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Zwanzig vor elf. Ich trank meinen Kaffee aus, stand auf und sagte:»Ich muß jetzt wirklich gehen.«

Diesmal gab es keinen Widerstand. Alle drei erhoben sich.

«Danke«, sagte ich,»für einen tollen Abend.«

Sie lächelten.

«Fabelhaftes Essen«, sagte ich zu Katya.

Sie lächelte.

«Erlesene Getränke«, sagte ich zu Roderick.

Er lächelte.

«Vorzügliche Gesellschaft«, sagte ich zu Melanie.

Sie lächelte.

Nicht ein einziges wirklich ehrliches Lächeln darunter. Sie hatten gespannte, erwartungsvolle Augen. Mein Mund fühlte sich trotz der großen Flüssigkeitszufuhr trocken an.

Wir gingen auf die Diele zu, die eine Verlängerung des Wohnzimmers war.

Melanie sagte:»Für mich wird es auch Zeit, Roderick, rufst du mir ein Taxi?«

«Klar, Liebes«, sagte er obenhin, und dann, als wäre der Gedanke ihm gerade erst gekommen,»aber du mußt doch in dieselbe Richtung wie Link. Er nimmt dich sicher mit.«

Alle sahen mich lächelnd an.

«Natürlich«, sagte ich. Was sonst. Was konnte man sonst sagen?

Das Lächeln ging weiter.

Melanie nahm sich einen winzigen Umhang vom Garderobenständer, und Roderick und Katya begleiteten uns über den Flur zum Lift und winkten noch, als die Tür sich zwischen uns schloß. Der Lift fuhr abwärts. Es war einer von den automatischen, die in jeder vorher gedrückten Etage anhalten. Ich drückte auf E für Erdgeschoß, und in E für Erdgeschoß hielt er an.

Höflich ließ ich Melanie zuerst aussteigen. Dann sagte ich:»O je — tut mir schrecklich leid, ich habe meinen Siegelring auf dem Waschbecken bei Roderick im Bad liegenlassen. Ich sause grad noch mal hoch. Warten Sie, ich bin gleich wieder da.«

Die Tür schloß sich, bevor sie Einwendungen machen konnte. Ich drückte auf die Knöpfe 2 und 6. Stieg in 2 aus. Beobachtete, wie der Pfeil auf Rodericks Etage, die 6, zuglitt und schlüpfte rasch durch die Tür des Dienstbotenaufgangs hinten im Flur.

Die schmucklose Betontreppe mit dem Eisengeländer wand sich einen engen, steilen Schacht hinunter und brachte mich in einen Bereich voller gestapelter Wäschekörbe, Zentralheizungskessel und Reihen von Mülltonnen. Draußen auf der schmalen Straße hinter dem überdachten Hof wandte ich mich nach links, lief zügig um den ganzen nächsten Block herum, verlangsamte schließlich und ging unauffällig im Schatten wieder auf Rodericks Wohnung zu.

Hundert Meter entfernt blieb ich in einem Eingang stehen und schaute.

Vier Männer warteten auf der Straße. Zwei gegenüber dem Vordereingang von Rodericks Haus. Zwei andere standen geduldig in der Nähe meines Mietwagens. Alle hatten Gegenstände dabei, die in der Straßenbeleuchtung glänzten und deren Form ich nur allzugut kannte.

Melanie kam aus dem Haus und eilte über die Straße, um mit zwei von den Männern zu reden. Das grüne Kleid klebte an ihrem Körper und wirkte gerade im Licht der Laternen hauchdünn, fast durchsichtig. Sie und die Männer diskutierten aufgeregt, und es gab sehr viel Kopfschütteln.

Alle drei sahen plötzlich hoch, und ich folgte ihrer Blickrichtung. Roderick und Katya standen auf dem Balkon und riefen von oben herunter. Ich war zu weit weg, um es genau zu verstehen, aber der Sinn ließ sich unschwer erraten. Die Beute war entwischt, und das freute keinen von ihnen.

Melanie und die beiden Männer drehten sich um und kamen auf mich zu, blieben aber bei den zwei anderen an meinem Wagen stehen. Alle fünf steckten die Köpfe zusammen, so wenig dabei auch herauskommen konnte, und schließlich kehrte Melanie alleine um und verschwand in dem Wohnblock.

Ich seufzte gequält. Roderick war kein Mörder. Er war ein Zeitungsmensch. Die vier Männer waren mit Kameras bewaffnet. Nicht mit Messern. Nicht mit Schießeisen.

Nicht auf mein Leben hatten sie es abgesehen; nur auf mein Foto.

Ein Foto von mir, nachts vor einem Apartmenthaus, allein mit einem schönen Mädchen in seinem sehr offenherzigen Kleid.

