brot, eine Art fettloses Teiggebäck.

Von dort gingen wir nach nebenan in die Bar des Wohnheims, wo sich die ersten Leute von der ausfahrenden Schicht recht engagiert über etwas hermachten, das aussah wie 2-Liter-Plastikkrüge mit Milchkakao.

«Das ist Bantu-Bier«, sagte unser Nachmittagsführer, der im Gegensatz zu dem grantigen Losenwoldt erfreulich freundlich war.

Wir versuchten es. Es hatte einen angenehm herben Geschmack, der aber nicht entfernt an Bier erinnerte.

«Ist das alkoholisch, lieber Junge?«fragte Conrad.

Alkoholisch schon, sagte der liebe Junge, aber nur schwach. Bedenkt man, daß wir sahen, wie ein Mann seinen ganzen Krug in zwei großen Zügen hinunterkippte, war das eigentlich ganz gut so.

Unser Führer winkte einen anderen Mann, der mit seinen Kollegen an einem Tisch saß, heran, und er stand auf und kam zu uns. Er war hochgewachsen und nicht mehr jung, und er hatte ein breites, zahniges Grinsen, das ich anstek-kend fand.

Der Führer sagte:»Das ist Piano Nyembezi. Er ist der Kontrolleur, der behauptet hat, wir hätten jemanden in der Mine zurückgelassen.«

«Sie waren das?«fragte ich interessiert.

«Yebo«, sagte er, und wie ich später erfuhr, hieß das» ja «auf Zulu. (»Nein «dagegen bestand aus einem Schnalzen, einem Knacklaut und einem langgezogenen» aa«. Für einen Europäer zumindest war es unmöglich, schnell nein zu sagen.)

«Nun, Piano«, sagte ich.»Haben Sie vielen Dank. «Ich streckte meine Hand aus, und er schüttelte sie, ein Ereignis, das bei seinen Freunden breites Lächeln hervorrief, ein scharfes Luftholen bei unserem Führer, ein Kopfschütteln bei Roderick und gar keine Reaktion bei Evan, Conrad und Danilo.

Im Hintergrund spielte sich irgendein Gerangel ab, und dann kam einer von den anderen mit einer abgegriffenen Filmzeitschrift herüber.

«Die Zeitung gehört Piano«, sagte der Neuankömmling und drückte sie ihm in die Finger. Nyembezi sah verlegen aus, zeigte mir aber, was es war. Ganzseitig, und die Visage so langweilig wie immer.

Ich zog die Nase kraus, nahm das Heft, schrieb unten über mein Konterfei:»Ich verdanke mein Leben Piano Nyembezi«, und setzte meinen Namen hinzu.

«Das wird er sich für immer aufheben«, meinte unser Führer.

Vielleicht auch nur bis morgen, dachte ich.

Die Dakota dröhnte weiter. Die Abendsonne schien voll auf meine Augenlider, als wir in der Schräglage auf einen neuen Kurs gingen, und vorsichtig hob ich den Kopf von der Nackenstütze und drehte mich auf die andere Seite. Die Wunde am Hinterkopf mochte nicht tief sein, tat aber weh.

Aus irgendeinem Grund aktivierte die kleine Bewegung ein paar schläfrige Nervenzellen, und ganz nebenher fiel mir ein, daß jemand bei mir in der Strosse gewesen war.

Mir fiel ein, daß ich mich hatte herumdrehen wollen, um mit den Füßen zuerst rauszuklettern, und daß ich gewartet hatte, um jemand anders hereinzulassen. Mir fiel ein, daß ich sein Gesicht nicht gesehen hatte und nicht wußte, wer es war.

Wenn er dort gewesen war, als ich mir den Kopf anschlug, warum hatte er mir dann nicht geholfen?

Ich war in einem so benebelten Zustand, daß es noch eine ganze Minute dauerte, bis ich zu dem Schluß kam, daß er mir nicht geholfen hatte, weil der Schlag mit dem Stein von ihm selbst gekommen war.

Ich riß die Augen auf. Rodericks Gesicht war mir zugewandt. Ich machte den Mund auf, um es ihm zu sagen. Schloß ihn dann wieder fest. Ich hatte nicht den leisesten Wunsch, es dem Rand Daily Star zu verbraten.

Kapitel 11

Ein Großteil der Zeit, die ich besser zum Schlafen genutzt hätte, verwandte ich in dieser Nacht darauf, mich mit dem Gedanken abzufinden, daß jemand versucht haben könnte, mich umzubringen.

Ich wußte nicht, wer. Ahnte nicht, warum. Und war mir auch immer noch nicht sicher, ob meine Erinnerung nicht trog; vielleicht war ja der andere Mann in der Strosse wieder fortgegangen, und ich hatte es vergessen.

Aber auch, wenn ich mir hundertprozentig sicher gewesen wäre, hätte ich nicht gewußt, was ich tun sollte.

Van Horen anrufen? Eine Untersuchung einleiten? Es waren doch so viele Leute unten in der Mine gewesen, alle gleich gekleidet und halb im Dunkeln. Jede Untersuchung würde mehr Gerede und Zweifel bringen als Ergebnisse, und auf einen Klatschspaltenaufmacher wie» Lincoln erstattet Anzeige wegen Mordversuchs «konnte ich verzichten.

Zweimal innerhalb einer Woche war ich fast über die Klinge gesprungen, hatte Conrad gesagt.

Es ergab keinen Sinn. Nur die Jungs, die ich im Film spielte, wurden bedroht und angegriffen und entkamen wie durch ein Wunder.

Aber was, wenn ich nichts unternahm? Hatte wirklich jemand versucht, mich umzubringen, dann hinderte ihn nichts daran, es noch einmal zu versuchen. Wie sollte ich mich Tag für Tag rund um die Uhr schützen, zumal gegen etwas Unerwartetes wie Mikrofone oder einen Stein im Goldbergwerk?

Wenn — wovon ich nicht ganz überzeugt war — zwei Mordversuche stattgefunden hatten, dann waren sie beide so angelegt gewesen, daß sie wie Unfälle aussahen. Daher hatte es wenig Zweck, Vorsichtsmaßnahmen gegen Gift und Blei und Messerstiche in dunklen Gassen zu ergreifen. Man würde sich eher vor Autos ohne Bremsen, tödlichen Insekten im Schuh oder vor baufälligen Balkons in acht nehmen müssen.

Ich scheute mich lange, darüber nachzudenken, wer es gewesen sein könnte, denn es mußte jemand sein, der mit in der Mine war.

Ein Bergarbeiter, der meine Filme nicht mochte und zur Tat geschritten war, um nicht noch mehr sehen zu müssen? Da brauchte er mich nicht zu töten, er konnte ihnen einfach fernbleiben.

Jemand, der von blindem beruflichem Neid zerfressen wurde? Die einzige mir bekannte Person, die regelmäßig schwor, mich auf den Tod zu hassen, war Drix Goddart, und der war noch nicht in Südafrika, geschweige denn tausenddreihundert Meter unter Welkom.

Von den Leuten in der Mine hatte keiner gewußt, daß ich kommen würde, und bis zu dem Zwischenfall hatte niemand meinen Namen genannt.