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Blieben also… Ach, hol’s der Teufel, dachte ich. Blieben also Evan… und Conrad… und Danilo… und Roderick. Und außerdem van Horen, der über eine große Anzahl Menschen gebot und andere für sich handeln lassen konnte.

Was das Warum anging, so waren Evans berufsbedingte Ressentiments wohl kaum ausreichend, und Danilo wußte nicht, daß ich ihm mit den Pferden auf die Schliche gekommen war; aber selbst wenn er es gewußt hätte, würde er nicht versucht haben, ein so geringfügiges Vergehen mit einem Mord zu vertuschen. Eher hätte er es lachend zugegeben und ein Rennbahnverbot mit einem Ach-was-soll’s abgetan.

Motive für Conrad, Roderick und van Horen erforderten noch weniger Denkarbeit. Ich kriegte einfach kein vernünftiges Motiv zusammen.

Sie hatten alle (bis auf Conrad, der in der Unfallstation gewesen war) erleichtert ausgesehen, als ich heil und gesund aus der Mine kam. Oder sollten sie bloß aufgeatmet haben, weil ich sagte, ich könne mich nicht erinnern, wie ich das Bewußtsein verloren hatte?

Das alles schien so unwahrscheinlich. Ich konnte mir keinen von ihnen als Ränkeschmied in den dunklen Labyrinthen des Bösen vorstellen. Es ergab keinen Sinn. Kurzum, ich mußte mir etwas einbilden. Ich hatte zuviel Kino mitgemacht und fing schon an, es auf die Wirklichkeit zu projizieren.

Ich seufzte. Wurde mir bewußt, daß mein Kopf nicht mehr schmerzte und auch das schwindlige Gefühl einer Gehirnerschütterung nachließ, und schlief bald darauf ein.

Am Morgen erschienen meine nächtlichen Gedanken mir noch abwegiger. Conrad war es, der eine Verbindung zwischen dem Mikro und der Mine hergestellt hatte; und Conrad hatte sich geirrt.

Roderick rief zur Frühstückszeit an. Ob ich Lust hätte, bei ihm daheim mit ihm und Katya zu Abend zu essen — nur wir drei, ohne großes Trara? Und als ich mit der Antwort ein paar Sekunden zögerte, setzte er schnell hinzu, das Ganze werde streng vertraulich sein; nichts, was ich sagte, würde aufgezeichnet und gegen mich verwendet werden.

«Okay «willigte ich ein, mit einem Lächeln in der Stimme und Vorbehalten im Kopf.»Also, wo finde ich Sie?«

Er nannte mir die Adresse und sagte:»Ihr Fahrer weiß schon, wie man dahin kommt.«

«Ach so. Ja«, sagte ich.

Ich legte langsam auf; aber es bestand kein Grund, weshalb er von dem gemieteten Wagen mit Chauffeur nichts wissen sollte, und natürlich hatte er auch seine» Quelle «im Iguana. Roderick hatte die ganze Zeit gewußt, wohin ich ging, was ich machte und wie oft ich mir die Zähne putzte.

Kaum hatte ich die Hand vom Hörer genommen, da klingelte das Telefon wieder.

Clifford Wenkins. Konnte er, äh, oder besser gesagt, war es mir recht, wenn er an diesem Morgen ins Hotel kam, äh, um die Einzelheiten für die, äh, Premiere zu besprechen?

«Äh, ja«, sagte ich.

Danach rief Conrad an. Ob ich mit ihm und Evan zum Krüger-Park fahren wollte.

«Wie lange bleiben Sie?«fragte ich.

«So etwa zehn Tage, nehme ich an.«

«Dann nicht. Ich muß spätestens nächsten Dienstag wieder hier sein. Ich fahre getrennt hin. Mit zwei Wagen sind wir sowieso besser bedient, wenn Sie und Evan auf Drehortsuche gehen.«

«Klar«, meinte er und hörte sich recht froh an; er hatte wohl keinen Wert darauf gelegt, eine Woche lang aufpassen zu müssen, daß Evan und ich uns nicht an die Kehle gingen.

Sie würden vor dem Mittagessen auf ein Glas vorbeikommen, sagte er. Evan, so schien es, platzte vor Einfällen für seinen neuen Film. (Wann tat er das nicht?)

Danach Arknold.

«Hören Sie, Mr. Lincoln. Was Mrs. Caveseys Pferde angeht… Hören Sie…«Schweratmend verstummte er.

Nachdem ich vergebens darauf gewartet hatte, daß er noch mal loslegte, sagte ich:»Ich bin den ganzen Morgen hier, falls Sie vorbeikommen möchten.«

Drei schwere Atemzüge. Dann:»Vielleicht. Wäre vielleicht nicht schlecht. Ja. Also gut. Gegen elf dann, wenn ich die Pferde habe arbeiten sehen.«

«Bis dann«, sagte ich.

Heißer Sonnenschein, blauer Himmel.