Ich blickte nachdenklich auf die vier Männer bei meinem Wagen, entschied, daß ich schlechte Chancen hatte, drehte mich auf dem Absatz um und räumte das Feld.

Zurück im Iguana Rock (per Taxi), rief ich Roderick an.

Er klang bedrückt.

Ich sagte:»Sie sollten sich was schämen.«

«Ja.«

«Lassen Sie das Telefon hier abhören?«

Eine Pause. Dann, wieder mit einem Seufzer:»Ja.«

«Zu spät zum Ehrlichsein, mein Freund.«

«Link — «

«Vergessen Sie’s«, sagte ich.»Sagen Sie mir nur, warum.«

«Meine Zeitung — «

«Nein«, sagte ich.»Zeitungen wenden solche Tricks nicht an. Das war eine kleine Privatinitiative.«

Eine längere Pause.

«Ich bin es Ihnen wohl schuldig«, meinte er langsam.»Wir haben das für Clifford Wenkins gemacht. Der Bruder hat eine Heidenangst vor Worldic, und zum Ausgleich für die eine oder andere Gefälligkeit, die er uns erwiesen hat, wollte er, daß wir Sie ihm auf dem Tablett servieren.

Er sagte, Worldic würde ihn feuern, wenn er Sie nicht zu ein paar Turtelfotos für den Verkauf ihrer 20-Rand-Karten überreden könne, und er hätte Sie gefragt, und Sie hätten rundweg abgelehnt. Melanie ist unser bestbezahltes Model, und er konnte sie als Mitstreiterin für die gute Sache gewinnen.«

«Dieser Wenkins«, sagte ich bitter,»würde seine Seele für Reklametricks verkaufen.«

«Es tut mir leid, Link.«

«Nicht so leid, wie es ihm tun wird«, sagte ich unheildrohend.

«Ich habe ihm versprochen, Ihnen nichts zu sagen.«

«Ihr könnt mich beide«, erwiderte ich heftig und knallte den Hörer auf die Gabel.

Kapitel 13

Am nächsten Morgen, nachdem die Geschäftsleitung des Iguana freundlicherweise meinen Wagen vor Rodericks Wohnung hatte abholen lassen, packte ich das wenige, das ich für den Krüger-Park brauchte, und schnurrte hinüber zu Evans und Conrads Hotel.

Das Beladen ihres Kombis wurde eben von Evan beaufsichtigt, als handele es sich um die Schlüsselszene einer prestigeträchtigen Regiearbeit, und von Conrad auf das exzentrischste ausgeführt. Kisten, Taschen und schwarz verhüllte Ausrüstungsgegenstände übersäten im Umkreis von zehn Metern den Boden.

«Lieber Junge«, sagte Conrad, als ich herankam,»besorgen Sie um Gottes willen etwas Eis.«

«Eis?«wiederholte ich zerstreut.

«Eis. «Er wies auf eine gelbe Plastikbox von etwa 60 mal 30 Zentimetern.»Dafür. Für die Filme.«

«Wie steht’s mit Bier?«

Er warf mir einen traurigen, vernichtenden Blick zu.»Bier ist in der roten, lieber Junge.«

Die rote Kühlbox hatte Vorrang gehabt, sie stand bereits fest verschlossen im Wagen. Lächelnd ging ich ins Hotel, um meinen Auftrag auszuführen, und kam mit einer großen, vollen Plastiktüte wieder. Conrad legte das Eis in die gelbe Box und packte sorgfältig sein Rohmaterial darauf. Die gelbe Box kam zu der roten, und Evan meinte, wenn

wir in dem Tempo weitermachten, würden wir nicht vor Einbruch der Nacht im Nationalpark ankommen.

Um elf war der Kombi brechend voll, aber der Boden war immer noch übersät mit der erstaunlichen Ansammlung von Kabeln, Kästen, Stativen und Klammern, die Kameraleute anscheinend überallhin begleiten.

Evan schwenkte die Arme, als ließe sich durch Zauberei der ganze Plunder ordnen. Conrad zupfte unsicher an seinem Schnurrbart. Ich öffnete den Kofferraum meiner Limousine, warf ohne viel Federlesens alles hinein und sagte ihnen, sie könnten es sortieren, wenn wir am Ziel seien.

Danach gingen wir etwas Erfrischendes trinken und brachen schließlich gegen Mittag auf. Wir fuhren etwa fünf Stunden nach Nordosten und kamen von der Johannesburger Hochebene herunter auf wenige hundert Fuß über Meereshöhe. Die Luft wurde mit jeder längeren Abwärtsstrecke merklich wärmer, was Anlaß zu drei oder vier weiteren Erfrischungspausen gab. Conrads Trinkvermögen machte dem der Bantus Konkurrenz.