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«Wie stehen Sie denn dazu?«konterte ich.»Sie drei leben doch hier. Erzählen Sie mal.«

Roderick schüttelte den Kopf, und Katya sagte, wichtig sei, was die Gäste dächten, und nur Melanie, die nach anderen Regeln spielte, rückte mit der Sprache heraus.

«Apartheid«, sagte sie ernst,»ist notwendig.«

Roderick machte eine abwehrende Geste, aber ich fragte:»Inwiefern?«

«Es heißt, getrennt leben«, sagte sie.»Es heißt nicht, daß eine Rasse besser als die andere ist, sondern nur, daß sie verschieden sind und es auch bleiben sollten. Die ganze Welt glaubt anscheinend, daß die weißen Südafrikaner die Schwarzen hassen und sie zu unterdrücken versuchen, aber das ist nicht wahr. Wir mögen sie… und den Slogan >Black is beautiful< haben weiße Afrikaner sich ausgedacht, um den schwarzen Afrikanern Selbstbewußtsein zu geben.«

Ich war baß erstaunt, aber Roderick nickte zögernd.»Das ist wahr. Die Black-Power-Bewegung hat ihn sich zu eigen gemacht, aber sie hat ihn nicht erfunden. Man könnte sagen, der Slogan hat alles bewirkt, wozu er gedacht war, und noch ein bißchen mehr.«

«Wenn man ausländische Zeitungen liest«, sagte Melanie empört und erwärmte sich für ihr Thema,»dann könnte man meinen, die Schwarzen seien ein Haufen analphabetischer billiger Arbeitskräfte. Und das stimmt nicht. Die Schulpflicht gilt für beide Rassen, und die Fabriken zahlen nach Tarif, ungeachtet der Hautfarbe. Und das«, setzte sie hinzu,»haben die weißen Gewerkschaftler ausgehandelt.«

Sie war mir viel sympathischer, seit sie vergessen hatte, die Sexbombe zu spielen. Die dunklen Augen bargen sowohl Feuer wie auch Rauch, und es war einmal eine Abwechslung, zu hören, wie jemand leidenschaftlich dieses Land verteidigte.

«Erzählen Sie mehr«, sagte ich keck.

«Oh…«Sie sah einen Augenblick verwirrt aus, geriet dann aber wieder in Schwung wie ein Pferd, das den zweiten Wind bekommt:»Die Schwarzen haben alles genauso wie die Weißen. Alles, was sie wollen. Nur eine Minderheit hat große Häuser, weil die Mehrheit sie nicht mag. Sie leben gern im Freien und suchen nur zum Schlafen Schutz. Aber sie haben Autos und Geschäfte und Urlaub und Krankenhäuser und Hotels und Kinos — alles, was dazugehört.«

Die Weißen hatten im großen ganzen mehr Geld, dachte ich, und zweifellos mehr Handlungsfreiheit. Ich öffnete den Mund, um eine harmlose Bemerkung über die vielen Eingangstüren mit der Aufschrift» Nicht für Weiße «und» Nur für Weiße «vorzubringen, doch Melanie funkte dazwischen, um jeder Anfechtung zuvorzukommen, was Roderick nun überhaupt nicht recht war. Er sah sie mißbilligend an. Sie war zu sehr in Fahrt, um es zu bemerken.

«Ich weiß, was Sie sagen wollen«, sagte sie unrichtigerweise.

«Sie wollen von Ungerechtigkeit reden. Jeder, der aus England kommt, redet davon. Nun, natürlich gibt es Ungerechtigkeiten. Die gibt es in jedem Land der Welt, Ihres eingeschlossen. Ungerechtigkeiten machen Schlagzeilen. Gerechtigkeit ist nicht aktuell. Die Leute kommen her und suchen bewußt nach Ungerechtigkeit, und natürlich finden sie die auch. Aber nie berichten sie über die guten Seiten; sie machen einfach die Augen zu und tun so, als gäbe es keine.«

Ich sah sie nachdenklich an. Es war etwas dran an dem, was sie sagte.

«Wenn ein Land wie England unsere Lebensverhältnisse angreift«, sagte sie,»schadet das jedesmal mehr, als daß es nützt. Man spürt dann, wie sich hier die Reihen schließen und die Fronten verhärten. Es ist dumm. Es verlangsamt den allmählichen Fortschritt unseres Landes hin zur Partnerschaft zwischen den Rassen. Die alte, starre Form der Apartheid stirbt aus, müssen Sie wissen, und in fünf oder zehn Jahren werden es nur noch die Militanten und Extremisten auf beiden Seiten sein, die ernstlich dafür sind. Sie schreien und agitieren, und die Auslandspresse schenkt ihnen ein offenes Ohr, denn sie hört immer auf Wirrköpfe, und dabei übersieht sie — oder jedenfalls erwähnt sie nie —, wie sich die Verhältnisse hier langsam bessern.«

Ich fragte mich, wie sie darüber denken würde, wenn sie schwarz wäre. Mochten sich die Dinge auch ändern, so gab es doch noch keine allgemeine Chancengleichheit. Schwarze konnten Lehrer, Ärzte, Anwälte und Priester werden. Jockey werden konnten sie nicht. Ungerecht…

Roderick, der vergebens darauf wartete, daß ich voll einstieg, sah sich wieder zu einer direkten Frage getrieben.

