Arknold kam, und die Rezeption wies ihn in den Garten. Er gab mir die Hand, setzte sich, schnaufte und pustete und ließ sich ein Bier spendieren. In der Ferne knallten Danilo und Sally sporadisch den Ball übers Netz und lachten viel dabei.
Arknold folgte meinem Blick, erkannte Danilo, und die Falten auf seiner Stirn verdichteten sich zu einem Ausdruck tiefer Unentschlossenheit.
«Ich wußte nicht, daß Danilo hier sein würde«, sagte er.
«Er kann Sie nicht hören.«
«Nein, aber… Hören Sie, Mister, können wir vielleicht reingehen?«
«Wenn Sie möchten«, sagte ich; also verzogen wir uns in die Halle, wo er aber auch zu unruhig war, um zur Sache zu kommen, und schließlich hinauf in mein Zimmer. Man konnte die Tennisplätze zwar immer noch sehen, aber die Tennisplätze uns nicht.
Er setzte sich wie Conrad in den größeren der beiden Sessel, da er sich als starke Persönlichkeit ansah. Das großflächige Gesicht ließ keine feineren Gefühlsnuancen in der wechselnden Muskelspannung um Augen, Mund oder Kinn sichtbar werden, so daß ich es wie immer fast unmöglich fand, zu erraten, was er dachte. Der Gesamteindruck war der eines Tauziehens zwischen Aggressivität und Besorgnis: das Ergebnis offenbar Unschlüssigkeit, ob er angreifen oder beschwichtigen sollte.
«Hören Sie«, sagte er schließlich,»was werden Sie Mrs. Cavesey erzählen, wenn Sie zurück nach England kommen?«
Ich überlegte.»Das habe ich noch nicht entschieden.«
Er schob sein Gesicht vor wie eine Bulldogge.»Sagen Sie ihr bloß nicht, sie soll den Trainer wechseln.«»Und wieso nicht, bitte?«
«Weil das Training, das die Pferde kriegen, in Ordnung ist.«
«Sie sehen gut aus«, stimmte ich zu.»Aber sie laufen miserabel. Die meisten Besitzer hätten sie längst zu einem anderen Trainer gegeben.«
«Es ist nicht meine Schuld, daß sie nicht siegen«, behauptete er mit schwerer Stimme.»Sagen Sie ihr das. Deshalb bin ich hergekommen. Sagen Sie ihr, daß es nicht meine Schuld ist.«
«Sie würden die Trainingsgebühren einbüßen, wenn man Ihnen die Pferde nimmt«, sagte ich.»Und Sie würden vielleicht an Prestige verlieren. Dafür brauchten Sie aber keine Angst mehr zu haben, daß man Sie wegen Betrugs verklagt.«
«Jetzt passen Sie mal auf, Mister«, begann er wütend, aber ich unterbrach ihn.
«Die andere Möglichkeit wäre, Sie entlassen Ihren Futtermeister Barty.«
Was immer er hatte sagen wollen, blieb ungesagt. Sein Nußknackerkinn fiel herunter.
«Sollten Sie sich entschließen, Barty rauszuwerfen«, sagte ich im Gesprächston,»dann könnte ich Mrs. Cavesey raten, die Pferde zu lassen, wo sie sind.«
Er schloß den Mund. Eine lange Pause entstand, während die Angriffslust zum größten Teil versiegte und einer müden Resignation wich.
«Das kann ich nicht«, sagte er mürrisch, ohne die Notwendigkeit des Schrittes zu leugnen.
«Weil man Ihnen gedroht hat, daß Sie sich damit ein Rennbahnverbot einhandeln?«tippte ich an.»Oder wegen des künftigen Profits?«
«Hören Sie, Mister — «
«Sorgen Sie dafür, daß Barty geht, bevor ich heimfahre«, sagte ich freundlich.
Er stand schwerfällig auf und sah mich scharf an, was ihm nicht sonderlich viel einbrachte. Er atmete laut durch die Nase, kriegte aber den Mund nicht auf; und ich konnte aus seinem Gesichtsausdruck nicht ersehen, ob das, was ihm auf der Zunge brannte, ein Schwall von Verwünschungen war, ein Plädoyer für mildernde Umstände oder gar ein Hilferuf.
Er vergewisserte sich mit einem Blick aus dem Fenster, daß sein Kumpel Danilo noch auf den Courts war, dann wandte er sich jäh ab und ging, ohne noch etwas zu sagen, aus meinem Zimmer: ein Mann auf einer dreizinkigen Röstgabel, wenn ich je einen gesehen hatte.
