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Emil ließ die Champagnerkorken knallen. Angus lud seine saftigen, heißen Appetithappen aus dem Backofen auf Tabletts und präsentierte scheinbar aus dem Nichts die jetzt geschälten und geschnittenen Eier, garniert mit Kaviar und Zitronenschale auf dünnem, hartgeröstetem Brot. Wir verließen die Küche in einer kleinen Prozession, Emil und ich gossen den Schampus ein, Oliver und Cathy besorgten die Feinarbeit mit silbernen Vorlegezangen und gaben jedem das gewünschte Hors-d’reuvre auf den kleinen Teller.

Nell lachte lautlos über mich. Nun, das sah ihr ähnlich. Ich füllte ihr Glas, ohne eine Miene zu verziehen, und auch das von Giles, der einsatzbereit neben ihr am Gang saß.

«Danke«, sagte Giles in gelangweiltem Ton, als sein Glas voll war.

«Wohl bekomm’s, Sir«, sagte ich.

Er nickte. Nell preßte ihren lachenden Mund gegen ihr Glas, und die Leute, die ihr gegenübersaßen, merkten überhaupt nichts.

Als ich die Lorrimores erreichte, war Xanthe sichtlich nervös. Ich schenkte Bambi ein und sagte zu Xanthe:»Sie auch, Miss?«

Sie warf mir einen flackernden Blick zu.»Kann ich Cola haben?«

«Selbstverständlich, Miss.«

Ich schenkte Mercer und Sheridan Champagner ein und holte die Cola aus der Küche.

«Die mußt du bezahlen«, sagte Xanthe gepreßt zu ihrem Vater, als ich wiederkam.

«Wieviel?«fragte Mercer. Ich sagte es ihm, und er zahlte.

«Danke«, sagte er.

«Ich danke, Sir.«

Er wirkte zerstreut, nicht so auf Frieden und Versöhnung bedacht wie sonst. Xanthe riskierte noch einen halb verängstigten Blick auf mich und schien sehr beruhigt, als ich in keiner Weise auf unsere Begegnung oberhalb des Sees anspielte. Ich gestattete mir lediglich ein ganz leises ehrerbietiges Lächeln, das nicht einmal ihre Mutter mißbilligt haben könnte, wenn sie es gesehen hätte — doch wie Mercer schien auch sie mehr als sonst in Gedanken vertieft. Ich ging weiter zum nächsten Tisch und hoffte, daß Filmers süffisantes Grinsen und Mercers Trübsinn in keinem Zusammenhang standen, wenngleich ich befürchtete, sie könnten etwas miteinander zu tun haben. Dem Grinsen war der Trübsinn in den Speiseraum gefolgt.

Als Angus’ Cocktailhappen bis auf den letzten zarten Bissen verschlungen waren und die Sektgläser nachgefüllt, erschien Zak mit viel Trara für die lange Schlußszene. Als erstes, sagte er, müsse er bekanntgeben, daß Mavis Bricknells Schmuck bei der gründlichen Durchsuchung der Zimmer im Chateau nicht wieder aufgetaucht sei.

Mitleidsbekundungen für Mavis wurden laut, ein Spiel, an dem die Passagiere sich lebhaft beteiligten. Mavis nahm sie dankbar an.

Raoul kam in den Speisewagen gestürmt, voller Wut auf

Walter Bricknell, der ohnedies schon verstört wirkte.

Das gehe zu weit, sagte Raoul laut. Es sei schlimm genug, daß Walter ihn unverdientermaßen als seinen Trainer gefeuert habe, doch jetzt sei er dahintergekommen, daß Walter vom Chateau aus einen Brief an die Rennsportbehörde geschrieben habe, in dem es hieß, sein Pferd Calculator werde nicht in seinem — Walters — Namen in Vancouver antreten und Raoul nicht als sein Trainer genannt.

«Das ist ungerecht«, rief er.»Ich habe das Pferd gezielt auf diesen Lauf hin trainiert. Fünf Rennen habe ich mit ihm für Sie gewonnen. Jetzt legen Sie mich rein. Sie sind verdammt undankbar. Ich werde mich beim Jockey Club beschweren.«

Walter starrte vor sich hin. Raoul probierte es noch einmal. Walter sagte, er werde tun, was ihm passe, Calculator gehöre ihm. Wolle er das Pferd verkaufen… oder es verschenken… gehe das nur ihn allein etwas an und sonst niemand.

«Sie sagten doch gestern«, schrie Raoul,»wenn Sie keine Pferde hätten, die Sie laufen lassen könnten, würden Sie sich umbringen. Also bringen Sie sich um! Ist es das, was Sie vorhaben?«

Alle schauten entsetzt und ungläubig auf Walter.

