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Folglich wußte er, daß das Funkgerät nicht funktionierte.

Ich begann mich ernsthaft um den vermißten George zu sorgen.

Vielleicht hatte Johnson das heißgelaufene Achslager überhaupt erst fabriziert.

Johnson hatte gewollt, daß die Züge zusammenstießen, während er hinter ihnen in Sicherheit war. Johnson sollte weiß Gott keinen Erfolg haben.

Mit neuer Entschlossenheit, vielleicht auch endlich mit dem Gefühl, daß all dies wirklich geschah und daß ich tatsächlich den Canadian stoppen könnte, eilte ich weiter das Gleis entlang.

Georges Stimme klang mir im Kopf, wie er mir von dem Zank zwischen Johnson und Filmer erzählte. Filmer hatte Johnson aufgefordert, irgend etwas nicht zu tun; Johnson hatte geantwortet:

«Ich tu verdammt noch mal, was ich will. «Filmer konnte ihm gesagt haben, er solle keine Sabotageakte mehr gegen den Zug verüben, weil ihm klargeworden war, daß sich ohnehin Schwierigkeiten für ihn anbahnten, Schwierigkeiten, aus denen er sich vielleicht nicht herauswinden konnte, wenn etwas ganz Verheerendes geschah.

Johnson, einmal in Gang gesetzt, ließ sich nicht mehr aufhalten.

«Einen Zug bergrunter ins Rollen zu bringen ist leichter, als ihn zu stoppen, eh?«Johnson, seit jeher streitbar wie ein Zinshahn; der Ex-Eisenbahner, der gewalttätige Angstmacher.

Ich mußte weit über eine halbe Meile gelaufen sein, dachte ich. Eine halbe Meile hatte sich nicht weit genug angehört — der Zug selbst war ja eine Viertelmeile lang. Ich blieb stehen und sah auf die Uhr. Der Canadian würde schon in wenigen Minuten kommen. Vor mir lag noch eine Kurve. Ich durfte nicht zu lange warten.

Ich lief schneller, um die Biegung herum. Hundert Meter weiter vorn war die nächste Kurve, aber es mußte reichen. Ich legte die Taschenlampe neben das Gleis, rieb den Kopf einer Fackel fest über eine der Schienen und bat sie, beschwor sie, sich zu entzünden.

Sie zischte zu einer riesigen roten Stichflamme auf, auf die ich nicht gefaßt war. Beinah hätte ich sie fallen lassen. Ich rammte den Dorn in das Holz einer Schwelle.

Die Flamme brannte in einem leuchtenden Feuerrot, das man eine Meile weit gesehen hätte, wären die Schienen bloß gerade verlaufen.

Ich nahm die Taschenlampe und rannte um die nächste Kurve, während der Feuerbrand hinter mir den ganzen Schnee in Rosa tauchte. Nach dieser Biegung kam eine viel längere Gerade; ich lief ein gutes Stück, hielt dann wieder an, entzündete die zweite Fackel und stieß ihre Spitze in das Holz wie zuvor.

Der Canadian mußte fast dasein. Ich überblickte die Zeit nicht mehr. Der Canadian würde mit seinen hellen Scheinwerfern kommen und die Lichtsignale sehen und mit reichlich Spielraum anhalten.

Ich sah winzige Lichtpunkte in der Ferne. Ich hatte nicht gewußt, daß wir in einer besiedelten Gegend waren. Dann erkannte ich, daß die Lichter sich bewegten, sich näherten. Der

Canadian schien zuerst langsam heranzukommen… dann schneller… und er hielt nicht an… Kein Kreischen von hastig gezogenen Bremsen.

Schlimmes ahnend riß ich die dritte Fackel kräftig auf der Schiene an, zerbrach sie fast, hörte sie zischen, schwenkte sie neben dem Gleis stehend, neben der anderen Fackel, die im Holz steckte.

Der Canadian hielt voll drauf. Ich konnte gar nicht hinsehen, konnte es nicht fassen… Es war beinah unmöglich, die Fackel durch das Fenster zu werfen… das Fenster war zu klein, zu hoch oben und bewegte sich mit fünfunddreißig Meilen in der Stunde. Ich kam mir kümmerlich vor gegenüber der riesigen, dröhnenden gelben Masse der unerbittlich näher kommenden Lok mit ihren grellen Lichtern und ihrem nichtvorhandenen Gehirn.

Sie war da. Jetzt oder nie. Kein Gesichter, die aus dem Führerstand schauten. Ich brüllte verzweifelt:»Anhalten«, und der Laut verpuffte in der Bugwelle sich teilender Luft.

