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Steve im Sinn.

Schließlich gingen alle fort, um ihre Rollenkleidung anzuziehen, und von Zak hörte ich sehr viel später, daß die ganze Geschichte, mit großem Stimmaufwand gespielt, zum Schießen gewesen sei. Er kam in mein Zimmer, eine Flasche in jeder Hand — Scotch für ihn, Rotwein für mich —, und ließ sich erschöpft in den nächsten Sessel fallen, mit einer Miene, als habe er edelmütig das Gewicht der Welt auf seinen Schultern getragen und es tapfer durchgestanden.

«Haben Sie zu Abend gegessen?«sagte er gähnend.»Hab Sie nicht gesehen.«

«Ich hab mir was raufschicken lassen.«

Er warf einen Blick auf die Fernsehsendung, mit der ich mir die Zeit vertrieben hatte.

«Miserabler Empfang hier in den Bergen. Schau sich einer diesen Idioten an. «Er starrte auf den Bildschirm.»Der mimt doch, daß einem die Zähne singen.«

Wir tranken gemütlich, und ich fragte ihn, ob die Reisegesellschaft allgemein zufrieden sei ohne Daffodil Quentin.

«Das Schätzchen mit den Mont-Blanc-Locken?«meinte er.

«Na klar. Sie waren alle bester Laune. Der Mann, der sonst immer bei ihr war, versprühte seinen ganzen Charme auf Bambi Lorrimore, und deren verdrehter Sohn hat nicht einmal den Mund aufgemacht. Die Australier sind noch im siebten Himmel.«

Er schilderte die Reaktionen einiger anderer auf die Szene vom Abend und sagte dann, er verlasse sich darauf, daß mir auch für die kommende Nacht ein glänzendes Stück vertrackter Handlung einfallen werde. Nicht zu reden, setzte er hinzu, von einer Lösung und einer Schlußszene für den Abend drauf, unseren letzten im Zug. Der Fall müsse aufgeklärt sein, bevor

Angus ein Galadiner unerhörten Ausmaßes, bestehend aus fünf Gängen, auf den Tisch zaubere.

«Ich hab mir das alles doch bloß so aus dem Ärmel geschüttelt«, sagte ich.

«Was Sie aus dem Ärmel schütteln, genügt uns völlig. «Er gähnte.»Um die Wahrheit zu sagen, wir brauchen mal frischen Wind.«

«Na ja… in Ordnung.«

«Wieviel bezahle ich Ihnen also?«

Ich war erstaunt.»Ich möchte kein Geld.«

«Seien Sie nicht albern.«

«Hm«, sagte ich.»Ich verdiene schon mehr als Tommy.«

Er blickte mich über sein Whiskyglas an.»Das überrascht mich eigentlich nicht.«

«Vielen Dank also«, sagte ich und meinte es ernst,»aber keine Gage.«

Er nickte und ließ es dabei bewenden: ein ehrliches Angebot, nüchtern abgelehnt. Alles, was er mir gezahlt hätte, wäre direkt aus seiner eigenen Tasche gekommen — völlig unannehmbar.

«Ach!«sagte er, sich offensichtlich an etwas erinnernd.»Nell bat mich, Ihnen das zu geben. «Er langte in eine Tasche und zog einen verschlossenen Umschlag hervor, den er mir reichte.»Nell Richmond «stand darauf und» Fotos, bitte nicht knicken«.

«Danke«, sagte ich erleichtert.»Ich dachte schon, er wäre nicht angekommen.«

Ich riß den Umschlag auf und fand drei identische Abzüge darin, aber keinen Brief. Die Bilder waren klar, gestochen scharf und plastisch, da ich gewohnheitsmäßig einen hochempfindlichen Schwarzweißfilm für die Fernglaskamera benutzte. Die von oben aufgenommene Person blickte seitlich hoch, so daß man ihre Augen nicht deutlich sehen konnte; doch die stark hervortretenden Backenknochen, die schmale Nase, die tiefen Augenhöhlen, die eckige Kinnlade und der an den Schläfen zurückgehende Haaransatz waren auf einen Blick zu erkennen. Ich reichte Zak einen der Abzüge, und er betrachtete ihn neugierig.

«Wer ist das?«sagte er.

«Darum geht’s. Wer ist das? Haben Sie ihn im Zug gesehen?«

Er betrachtete noch einmal das Foto, auf dem auch die Schulterund Halspartie zu sehen war, der Schafspelzkragen der Daunenjacke über irgendeinem Pullover und einem karierten, oben aufgeknöpften Hemd.

