Выбрать главу

«Es klappt nicht«, sagte ich. Auch das Zahltelefon würde nicht gehen, hier draußen im Gebirge.»Wie stoppen wir den Canadian? Es muß doch Möglichkeiten geben aus der Zeit vor dem Funkverkehr.«

«Ja, aber…«Er sah gestreßt aus, jetzt wo ihm die ganze Ungeheuerlichkeit der Lage aufging.»Sie werden über die Schienen zurücklaufen und Lichtsignale setzen müssen.«

«Lichtsignale?«

«Fackeln, versteht sich. Sie sind jünger als ich… deshalb müssen Sie gehen. Sie sind schneller.«

Er öffnete einen Schrank in Georges Büro und zog drei Gegenstände heraus, jeder etwa einen Fuß lang, röhrenförmig, mit einem Metalldorn unten und einem körnigen Kopf. Sie sahen wie übergroße Streichhölzer aus, was sie im Prinzip auch waren.

«Man reißt sie auf einer rauhen oder harten Oberfläche an«, sagte er.»An einem Stein zum Beispiel, oder auf den Schienen; sie brennen leuchtend rot… Brenndauer zwanzig Minuten. Sie stecken… rammen den Dorn mitten auf die Holzschwellen zwischen den Schienen. Der Fahrer des Canadian wird anhalten, sobald er die Fackeln sieht. «Sein Verstand arbeitete fast schneller als seine Zunge.»Sie müssen eine halbe Meile gehen… so lange braucht der Canadian zum Anhalten… Schnell jetzt… aber mindestens eine halbe Meile. Und wenn keiner im Führerstand ist…«»Was soll das heißen«, fragte ich entgeistert,»wenn keiner im Führerstand ist?«

«Die Lokführer sind da nicht immer. Einer von ihnen spült regelmäßig den Kessel aus. der andere könnte auf dem Abort sein… Wenn sie nicht da sind — wenn sie die Signale nicht gesehen haben und der Zug nicht bremst —, dann müssen Sie noch eine Fackel anreißen und sie durchs Fenster in den Führerstand werfen. Wenn sie dann wieder reinkommen, bremsen sie.«

Ich starrte ihn an.»Das ist doch unmöglich.«

«Die werden schon da sein, die sehen die Fackeln. Gehen Sie jetzt. Beeilen Sie sich. Aber wenn’s sein muß, machen Sie’s so. Werfen Sie eine durchs Fenster. «Plötzlich riß er eine vierte Fackel aus dem Schrank.»Am besten nehmen Sie noch eine mit, für alle Fälle.«

«Für welchen Fall?«Was konnte denn da noch sein?

«Falls Bären kommen«, sagte er.

Kapitel 18

Mit einem Gefühl völliger Unwirklichkeit ging ich am Ende des Zuges vorbei und die einspurige Schienenstrecke entlang in Richtung Toronto.

Mit dem einen Arm drückte ich die vier Signalfackeln an meine Brust, in der anderen Hand hielt ich Georges hell strahlende Taschenlampe, um den Weg zu sehen.

Eine halbe Meile. Wie lang war eine halbe Meile?

Beeilen Sie sich, hatte Georges Stellvertreter gesagt. Die denkbar unnötigste Anweisung…

Halb ging, halb lief ich mitten auf dem Gleis voran, bemüht, immer auf das flache Holz der Schwellen zu treten, da die Steine dazwischen holprig waren und mein Tempo drosselten.

Bären… mein Gott.

Es war kalt. Es hatte aufgehört zu schneien, aber ein wenig Schnee lag… nicht genug, um mir Schwierigkeiten zu bereiten. Ich hatte vergessen, einen Mantel anzuziehen. Egal, die Bewegung würde mich warmhalten. Dringlichkeit und grimmige Angst würden mich warmhalten.

Ich bekam das Gefühl, daß es nicht vollkommen unmöglich war. Schließlich mußte es in den alten Zeiten oft so gegangen sein. Immer noch ein Standardverfahren, könnte man sagen. Die Fackeln hatten bereitgelegen. Dennoch war es ganz schön unheimlich, durch die Nacht zu laufen, während zu beiden Seiten schneeige, baumbestandene Felsenhänge aufragten und die beiden Schienen silbern vor mir in der Ferne schimmerten.

Ich sah die Gefahr nicht rechtzeitig, und sie brummte auch nicht; sie war kein Bär, sie hatte zwei Beine und war menschlich.

Er mußte sich im Schatten, den meine Taschenlampe warf,

hinter Felsen oder Bäumen versteckt gehalten haben. Ich sah seine Bewegung am äußersten Rand meines Gesichtsfeldes, nachdem ich ihn passiert hatte. Ich nahm einen hochgereckten Arm wahr, eine Waffe, einen ankommenden Schlag.