Ich ging nach unten, trank meinen Kaffee auf der Terrasse und las die Zeitung. Eng gedruckte Spalten über lauter landesspezifische Themen, die ein Hintergrundwissen voraussetzten, das mir fehlte. Es war etwa so, als ob man in einen Film kommt, der schon halb vorbei ist.

Ein Mann war in Johannesburg ermordet worden: gefunden vor zwei Tagen, mit einer Drahtschlinge um den Hals.

Schaudernd legte ich die Zeitung weg. Mich wollte keiner ermorden. Ich hatte entschieden, daß das Unsinn war. Der Tod eines anderen brauchte mir also keine Gänsehaut zu verursachen. Dummerweise hatte niemand meinem Unterbewußtsein erklärt, daß der Alarmzustand beendet war.

«Guten Morgen«, sagte eine frische junge Stimme mir ins Ohr.

«Was machen Sie?«

«Ich sehe zu, wie die Blumen wachsen.«

Sie setzte sich mir gegenüber und grinste über ihr ganzes fünfzehnjähriges Gesicht.

«Ich bin zum Tennisspielen hier.«

Sie trug einen kurzen weißen Dreß, weiße Socken, weiße Tennisschuhe und hatte zwei Schläger in wasserdichten Hüllen dabei. Ihr dunkles, schulterlanges Haar wurde von einem grünen Band zurückgehalten, und der Wohlstand der van Horens sprach so beredt wie immer aus ihrer Haltung und ihrem natürlichen Selbstvertrauen.

«Kaffee?«schlug ich vor.

«Lieber Orangensaft.«

Ich bestellte ihn.

«Fanden Sie die Goldmine nicht einfach riesig?«wollte sie wissen.

«Die war einfach riesig«, stimmte ich zu und ahmte Danilos Akzent nach, da sie eine Wendung von ihm gebraucht hatte. Sie zog belustigt die Nase kraus.»Ihnen entgeht aber auch gar nichts, was? Dad sagt, Sie haben einen intuitiven Verstand, was’ immer das nun sein soll.«

«Es bedeutet, daß ich voreilige Schlüsse ziehe«, sagte ich.

Sie schüttelte zweifelnd den Kopf.»M-m. Er scheint es gut zu finden.«

Der Orangensaft kam, und sie trank und ließ das Eis klirren. Sie hatte lange dunkle Wimpern und eine Haut, die eher creme- als pfirsichfarben war. Ich unterdrückte wie immer die plötzliche innere Wehmut, die Mädchen wie Sally in mir auslösten: Meine eigene Tochter wurde vielleicht einmal ebenso hübsch, aber der Schwung und das Feuer würden fehlen.

Sie setzte ihr Glas hin, und ihre Augen suchten die Clubgebäude hinter mir ab.

«Haben Sie Danilo gesehen?«fragte sie.»Das Schwein hat gesagt, er wäre um zehn hier, und jetzt ist es schon Viertel nach.«»Er hat gestern den ganzen Tag schwer gerechnet«, sagte ich ernst.»Das hat ihn geschafft, nehme ich an.«

«Was denn gerechnet?«fragte sie mißtrauisch.

Ich sagte es ihr.

Sie lachte.»Dann glaube ich fast, der kann nicht anders. Am Samstag auf dem Rennplatz hat er das auch gemacht. Einen wandelnden Computer hab’ ich ihn genannt. «Sie trank noch einen Schluck Orangensaft.»Ach, und wußten Sie, daß er ein hemmungsloser Zocker ist? Er hat zehn Rand auf eins von den Pferden gesetzt. Zehn Rand!«

Ich dachte bei mir, daß van Horen sie sehr vernünftig erzogen hatte, wenn zehn Rand Einsatz ihr noch überhöht erschienen.

«Wohlgemerkt«, setzte sie hinzu,»das Pferd hat gesiegt. Ich hab’ den Gewinn mit ihm abgeholt. Fünfundzwanzig Rand, ist das zu glauben? Er sagt, er gewinnt öfter. Er war richtig fröhlich und aufgedreht deswegen.«

«Am Ende verliert jeder«, sagte ich.

«Ach, jetzt seien Sie doch nicht so negativ«, fuhr sie auf.»Genau wie Dad.«

Ihre Augen weiteten sich plötzlich, und sie verlagerte ihre Aufmerksamkeit auf etwas hinter mir. Danilo trat zu uns. Weiße Shorts, kräftige braungebrannte Beine, hellblaue offene Windjacke.

«Hallo«, sagte er vergnügt zu uns beiden.

«Hallo«, erwiderte Sally und sah hingerissen aus.

Sie verließ mich und den halb getrunkenen Orangensaft, ohne sich noch einmal umzudrehen, und zog mit dem aufgeweckten Jungen los, wie die Mädchen es seit Evas Zeiten tun. Aber der Vater dieses Mädchens besaß eine Goldmine; und Danilo hatte seine Rechenaufgaben gemacht.