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«Dann wollen wir es besser mal röntgen, meinen Sie nicht?«

Ich war damit einverstanden und wartete anschließend eine Ewigkeit, bis er mit einem großen Zelluloidbogen wieder erschien, den er vor eine Lampe hängte.

«Nun also«, sagte er,»die gute Nachricht ist, daß wir keine gebrochenen Rippen oder angeknacksten Wirbel haben.«

«Schön. «Ich war erleichtert und vielleicht ein wenig überrascht.

«Was wir haben, ist ein gebrochenes Schulterblatt.«

Ich starrte ihn an.»Ich wußte nicht, daß das möglich ist.«

«Alles ist möglich«, sagte er.»Schauen Sie da«, er zeigte,»das ist ein Bruch erster Ordnung. Geht quer rüber, geht glatt durch. Der untere Teil Ihres linken Schulterblatts«, erklärte er fröhlich,»ist vom oberen quasi getrennt.«

«Hm«, sagte ich verblüfft.»Was macht man da?«

Er schaute mich über die Halbmonde hinweg an.»Nageln wäre vielleicht übertrieben, was? Ein fester Verband, vierzehn Tage Ruhigstellung, damit schaffen wir’s.«

«Was ist«, sagte ich,»wenn wir gar nichts daran machen? Heilt es dann auch?«

«Wahrscheinlich. Knochen sind bemerkenswert. Zumal junge

Knochen. Sie könnten es mit einer Armschlinge versuchen. Bequemer wär’s aber, Sie ließen mich den Arm mit einem Pflasterverband, Haut auf Haut, unter Ihrem Hemd auf Ihre Seite und Ihre Brust fixieren.«

Ich schüttelte den Kopf und sagte, ich hätte eine Art Hochzeitsreise nach Hawaii vor.

«Leute, die mit Knochenbrüchen in die Flitterwochen fahren«, sagte er mit unbewegtem Gesicht,»müssen allerhand zu lachen haben.«

Ich lachte auf der Stelle. Ich bat ihn um einen schriftlichen Befund und um die Röntgenaufnahme, bezahlte ihm beides und trug meine Beweise davon.

Auf dem Rückweg zum Hotel hielt ich an einer Apotheke und kaufte mir einen Stützverband aus schwarzem Tuch, den ich probehalber im Laden anlegte und mit dem ich mich viel besser fühlte. Ich trug ihn auch, als ich am Abend meine Besucher einließ, erst den Brigadier nach seiner Ankunft aus Heathrow, dann Bill Baudelaire, der aus Toronto kam.

Bill Baudelaire blickte sich in dem Salon um und bemerkte dem Brigadier gegenüber, wie üppig doch mein Spesenkonto sei.

«Von wegen Spesenkonto!«sagte der Brigadier und trank von meinem Scotch.»Er bezahlt das aus eigener Tasche.«

Bill Baudelaire sah bestürzt aus.»Das können Sie doch nicht zulassen«, sagte er.

«Hat er’s Ihnen nicht erzählt?«lachte der Brigadier.»Er ist so reich wie Krösus.«

«Nein… das hat er mir nicht erzählt.«

«Er sagt es nie jemandem. Er hat Angst davor.«

Bill Baudelaire mit seinem karottenroten Haar und dem narbenbedeckten Gesicht sah mich voller Neugierde an.

«Weshalb üben Sie diesen Beruf aus?«fragte er.

Der Brigadier gab mir keine Gelegenheit zu antworten.»Womit soll er sich denn sonst die Zeit vertreiben? Mit Backgammon? Das Spiel hier ist besser. Hab ich’s erfaßt, Tor?«

«Das Spiel hier ist besser«, stimmte ich zu.

Der Brigadier lächelte. Obwohl er kleiner war als Bill Baudelaire und älter und magerer, mit hellerem, gelichtetem Haar, schien er doch mehr Raum einzunehmen. Ich war vielleicht einen halben Kopf größer als er, hatte aber immer den Eindruck, zu ihm aufzuschauen, nicht auf ihn herunter.

«Also an die Arbeit«, schlug er vor.»Strategie, Taktik, Angriffsplan.«

Er hatte einige Papiere aus England mitgebracht, denen noch andere folgen sollten, und er breitete sie auf dem Couchtisch aus, so daß wir sie alle einsehen konnten.

