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«Na ja«, sagte ich ein wenig schwach,»dann ist ja alles bestens.«

Sie nickte zweimal kurz, als wäre die Sache damit erledigt, was sie zweifellos auch war, außer daß ich immer noch nach Lücken in ihrer Abwehr suchte. Ich wanderte noch einmal durch den ganzen Wagen, sah das Sonnenlicht schräg durch die nicht zu öffnenden Gitterfenster einfallen (kein Mensch konnte herein, kein Pferd hinaus), roch das süßliche Heu und den leicht muffigen Geruch der Pferde selbst, spürte die Wirbel frischer Luft, die von den Reihen kleiner Ventilatoren an der Decke herkamen, hörte die knarrenden und brausenden Geräusche im Wagengefüge und das Mahlen der stromerzeugenden Räder unterm Boden.

In diesem langen, warmen, freundlichen Raum standen Pferde, deren Gesamtwert derzeit viele Millionen kanadische Dollar betrug — und noch steigen würde, wenn eines von ihnen in Winnipeg oder Vancouver gewann. Ich blieb eine ganze Weile vor Voting Right stehen. Wenn Bill Baudelaires Mutter sich auskannte, dann schlummerte in diesem unscheinbar wirkenden Braunen die Saat der Größe.

Vielleicht hatte sie recht. Vancouver würde es zeigen.

Ich wandte mich ab, warf einen letzten taxierenden Blick auf Laurentide Ice, der gelassen zurückblickte, dankte dem pferdebegeisterten Drachen für seine Mitarbeit (steifes Bitteschön) und ging langsam durch den Zug zurück, auf der Suche nach dem Hageren.

Ich sah ihn nicht. Er hätte hinter jeder geschlossenen Tür sein können. Er war nicht im vorderen Aussichtswagen, weder oben noch unten, noch in dem offenen Dayniter. Ich spürte drei Schlafwagenstewards in den Schlafwagen der Rennbahnbesucher auf, befragte sie der Reihe nach, und alle drei meinten stirnrunzelnd, erstens hätten Tausende so eine Jacke an wie die, die ich beschrieb, und zweitens sehe in der Kälte draußen jeder etwas hager aus. Trotzdem möchten sie bitte so freundlich sein, sagte ich, falls ihnen in ihrem Zugabschnitt jemand begegne, auf den die Beschreibung passe, George Burley dessen Namen und Abteilnummer zu melden.

Klar, meinten sie, aber ob das denn nicht ein seltsames Ansinnen für einen Schauspieler sei? Zak, improvisierte ich prompt beim ersten Durchgang, halte das Gesicht des hageren Mannes für interessant und wolle ihn fragen, ob er ihn in einer Szene einsetzen könne. Ah ja, das war einleuchtend. Wenn sie ihn fanden, würden sie es George wissen lassen.

Als ich zu George zurückkam, sagte ich ihm, was ich veranlaßt hatte. Er legte die Stirn in Falten.»So einen Mann sah ich in Thunder Bay«, sagte er.»Aber wahrscheinlich habe ich mehrere solche Männer in dieser Zugladung gesehen. Weshalb suchen Sie ihn?«

Ich antwortete, daß ich den Schlafwagenstewards erzählt hätte, Zak wolle ihn in einer Szene einsetzen.

«Aber Sie?«sagte George.»Weshalb suchen Sie ihn?«

Ich sah ihn an, und er sah mich an. Ich überlegte, wie weit ich ihm vertrauen sollte, und hatte den unangenehmen Eindruck, daß er wußte, was ich dachte.

«Nun«, sagte ich schließlich,»er hat mit jemand gesprochen, der mich interessiert.«

Ich bekam einen langen hellen Strahl aus den glänzenden Augen ab.

«Dienstlich… interessiert?«

«Ja.«

Er fragte nicht, wer es war, und ich sagte es ihm nicht. Statt dessen fragte ich ihn, ob er selbst mal mit jemandem von der Besitzergruppe gesprochen habe.

«Natürlich«, sagte er.»Ich begrüße doch immer die Fahrgäste, eh? wenn sie an Bord kommen. Ich sage ihnen, daß ich der Zugchef bin, sage ihnen, wo mein Abteil ist, sage ihnen, wenn sie Probleme haben, sollen sie damit zu mir kommen.«

«Und tun sie das? Waren schon welche da?«

Er kicherte.»Die meisten Beschwerden gehen an unsere Miss Richmond, und die kommt damit zu mir.«

«Miss Richmond…«wiederholte ich.

«Sie ist doch Ihr Boß, oder? Hübsches großes Mädchen mit ’ner Schneckenfrisur heute, eh?«

«Nell«, sagte ich.