«Wirkt hart, der Mann«, sagte Zak.»Ist das ein militanter Gewerkschaftsagitator?«

Ich war verblüfft.»Wie kommen Sie darauf?«

«Weiß ich nicht. Er sieht so aus. Voller Eifer und Aggressivität. Die Rolle würde ich ihm geben.«

«Und würden Sie einen Gewerkschaftsagitator so auch darstellen?«

«Klar. «Er grinste.»Wenn er laut Manuskript ein Unruhestifter wäre. «Er schüttelte den Kopf.»Ich habe ihn weder im Zug noch sonst irgendwo gesehen, soviel ich weiß. Gehört er zu den Rennbahnbesuchern?«

«Ich bin mir nicht ganz sicher, aber er war auf dem Bahnhof Thunder Bay und auch auf der Rennbahn von Winnipeg.«

«Die Schlafwagenstewards werden es wissen.«

Ich nickte.»Ich frage sie noch.«

«Weswegen suchen Sie ihn?«

«Unruhestiftung.«

Mit einem Lächeln gab er mir das Foto zurück.»Entspricht seinem Typ«, meinte er nickend.

Er verabschiedete sich gemächlich, um schlafen zu gehen, und zeitig am nächsten Morgen rief ich Mrs. Baudelaire an, die klang, als stünde sie mit den Vögeln auf.

Ich bat sie, Bill auszurichten, daß die Fotos gut angekommen waren.

«Ah, schön«, sagte sie munter.»Haben Sie meine Zahlennachricht bekommen?«

«Ja, vielen Dank.«

«Val gab sie mir von London aus durch und hörte sich sehr zufrieden an. Er sagte, mit dem, was Sheridan Lorrimore in Cambridge angestellt hat, komme er nicht so gut weiter. Niemand tut den Mund auf. Er glaubt, das liegt an einer Spende für die neue Bibliothek, die an Sheridans altem College gebaut wird. Wie unmoralisch können Akademiker sein? Und Bill läßt Ihnen ausrichten, daß sie dieses Foto in den Ställen in Winnipeg herumgezeigt haben, aber niemand weiß, wer der Mann ist, außer daß er dort war und nach Lenny Higgs gefragt hat. Bill sagt, sie werden sämtlichen Rennsportleuten von Ontario, die sie erreichen können, das Bild zeigen und es vielleicht landesweit in den Rennblättern abdrucken.«

«Großartig.«

«Bill möchte wissen, welchen Namen Sie in dem Zug benutzen.«

Ich zögerte, und sie merkte das sofort und war hörbar gekränkt.

«Trauen Sie uns nicht?«

«Aber natürlich. Ich traue nur nicht allen, die im Zug sind.«

«Oh, ich verstehe.«

«Es war richtig, daß Sie Nell die Nachricht haben zukommen lassen.«

«Na, okay.«

«Geht es Ihnen gut?«fragte ich.

Aus dem Hörer kam:»Einen schönen Tag noch, junger

Mann«, und die Verbindung brach ab.

Bedauernd lauschte ich ihrem Schweigen. Ich hätte es besser wissen müssen. Ich wußte es besser, doch es schien unhöflich, nie zu fragen.

In Gedanken noch ganz bei ihr, zog ich Freizeitkleidung an, sprang die Feuertreppe hinunter und suchte mir einen unauffälligen Weg nach draußen, um nicht mit Fahrgästen zusammenzutreffen, die unterwegs zum Frühstück waren. Ich entdeckte einen guten Aussichtspunkt zum Beobachten der Vordertür, wanderte dann, die Strickmütze tief in die Stirn gezogen, ein wenig herum und kehrte an den Beobachtungspunkt zurück, kurz bevor die Spritztour mit dem Bus nach Banff losgehen sollte. Unter meinem marineblauen Blouson mit dem Reißverschluß trug ich das Fernglas für den Fall, daß ich nicht nah genug herankam, doch als ich dann am Kofferraum eines leeren, abgeschlossenen, parkenden Autos lehnte, was hoffentlich aussah, als wartete ich auf die Rückkehr des Fahrers, hatte ich auch ohne Fernglas hinreichend gute Sicht.

Ein großer hypermoderner Bus mit getönten Scheiben rollte an, stellte sich entgegenkommenderweise so, daß ich sehen konnte, wer vom Hotel aus hinging, und wenig später, nachdem der Fahrer im Hotel seine Ankunft gemeldet hatte, erschien Nell in einer warmen Jacke, Hose und Stiefeln und trieb lächelnd ihre Schäfchen in das dunkle Innere. Die meisten Passagiere gingen, wie es schien, auf Besichtigungstour, aber nicht alle.

Filmer kam nicht heraus. Ich wollte, daß er es tat, daß er ohne seinen Aktenkoffer erschien und für etliche Stunden wegfuhr; daß er mir die Gelegenheit gab, mir etwas auszudenken, um ungefährdet in sein Zimmer zu gelangen. Wollen nützte nichts. Julius Apollo mochte offenbar nicht gletscherwandern oder mit der Seilbahn durch die Lüfte surren und blieb entschlossen im Haus.