Ich kehrte auf die Terrasse zurück und fand Clifford Wen-kins, wie er unschlüssig umherlief und fremde Menschen hinter ihren Zeitungen anstarrte.
«Mr. Wenkins«, rief ich.
Er schaute auf, nickte nervös und schlängelte sich zwischen Tischen und Stühlen hindurch zu mir herüber.
«Guten Morgen — äh — Link«, begann er und streckte halb die Hand aus, aber nicht weit genug, daß ich sie schütteln konnte. Ich deutete einen ebenso unverbindlichen Gruß an. Sein bester Freund mußte es ihm gesagt haben, dachte ich.
Wir setzten uns an einen der kleinen Tische im Schatten einer gelb-weiß gestreiften Markise, und er stimmte mir bei, daß — äh — ein Bier ausgezeichnet wäre. Wieder zog er ein unordentliches Bündel Papiere aus seiner Innentasche. Der Blick darauf schien ihm Kraft zu verleihen.
«Äh — Worldic hat beschlossen… Äh — sie halten es für das beste, meine ich, den Empfang vor dem — äh — vor dem Film zu geben, wenn Sie verstehen.«
Ich verstand. Sie hatten Angst, ich könnte während der Vorführung verschwinden, wenn sie es andersherum aufzogen.
«Hier — äh — ist eine Liste von Leuten, die — äh — Worldic eingeladen hat. Und hier — Moment — ah ja, da ist die Presseliste und — äh — eine Liste der Leute, die Karten für den Empfang gekauft haben… Wir haben die Anzahl — äh — begrenzt, aber es gibt — äh — es gab — ich meine, es könnte sein, daß es vielleicht ein bißchen ein Gedränge gibt, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Er schwitzte. Wischte sich mit einem säuberlich gefalteten weißen Vierecktuch die Stirn. Wartete anscheinend darauf, daß ich hochging. Aber was sollte ich sagen? Ich hatte es selbst eingefädelt, und an sich war ich dankbar, daß wirklich Leute kommen wollten.
«Äh — wenn es Ihnen recht ist… ich meine — also, es sind noch ein paar Karten — äh — für die Premiere selbst übrig, wenn Sie verstehen — äh — zu zwanzig Rand.«
«Zwanzig Rand?«sagte ich.»Das ist doch wohl zu teuer.«
«Es ist für einen wohltätigen Zweck«, sagte er schnell.
«Für welchen?«
«Oh — äh — Moment. Das hab’ ich hier irgendwo. «Aber er konnte es nicht finden.»Jedenfalls — für einen guten Zweck — und deshalb möchte Worldic, daß Sie… ich meine, weil doch noch Karten zu haben sind — äh — na ja, daß Sie ein wenig die Trommel dafür rühren.«
«Nein«, sagte ich.
Er sah unglücklich aus.»Das hab’ ich denen auch gesagt, aber sie meinten — na ja…«Er blendete sich aus wie ein Popsong und sagte nicht, daß Worldics Umgang mit Schauspielern das KGB direkt väterlich erscheinen ließ.
«Wo findet der Empfang statt?«fragte ich.
«Oh — äh — gegenüber dem Wideworld-Kino, im Klipspringer Heights Hotel. Ich — äh — ich denke, das wird Ihnen gefallen… ich meine, es ist eins der besten — äh — Hotels in Johannesburg.«
«Prima«, sagte ich.»Ich bin Dienstag abend, sagen wir, so gegen sechs wieder hier. Dann können Sie mir alles Nötige telefonisch noch durchgeben.«
«Ach so, ja — äh«, sagte er,»aber Worldic hätte gern gewußt — äh — wo Sie sich im Krüger-Park — äh — aufhalten.«
«Das weiß ich nicht«, sagte ich.
«Nun, äh — könnten Sie es rausfinden?«Er sah unglücklich aus.»Worldic sagte — äh —, das soll ich auf alle Fälle in Erfahrung bringen.«
«Ah. Na schön«, sagte ich.»Ich gebe Ihnen Bescheid.«
«Danke«, keuchte er.»Nun — äh — also — ich meine — äh — «
Beim Vortragen des nächsten Punktes verhaspelte er sich mehr denn je. Im stillen hatte ich bereits ein großes NEIN formuliert, ehe der Gedanke, daß Worldic ihm im Nacken saß, ihn zwang, damit herauszurücken.
«Wir — äh, das heißt vielmehr Worldic hat einen, äh — Fototermin für Sie angesetzt… Ich meine — also heute nachmittag, genau gesagt.«
«Was für einen Fototermin?«fragte ich finster.