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»Och wos«, sagte Hugo. »Dos würkt nur boi Mön- schön.«

»Schade«, sagte Hedwig Kümmelsaft und hob war­nend den Finger.

Der GEMEG-Seismograph begann zu surren und zu blinken, erst gelb, dann rot, dann schimmelgrün.

»Auf die Zungen beißen!« zischte Hedwig Kümmel­saft. »Und lutschen! Lutschen!«

Vor der Tür war ein leises Murmeln zu hören und dann ein Scharren, als kratzten Fingernägel über das alte Holz.

»Huuuundsfotttigge Niederlingeeeee!« hauchte eine scheußlich dumpfe Stimme. »Jämmerliche - Iiiihiiiiiihii- ii!« Mit einem spitzen Kreischen brach sie ab, und draußen ging ein Gepolter los, als tanzten riesige Füße auf den alten Eichendielen. Dann wehte ein eisiger Hauch unter der Tür hindurch, das Gespenst kreischte noch einmal schrill - und dann war es wieder still.

Tom grinste zufrieden. »Türsicherung hält. Ja, ja, Salz ist für Geisterfüße eine fiese Sache. Hugo, laß bloß deine Schuhe an, ich werd' in der ganzen Burg Salz streuen, klar?«

»Klooor«, säuselte Hugo.

»Gut«, Hedwig Kümmelsaft hängte sich den Strom­wärmewandler über die Schulter. »Machen wir uns an die Arbeit.«

Tom nahm seine Salzwasserspritze und den tragba­ren GEMEG-Seismographen in die Hand, und Herr Wurm gab seiner Frau einen Abschiedskuß.

»Nimm den Kaffee mit, Liebling«, sagte Frau Wurm und drückte ihrem Mann die Thermosflasche in die Hand. »Ein starker Kaffee hilft immer.«

Da war Tom sich zwar nicht so sicher, aber den Kommentar verkniff er sich. Statt dessen öffnete er vorsichtig die Tür, und als der GEMEG-Seismograph keinen Pieps von sich gab, stiegen die drei über die Schlammpfütze, die das Gespenst hinterlassen hatte, und machten sich auf den Weg.

Ein Netz voller Geister

»Zuerst zum Sicherungskasten«, sagte Frau Kümmelsaft. 

»Oh, dafür benutzen wir am besten den alten Geheimgang«, sagte Herr Wurm. »Sonst müßten wir nämlich extra nach draußen.«

Er führte die beiden Gespensterjäger durch mehrere lange Flure, bis sie in einen Saal kamen, dessen Holz­täfelung besonders kunstvoll mit Schnitzereien verziert war.

»Wo war es denn noch?« murmelte Herr Wurm. »Ah ja.«

Mit schnellen Schritten ging er an der linken Wand entlang. Etwa in der Mitte blieb er stehen und tastete suchend über die geschnitzten Fratzen, Ranken und Tierfiguren.

»Was sieht am scheußlichsten aus?« fragte er Tom.

»Das da.« Tom zeigte ohne Zögern auf eine Fratze mit aufgerissenem Maul.

Herr Wurm steckte seine Hand zwischen die nadelspitzen Holzzähne. Klack, machte es leise, und rechts von ihnen schwang ein Stück Täfelung nach innen. Gebückt schlüpften sie hindurch. Direkt hinter dem Eingang hing eine alte Laterne. Herr Wurm zündete sie an und führte Tom und Frau Kümmelsaft über eine muffig riechende Treppe in die Tiefe. Tom zählte die Stufen, aber irgendwann gab er es auf. Endlich schob Herr Wurm den Deckel eines riesigen

Herr Wurm den Deckel eines riesigen Weinfasses zur Seite, und die drei standen im Keller der Burg.

»Interessante Tarnung«, murmelte Tom.

Neugierig sah er sich um. Mächtige Kreuzgewölbe trugen die Burgmauern. Zwischen ihnen stapelten sich Kisten, Bretter und Haufen alter Steine. Ein paar Rat­ten huschten ins Dunkel.

Riesige Spinnweben hingen wie staubgraue Vorhän­ge von der Decke.