Zak bat Walter um eine Erklärung. Walter sagte, es gehe Zak nichts an. Alles, was sich im Zug abspiele, gehe ihn etwas an, sagte Zak.»Dürften wir bitte alle erfahren«, fragte er Walter,»wer der neue Besitzer von Calculator sein wird?«

Nein, die Frage sei niemand gestattet. Verblüfft wiederholte Mavis sie dennoch. Walter wurde grob zu ihr, was niemand gefiel. Walter sah ein, daß es niemand gefiel, sagte aber, er könne es nicht ändern, er werde sich von Calculator trennen, und da das Pferd nur auf seinen, nicht auf Mavis’ Namen eingetragen sei, könne sie nichts dagegen tun. Mavis begann zu weinen.

Donna nahm Partei für ihre Mutter und griff ihren Vater verbal an.

«Du bist still«, sagte er zornig.»Du hast schon genug angerichtet.«

Pierre legte seinen Arm um Donnas Schultern und bat Walter, nicht so mit seiner Tochter zu reden. Er, Pierre, werde sich Geld leihen, um seine Spielschulden zu begleichen; er werde eine richtige Arbeit annehmen und sparen, bis alles bezahlt sei, und er werde nicht zulassen, daß Donna von ihrem Vater auch nur einen Penny annehme, und wenn er seine Schulden los sei, würden er und Donna heiraten und Walter könne nichts tun, um sie davon abzuhalten.

«Oh, Pierre«, heulte Donna und barg ihr Gesicht an seiner Brust. Pierre, in einem schneeweißen Hemd, legte beide Arme um sie, streichelte ihr Haar und sah sehr männlich, elegant und fürsorglich aus. Das Publikum klatschte ihm Beifall.

«Spitze«, meinte Cathy neben mir.»Ist er nicht süß?«

«Unbedingt.«

Wir standen in dem kleinen Küchenvorraum, sahen von der Kulisse aus zu, und wie das Leben so spielt, saßen die Leute, die mich am meisten interessierten, alle mit dem Rücken zu mir. Filmers Nacken, nicht weit entfernt, war steif vor Anspannung, und Cumber Young, einen Tisch weiter, war unwillkürlich aufgestanden, als Raoul Walter aufgefordert hatte, sich umzubringen, und beruhigte sich nur langsam, während Rose ihm gut zuredete. Mercer, der etwas über die Mitte hinaus an der rechten Seitenwand saß, hatte den Kopf geneigt und beobachtete das Geschehen nicht. Er hörte es jedoch zwangsläufig. Die Schauspieler riskierten durch die Bank eine Kehlkopfentzündung, damit einem selbst in der hintersten Ecke nichts entging.

Mavis versuchte ihr Glück bei Walter, zornig erst, dann flehend, dann sagte sie, sie könne ihn ebensogut verlassen, da sie ihm offensichtlich nichts mehr bedeute. Sie schickte sich an zu gehen. Walter, über alle Maße gepeinigt, murmelte ihr etwas zu, das sie jäh stehenbleiben ließ.

«Was?« sagte sie.

Walter murmelte noch einmal.

«Er sagt, er wird erpreßt«, rief Mavis schrill.»Wie kann man durch Erpressung jemand zwingen, ein Pferd abzutreten?«

Filmer, von den innen sitzenden Unwins an die linke Wand gedrückt, saß da, als habe er einen Besenstiel verschluckt. Mercer wandte den Kopf, um Walter anzustarren. Er hatte Filmer im Rücken, und ich fragte mich, ob er sich absichtlich so gesetzt hatte, damit er seinen neuen Bekannten nicht sah. Er saß neben Sheridan und gegenüber Bambi. Xanthe saß ihrem Bruder gegenüber, beide am Mittelgang. Ich konnte die Gesichter der Frau und des Mädchens sehen, dabei wollte ich die der Männer sehen. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, ich hätte mich am anderen Ende postiert, doch andererseits hätten sie mich dann vielleicht bemerkt — bemerkt, daß ich sie beobachtete anstatt das Geschehen.

Walter, der jetzt unter Druck stand, sagte laut, jawohl, er werde erpreßt und es liege gerade in der Natur der Erpressung, daß er nicht sagen könne, womit. Er weigerte sich kategorisch, darüber zu sprechen; er habe triftige Gründe und sei so wütend und erregt über den Verlust seines Pferdes, daß nicht alle noch über ihn herzufallen brauchten.

An wen er es denn verliere? fragte Zak. Denn derjenige, dessen Name in Vancouver auf dem Rennprogramm erscheine, sei doch wohl der Erpresser.

Nickende Köpfe. Walter sagte, dem sei nicht so. Der Erpresser habe ihm nur auferlegt, das Pferd wegzugeben.

«Wer bekommt es?«bohrte Zak.»Sagen Sie’s uns. Wir erfahren das ja doch bald. Am Dienstag bei den Rennen wissen wir’s.«