Es blieb kaum eine hundertstel Sekunde für instinktives Ausweichen. Ich beugte mich lediglich im Laufen ein Stück vor, so daß der Hieb meine Schultern traf, nicht meinen Kopf.

Es fühlte sich an, als wäre ich entzweigekracht, aber ich war es nicht. Füße, Hände, Muskeln, alles war intakt. Ich taumelte vorwärts, ließ die Fackeln und die Lampe fallen, ging auf ein Knie herunter, wußte, daß der nächste Schlag im Anmarsch war. Erst denken, dann handeln. mir fehlte die Zeit. Ich drehte mich zu ihm hin, nicht weg von ihm. Drehte mich nach innen, unter dem ausholenden Arm durch, kam hoch, stieß mit dem Kopf nach dem aggressiven Kinn, rammte mein Knie hart zwischen die auseinandergestellten Beine, schlug mit geballter Faust und gesammelter Wut nach dem Adamsapfel in seiner Kehle. Eins der vielen Dinge, die ich auf meinen Reisen gelernt hatte, war, wie man unsauber kämpft, und nie hatte ich das Wissen dringender gebraucht.

Er grunzte und ächzte vor dreifach unerwartetem Schmerz und brach in die Knie, und ich riß ihm das lange Stück Holz aus der erschlafften Hand und schlug es ihm selbst über den Kopf, hoffentlich fest genug, um ihn auszuknocken, aber nicht so fest, daß es ihn umbrachte. Er sackte lautlos mit dem Gesicht voran in den Schnee zwischen den Schienen, und als ich ihn mit dem Fuß herumdrehte, sah ich im schrägen Schein der Taschenlampe, die unbeschädigt einige Schritte entfernt lag, die hageren Gesichtszüge des Mannes namens Johnson.

Er hat wesentlich mehr abbekommen, als er gewohnt ist, schätzte ich und empfand eine starke Befriedigung darüber, die sicher verwerflich war, aber ich konnte nicht anders.

Ich bückte mich, packte ihn am Handgelenk und zerrte ihn unsanft über die Schiene hinweg in das Dunkel neben dem Gleis. Er war schwer. Außerdem trat der Schaden, den er mir zugefügt hatte, erst bei diesem Bewußtlosentransport richtig zutage. Er hatte mir zwar nicht das Rückgrat gebrochen, obwohl es sich so angehört hatte, doch irgendwo gab es da ein paar arg gequetschte Muskelfasern, die nicht voll einsatzfähig waren und schmerzhafte Protestbotschaften aussandten.

Ich hob die Taschenlampe auf und suchte nach den Fackeln, mehr und mehr in dem Bewußtsein, daß die Zeit drängte, daß sie davonlief. Ich fand drei Fackeln, konnte die vierte nicht entdecken, beschloß, keine Zeit mehr zu verlieren, dachte, die Bären müßten sich eben damit abfinden.

Bin wohl ein bißchen daneben, dachte ich. Nichts wie los jetzt. Ich war noch nicht annähernd eine halbe Meile vom Zug entfernt. Ich schwenkte den Strahl der Lampe dahin zurück, woher ich gekommen war, doch statt des Zuges sah ich nur eine Kurve, die ich zuvor nicht wahrgenommen hatte. Einen verzweifelten Augenblick lang wußte ich nicht mehr, aus welcher Richtung ich gekommen war: absoluter Schwachsinn, wenn ich jetzt verkehrt lief.

Denk nach, um Gottes willen.

Ich schwenkte die Taschenlampe nach beiden Seiten das Gleis entlang. Bäume, Felsen, silberne, parallel laufende Schienen, alles genau gleich.

Wo lang? Denk nach.

Ich ging in die eine Richtung, und es fühlte sich falsch an. Ich machte kehrt und ging zurück. Das war richtig. So fühlte es sich richtig an. Es war der Wind in meinem Gesicht, dachte ich. Ich war vorhin gegen den Wind gelaufen.

Das Gleis, die Schwellen schienen sich ins Unendliche zu erstrecken. Außerdem meinte ich bergan zu laufen. Vor mir lag eine weitere Rechtskurve.

Wie lange brauchte man für eine halbe Meile? Ich warf rasch einen Blick auf die Uhr, bog dabei mein Handgelenk, was irgendwo hoch oben weh tat, aber es war ein leiser Schmerz, nichts Beängstigendes. Ich konnte den Zeigern nicht glauben. Zehn Minuten erst… höchstens zwölf… seit ich losmarschiert war.

Normalerweise schaffte man in zehn Minuten leicht eine Meile… aber nicht über Schwellen und Steine.

Johnson hatte auf mich gewartet, dachte ich. Nicht auf mich persönlich — auf denjenigen, der mit den Signallichtern aus dem Zug gelaufen kam.