»Mann, hier würde es Hugo gefallen«, sagte Tom. Er blickte auf den GEMEG-Seismographen, aber der gab keinen Ton von sich. »Unsere Baronin mag wohl keine feuchten Keller.«

»Oh, ich glaube, das hat einen anderen Grund«, sagte Hedwig Kümmelsaft. »Sind dir die kleinen Bißspuren hier überall noch nicht aufgefallen? Und die bläulichen Schleimspuren ringsum? Hier wimmelt es von WIBEIGEIs.«

»Wi - ehm, wie? WIBEIGEIs?« fragte Herr Wurm beunruhigt.

»Winzige beißende Geister«, erklärte Tom. »Harm­lose Dinger, für Menschen völlig ungefährlich. Aber ih­re großen Artgenossen haben ziemlichen Respekt vor ihnen. Die WIBEIGEIs knabbern ihnen nämlich Löcher in die Schwabbelhülle. Manchmal zwacken sie ihnen sogar ganze Körperteile ab. Das bringt die großen ziemlich durcheinander, und sie verbrauchen unheim­lich viel Spukenergie, um sich wieder zusammenzuset­zen. Deshalb traut sich Ihr Burggespenst wahrschein­lich nicht hier runter.«

»Wie sehen diese, diese WIBEIGEIs denn aus?« fragte Herr Wurm. Unbehaglich sah er sich um.

»Och, etwa so groß wie 'ne Apfelsine«, sagte Tom. »Und auch ungefähr die Form, aber die kleinen Biester sind grün wie Flaschenglas und haben lange spitze Zähne.«

»Aha«, murmelte Herr Wurm. Von da an guckte er sich in einem fort hektisch um, aber nur zweimal huschte ihnen ein kleines Rudel WIBEIGEIs über den Weg.

»Vielleicht sollten wir ein paar mitnehmen«, schlug Tom vor. »Um die Baronin ein bißchen zu ärgern.«

»Keine schlechte Idee«, sagte Hedwig Kümmelsaft. »Erledige du das, wir gehen schon mal zum Siche­rungskasten.« »Hier entlang«, sagte Herr Wurm, und schon waren er und Frau Kümmelsaft hinter dem nächsten Pfeiler verschwunden. Tom blieb allein in der Dunkelheit zurück.

»Na, dann«, murmelte er und zog aus seinem Ruck­sack eine Tüte mit klebrigen, kleinen Papierstreifen, die scheußlich nach Mäusedreck rochen, dem Lieb­lingsduft der WIBEIGEIs.

»Kommt, kommt, ihr kleinen Dinger«, flüsterte Tom, während er die Papierstreifen auf dem Boden auslegte. »Kommt, wir haben nicht viel Zeit.«

Er zog ein Netz aus der Hosentasche und versteckte sich damit hinter einem Stapel großer Steine. Lange

brauchte er nicht zu warten. Erst tauchte nur eine Rat­te auf, die interessiert an seinen Schuhen schnüffelte, aber dann war plötzlich das leise Knurren zu hören, das so typisch für die WIBEIGEIs ist.

Flackernd schwebten sie näher, acht waren es. Ihre kleinen Augen leuchteten in der Dunkelheit. Knurrend näherten sie sich den Papierchen, schubsten sich ge­genseitig weg und schnappten mit spitzen Zähnen nacheinander - bis plötzlich drei von ihnen festklebten. Kreischend versuchten sie sich zu befreien, während ihre Artgenossen mit aufgeregtem Geheul das Weite suchten.

Tom sprang blitzschnell heran, warf das geistersi­chere Netz über die drei und stopfte sie in seinen Rucksack. Wütend bohrten sie ihre Zähnchen in seine Hand, aber alles, was er spürte, war ein feines Kitzeln. Für Menschenhaut waren die Geisterzähnchen der WI- BEIGEIs vollkommen harmlos.

»Hast du welche?« fragte Hedwig Kümmelsaft.

Herr Wurm leuchtete Tom mit der Laterne ins Ge­sicht.

»Klar«, antwortete Tom und grinste. »Habt ihr die Sicherungen gefunden?«

Hedwig Kümmelsaft nickte. »Jetzt ist unser Ge­spenst auf Diät.«

»Hugo«, raunte Tom ins Funkgerät. »Alles in Ord­nung bei euch?«

»Ollös ün Ordnung«, säuselte Hugo.

»Gut«, sagte Tom. »Dann gehen wir jetzt am besten in die Bibliothek.«

Als Herr Wurm die Tür der Burgbibliothek öffnete, wehte ihnen ein eiskalter Wind entgegen. Die großen Fenster standen weit offen, und Tom hörte, wie drau­ßen der Regen in den Burggraben prasselte.