«Wie stehen Sie dazu, Link?«

Ich lächelte ihn an.

«Ich gehöre zu einem Berufsstand«, sagte ich,»der weder Schwarze noch Juden noch Frauen noch Katholiken oder Protestanten oder stieläugige Monster diskriminiert, sondern lediglich die Nichtmitglieder von Equity.«

Melanie sah aus, als könne sie mit Equity, dem Namen der britischen Schauspielergewerkschaft, nichts anfangen, aber zu den Juden hatte sie etwas zu sagen.

«Was immer man den weißen Südafrikanern vorwerfen mag«, führte sie ins Feld,»wir haben keine sechs Millionen Schwarze in die Gaskammer geschickt.«

Das war ungefähr so, dachte ich respektlos, als ob man sagt, man habe zwar die Masern, habe aber noch nie jemanden mit Keuchhusten angesteckt.

Roderick gab es auf, nach einem zitierbaren politischen Bekenntnis zu fischen, und versuchte Melanie wieder auf Verführungskurs zu bringen. Ihr Instinkt sagte ihr, daß sie mehr bei mir erreichte, wenn sie den Sex wegließ, denn die Zweifel waren ihr deutlich anzumerken, als sie sich bemühte, seinem Wunsch nachzukommen. Doch anscheinend war es für sie beide wichtig, daß sie weitermachte, und sie ließ sich nicht dadurch entmutigen, daß kein Funke zu mir übersprang. Sie lächelte ein sanftmütiges Weibchenlächeln, um jede ihrer Meinungsäußerungen zu entschuldigen, und schlug verschämt die dichten schwarzen Wimpern nieder.

Katya und Roderick tauschten Blicksignale, die blendeten wie Leuchtfeuer in einer dunklen Nacht, und Katya sagte, sie werde Kaffee kochen. Roderick sagte, er werde ihr dabei helfen, und Melanie und Link sollten doch schon mal rüber aufs Sofa gehen, das sei bequemer, als am Tisch zu sitzen.

Melanie lächelte scheu. Ich bewunderte die Leistung; an und für sich war sie scheu wie ein Hauptfeldwebel. Sie drapierte sich wunderschön über das Sofa, so daß der grüne Stoff sich eng an den vollendeten Busen schmiegte, der sich bei jedem Atemzug sanft hob und senkte. Sie bemerkte die Richtung meines Blickes und lächelte mit katzenhafter Zufriedenheit.

Verfrüht, liebste Melanie, verfrüht, dachte ich.

Roderick brachte ein Tablett mit Kaffeetassen herein, und Katya ging hinaus auf den Balkon. Als sie wiederkam, schüttelte sie den Kopf. Roderick goß den Kaffee ein, und Katya reichte ihn herum; die unterdrückte innere Erregung, während des Essens unsichtbar, erschien wieder in ihren lächelnden Mundwinkeln.

Ich sah auf meine Uhr. Viertel nach zehn.

Ich sagte:»Ich muß bald gehen. Mein Tag morgen fängt leider früh an.«

Katya sagte schnelclass="underline" »Aber nein, Sie dürfen noch nicht gehen, Link«, und Roderick reichte mir ein Ballonglas mit genügend Kognak, um ein Schlachtschiff zu versenken. Ich nippte daran, ließ es aber aussehen wie einen guten Schluck und überlegte, daß ich, wenn ich alles getrunken hätte, was er mir einschenkte, nicht mehr fahrtüchtig gewesen wäre.

Melanie schleuderte ihre goldenen Slipper von sich und stellte die Zehen hoch. Perlmuttrosa Nagellack schimmerte, und mit einem raschen Aufblitzen nackter Fesseln, nackter Waden brachte sie es fertig, mir die Idee einzugeben, daß sie unter dem grünen Hänger nichts weiter anhatte.

Der Kaffee war so gut wie das Essen; Katya verstand mehr vom Kochen als vom Intrigieren. Nach kaum zwanzig Minuten schlenderte sie noch einmal raus auf den Balkon, und als sie diesmal wiederkam, war die Botschaft ein Nicken.

Ich sah mir die drei an und rätselte. Roderick mit seinem altjungen Gesicht, Katya übermütig und in gelben Rüschen, Melanie, die so gewissenhaft ihr Netz spann. Sie hatten mir eine Falle gestellt. Fragte sich nur… was für eine?