«Stimmt. Ist sie nicht Ihr Boß?«

«Eine Kollegin.«

«Na gut. Die Art Probleme, wie unsere Besitzergruppe sie auf der Tour bisher gehabt hat, sind ein tropfender Wasserhahn, eine von selbst aufgehende Jalousie in einem der Schlafräume, eh? und eine Dame, die dachte, man hätte ihr einen Koffer gestohlen, bloß ist der im Abteil von jemand anders aufgetaucht. «Er strahlte.

«Die meisten Besitzer waren schon vorn, um sich die Pferde anzuschauen. Wenn sie mich sehen, unterhalten sie sich mit mir.«

«Was sagen sie denn so?«fragte ich.»Worüber reden sie?«

«Nur was man so erwartet. Das Wetter, die Reise, die Landschaft. Sie fragen, wann wir in Sudbury ankommen, eh? Oder in Thunder Bay oder Winnipeg oder wo immer.«

«Hat jemand mal irgendwas gefragt, das anders war oder Sie gewundert hat?«

«Mich wundert gar nichts, Junge. «Er sprühte vor Ironie und Gutmütigkeit.»Wonach sollten sie denn fragen?«

Ich zuckte hilflos die Achseln.»Was ist vor Thunder Bay passiert, das nicht hätte sein dürfen?«

«Der Wagen der Lorrimores, eh?«

«Davon abgesehen.«»Sie glauben, daß etwas passiert ist?«

«Irgend etwas ist im Gange, und ich weiß nicht, was, und ich bin hier, um es zu verhindern.«

Er dachte darüber nach, dann sagte er:»Wenn es akut wird, merken Sie’s schon, eh?«

«Wahrscheinlich.«

«Hat zum Beispiel jemand was ins Essen getan, eh? dann werden früher oder später alle krank sein.«

«George!«Ich war sprachlos.

Er kicherte.»Wir hatten vor Jahren mal einen Kellner, der das gebracht hat. Er hatte einen Groll auf die Welt. Er hat Hände voll zermahlener Abführtabletten in die Schokoladensauce für das Eis gemischt und den Reisenden dann beim Essen zugesehen, und alle kriegten Durchfall. Fürchterliche Magenschmerzen. Eine Frau mußte ins Krankenhaus. Sie hatte eine zweite Portion genommen. War das ein Theater, eh?«

«Sie haben mir einen Heidenschreck eingejagt«, sagte ich freiheraus.»Wo wird das Futter für die Pferde gelagert?«

Er starrte mich an, sein ewiges Lächeln erlosch.

«Haben Sie davor Angst? Daß den Pferden was passiert?«

«Es wäre ja möglich.«

«Das ganze Futter ist im Pferdewaggon«, sagte er,»ausgenommen ein paar Säcke mit diesen Würfeln, die die meisten Pferde bekommen, die sind im Gepäckwagen. Manche Pferde haben von ihren Trainern ihr eigenes Spezialfutter mitgekriegt. Einer von den Pflegern hatte einen ganzen Schwung sortierter Säcke mit der Aufschrift > Sonntagabende, >Montagmorgen< und so weiter. Hat er mir gezeigt.«

«Für welches Pferd war das?«

«Hm… ich glaube, für das Pferd von dieser Mrs. Daffodil Quentin. Der Pfleger sagte, eines ihrer Tiere sei vor kurzem an einer Kolik gestorben, weil es das falsche Zeug gefressen hat, und der Trainer wollte nicht noch mehr Unfälle, darum hat er das Futter selbst zusammengestellt.«

«Sie sind Klasse, George.«

Sein stets bereites Lachen kam wieder.

«Vergessen Sie nicht den Wassertank, eh? Die Klappe läßt sich hochheben… da wo das Brett schwimmt, erinnern Sie sich? Schnell ein Becher Chemie rein, und man könnte sämtliche Pferde auf einmal müde machen, oder?«

Kapitel 11

Leslie Brown erklärte uns entschieden, daß auf keinen Fall jemand am Futter oder am Wasser herumgepfuscht haben könne.

«Wann haben die Pfleger zuletzt die Eimer gefüllt?«fragte ich.

Im Laufe des Vormittags, sagte sie. Jeder Pfleger füllte den Eimer für sein Pferd, wann er wollte. Alle waren hiergewesen und hatten ihre Schützlinge versorgt.

Der Trinkwassertank für die Pferde, sagte sie, sei während der ersten fünfundzwanzig Minuten unseres Halts in Thunder Bay per Schlauch mit Leitungswasser aufgefüllt worden, eine Prozedur, die sie selbst beaufsichtigt habe.