Ich warf die Fackel. Warf sie hoch, warf sie zu früh, verfehlte das leere schwarze Fenster.

Die Fackel flog daran vorbei, traf die Außenseite der Windschutzscheibe und fiel auf den vorspringenden Teil der Lok; dann war sie auch schon völlig außer Sicht, der ganze lange, schwere Zug rollte in stetem Tempo an mir vorüber, ließ den Boden erzittern, begrub die zweite Fackel, die ich ihm in den Weg gestellt hatte, unter sich. Er setzte seinen hirnlosen Kurs fort, fegte um die Kurve und war verschwunden.

Ich fühlte mich aufgelöst und krank, das Bewußtsein, versagt zu haben, ließ den Schmerz, den ich ignoriert hatte, wieder aufleben. Die Züge würden sich ineinanderbohren, würden ziehharmonikaförmig zusammengedrückt werden, sich zu einem todbringenden Chaos aufstülpen… Verzweifelt hob ich die Taschenlampe auf und trabte in die Richtung, in die der

Canadian gefahren war. Ich würde dem ins Auge sehen müssen, was ich nicht hatte verhindern können… würde helfen müssen, obwohl ich mich elend schuldig fühlte. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, daß der Canadian in den Wagen der Lorrimores hineindonnerte… irgend jemand hatte die Lorrimores sicher gewarnt… o Gott, o Gott… jemand mußte die Lorrimores gewarnt haben… und alle anderen auch. Sie würden alle aus dem Zug heraus sein, weg von den Schienen… Neil… Zak… alle.

Ich rannte um die Kurve. Vor mir, neben dem Gleis, lag noch brennend die Fackel, die ich geworfen hatte. Von der Lok gefallen. Die erste Fackel, die ich hundert Meter weiter vorn vor der nächsten Kurve gesetzt hatte, war völlig verschwunden, weggefegt vom Canadian.

Da war nichts. Kein Geräusch außer dem säuselnden Wind. Hilflos fragte ich mich, wann ich den Zusammenstoß hören würde. Ich hatte keine Ahnung, wie weit der Rennexpreß entfernt war; wie weit ich gelaufen war.

Mir wurde kalt, und mit bleiernen Füßen stapfte ich an der heruntergefallenen Fackel vorbei und weiter, um die nächste Biegung und um die lange Kurve, die danach kam. Ich hörte nicht das Kreischen in Metall hineinrasenden Metalls, obgleich es in meinem Kopf widerhallte. Sie mußten die Lorrimores gewarnt haben, unbedingt… Ich zitterte in diesen eisigen Bergen vor sehr viel mehr als Kälte.

Weit vor mir auf den Schienen waren zwei rote Lichter. Nicht grell und brennend wie die Fackeln, sondern klein und unscheinbar, wie Reflektoren. Ich fragte mich benommen, was es sein könnte, und erst als ich noch etwa fünfzig Schritte gegangen war, begriff ich, daß es keine Reflektoren waren, es waren Lichter… stehende Lichter… und ich lief wieder schneller, wagte kaum zu hoffen, sah dann aber, daß es tatsächlich die Rücklichter eines Zuges waren. des Zuges. es konnte nur einer sein… kein Krachen hatte die Nacht zerrissen… Der Canadian hatte angehalten. Ich fühlte mich von Erleichterung überflutet, den Tränen nahe, atemlos. Er hatte angehalten. keine Kollision. kein tragisches Unglück. er hatte angehalten.

Ich rannte auf die Lichter zu, sah jetzt den Großteil des Zuges im Schein der Taschenlampe, befürchtete unvernünftigerweise, die Lokführer würden wieder losfahren und beschleunigen. Ich lief, bis ich keuchte, bis ich den Zug berühren konnte. Ich lief an ihm entlang, sprintete jetzt, um ihnen möglichst schnell zu sagen, sie sollten nicht weiterfahren.

Mehrere Leute standen vorn bei der Lok im Freien. Sie sahen jemanden mit einer Taschenlampe auf sich zurennen, und als ich schon ziemlich nah bei ihnen war, rief einer von ihnen gebieterisch:

«Steigen Sie wieder ein. Wir können hier niemand gebrauchen.«

Ich verlangsamte zum Schrittempo, völlig außer Puste.»Ich, ehm…«rief ich,»ich komme aus dem Zug vor Ihnen. «Ich winkte die Schienen entlang, die leer waren, soweit man sie im Scheinwerferlicht des Canadian sehen konnte.

«Welchem Zug?«sagte einer von ihnen, als ich sie schließlich erreichte.

«Dem Rennzug. «Ich schnappte nach Luft. Mein Atem ging stoßweise.»Der Transkontinentale Erlebnis- und Rennexpreß.«