«Sie haben richtig vermutet, Tor, daß der absenderlose Bericht über die Katzen ein Computerausdruck war. Der Rektor des College wurde heute morgen um acht — das muß hier um Mitternacht gewesen sein — von Mercer Lorrimore telefonisch ermächtigt, uns alles zu erzählen, wie Sie es erbeten hatten. Der Rektor nannte uns den Namen des von ihm beauftragten Veterinärlabors und schickte uns ein Fax des Briefes, den er vom Labor erhalten hatte. Ist das der gleiche wie in Filmers Aktenkoffer, Tor?«

Er schob mir ein Schriftstück zu, und ich warf einen Blick darauf.»Identisch, bis auf den Briefkopf.«

«Gut. Das Veterinärlabor hat bestätigt, daß der Brief in ihrem Computer gespeichert ist, aber sie wissen bisher nicht, wie ein Ausdruck davon in fremde Hände gelangen konnte. Wir prüfen das noch. Sie ebenfalls. Es gefällt ihnen nicht, daß es passiert ist.«

«Wie steht’s mit einer Liste ihrer Angestellten«, sagte ich,»einschließlich Zeitsekretärinnen und Azubis mit HackerAmbitionen?«

«Wo haben Sie nur diese Ausdrücke her?«verwahrte sich der Brigadier. Er präsentierte ein Namensverzeichnis.»Das ist das Beste, was sie bieten können.«

Ich las die Liste durch. Keiner der Namen war mir bekannt.

«Müssen Sie die Verbindung wirklich kennen?«fragte Bill Baudelaire.

«Es sähe besser aus«, sagte ich.

Der Brigadier nickte.»John Millington arbeitet daran. Wir telefonieren vor dem morgigen Treffen noch mit ihm. Jetzt zum nächsten Punkt«, er wandte sich an mich.»Die Auflassung, die Sie in der Aktentasche gesehen haben. Wir haben Ihren Tip befolgt und uns beim Grundbuchamt nach der Nummer SF90155 erkundigt. «Er kicherte mit dem ganzen Vergnügen eines George Burley.»Dafür allein hätte sich Ihre Reise schon gelohnt.«

Er erklärte, warum. Bill Baudelaire sagte mit großer Befriedigung:»Dann haben wir ihn ja«, und die gemeinsamen Oberbefehlshaber begannen zu überlegen, in welcher Reihenfolge sie ihre Breitseiten abfeuern würden.

Julius Apollo betrat am Dienstagmorgen ein reserviertes Besprechungszimmer hoch oben in den Tribünenbauten von Exhibition Park, um, wie er dachte, die Bestätigung zu unterschreiben und entgegenzunehmen, daß er alleiniger Besitzer von Laurentide Ice war, der an diesem Nachmittag in seinem Namen starten würde. Das Zimmer war der Konferenzraum des Rennvereinspräsidenten, ausgestattet mit einem Schreibtisch und drei bequemen Lehnstühlen auf der einen Seite und einem von acht ebensolchen Stühlen umgebenen Tisch auf der anderen. Der Eingang vom Flur her lag in der Mitte zwischen den beiden Gruppierungen; nach rechts ging es zum Schreibtisch, nach links zum Konferenztisch. Ein rehbrauner Teppich bedeckte den Boden, Bilder von Pferden bedeckten die Wände, weiches gelbes Leder bedeckte die

Lehnstühle: eine Mischung aus Komfort und Funktionalität, ohne Fenster, aber mit interessanter indirekter Deckenbeleuchtung.

Als Filmer eintrat, saßen beide Sicherheitschefs hinter dem Schreibtisch; drei hochgestellte Mitglieder des Vancouver Jockey Club und der Rennsportkommission von British Columbia saßen am Konferenztisch. Sie sollten dem Verfahren Gewicht verleihen und es hinterher bezeugen, hatten sich aber entschlossen, nur als Beobachter dort zu sein, und eingewilligt, nicht dazwischen zu fragen. Sie würden sich Notizen machen, sagten sie, und wenn nötig anschließend Fragen stellen.

Drei weitere Personen und ich warteten auf der anderen Seite einer geschlossenen Tür, die von der Konferenztischhälfte des Zimmers in einen Anrichteraum und von dort auf den Flur führte.

Als Filmer eintraf, ging ich den Flur entlang, sperrte die Tür ab, durch die er eingetreten war, und steckte den Schlüssel in die Tasche meines grauen, bis zum Hals zugeknöpften Regenmantels. Dann kehrte ich durch den Flur in den Anrichteraum zurück und stellte mich leise zu den anderen, die dort warteten.

Ein Mikrofon stand auf dem Schreibtisch vor den Sicherheitschefs, ein weiteres auf dem Konferenztisch, und beide waren mit einem Kassettenrecorder verbunden. Draußen im Anrichteraum gab ein Verstärker leise alles wieder, was drinnen gesprochen wurde.

Bill Baudelaires tiefe Stimme begrüßte Filmer, bat ihn, auf dem Lehnstuhl vor dem Schreibtisch Platz zu nehmen, und sagte:

«Brigadier Catto kennen Sie doch sicher?«

Da die beiden sich schon unzählige Male böse angefunkelt hatten, kannte er ihn, ja.