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»Willkommen im Dobelle-System.« Perrys Stimme drückte exakt das Gegenteil seiner Worte aus. Er nahm Louis Nenda das Zugangsgesuch ab und überflog dieses kurz. »In Ihrem ursprünglichen Gesuch hatten Sie nur kaum verwertbare Gründe genannt, warum Sie Erdstoß aufsuchen wollen. Sind hier weitere Details angegeben?«

»Aber klar doch!« Nendas Auftreten war ebenso forsch wie sein Gang. »Ich möchte Landgezeiten mit großem Tidenhub beobachten, und welcher Ort wäre dazu geeigneter als Erdstoß? Während des Gezeitensturms natürlich. Es gibt damit doch keine Probleme, oder?«

»Erdstoß ist während des Gezeitensturms gefährlich. Jetzt, wo Amarant sich so weit annähert, noch gefährlicher denn je.«

»Mann, wegen ein paar Gefahren mach ich mir doch keinen Kopf!« Nenda warf sich in die Brust und fuhr fort: »Kallik und ich, wir meistern Gefahren noch vor dem Frühstück! Wir waren unten auf Biskuitrolle, als die da diesen Hyperbrand hatten. Neun Tage haben wir in einem Luftwagen verbracht, sind die ganze Zeit immer durch die Schatten von Biskuitrolle gerast, damit wir nicht geröstet werden, und haben nicht mal ’nen Sonnenbrand abgekriegt. Und davor waren wir auf dem vorletzten Schiff, das in letzter Sekunde von Castlemain weggekommen ist!« Er lachte. »Echt Glück gehabt, wie immer: Das letzte Schiff, das weggekommen ist, hatte keinerlei Vorräte an Bord, und bis zum nächsten Bose-Knoten mussten die vierzig Tage lang kriechen. Die haben einander aufgefressen. Aber wenn Sie ’ne wirklich interessante Story hören wollen, dann sollte ich Ihnen erzählen, was auf Mauseloch passiert ist …«

»Sobald wir die Zeit gefunden haben, uns mit Ihrem Gesuch zu befassen!« Perry warf Nenda einen finsteren Blick zu. Schon nach einer einzigen Minute war ihm klar, dass dieser Neuankömmling nicht gerade begeistert reagieren würde, wenn man sein Gesuch abschlägig beschied. »Wir werden Sie zu Ihrer vorläufigen Unterkunft geleiten, dann haben wir hier eine Besprechung. Gibt es irgendetwas Besonderes, was er …«, er deutete auf den Hymenopter, »zum Essen braucht?«

»Sie. Kallik ist ein Weibchen. Nein, sie frisst alles. Genau wie ich.« Nenda lachte, ohne eine Spur von Belustigung. »He, ich hoffe, Sie meinen nicht das, wonach es klingt. Oder was soll das mit ›dann haben wir hier eine Besprechung‹? Der Weg hierher war verdammt lang. Echt zu weit, um jetzt hier erst noch von einer Dienststelle zur anderen weitergereicht zu werden!«

»Wir werden sehen, was wir tun können.« Perry blickte auf Kallik hinab. Als sie gehört hatte, wie zornig Louis Nendas Stimme klang, hatte sie ihren gelben Stachel ein paar Zoll weit herausgeschoben. »Ich bin mir sicher, dass wir uns zumindest auf eines einigen können: Sie wollen nicht Erdstoß aufsuchen und da umkommen.«

»Machen Sie sich um uns mal keine Sorgen! So leicht bringt uns nichts um. Geben Sie dem Gesuch einfach nur statt und lassen Sie mich da rüber! Es braucht schon ein bisschen mehr als bloß Erdstoß, um mich zu erledigen.«

Möglicherweise stimmte das sogar. Rebka blickte Perry und den Neuankömmlingen hinterher, als der Commander die Gäste wie versprochen zu ihrer Unterkunft geleitete. Erdstoß war gefährlich, daran bestand kein Zweifel; sollte jedoch Selbstbewusstsein Schutzschildcharakter besitzen, dann schwebte dieser Louis Nenda nirgendwo in Gefahr. Möglicherweise war es Erdstoß, der hier Schutz benötigte.

»Ich würde gerne Ihre Empfehlungen dazu hören, Commander.«

Aber anschauen will Perry mich nicht, dachte Rebka. Er glaubt, meine Entscheidung bereits zu kennen. Aber er täuscht sich — weil ich sie selbst noch nicht weiß.

»Ich bin dagegen, Besuchern während des Gezeitensturms Zugang zu Erdstoß zu gewähren, wie Sie wissen.« Perrys Stimme war kaum hörbar, sein Gesicht noch bleicher als sonst.

»Sie wollen keinen Zugang zu Erdstoß — für niemanden?«

»Für niemanden!«

»Ihnen ist klar, dass Graves sich einfach über uns hinwegsetzen wird, egal wie wir hier entscheiden? Er hat die entsprechende Befugnis, jederzeit, wann immer er will, auf Erdstoß nach diesen Carmel-Zwillingen zu suchen.«

»Er hat diese Befugnis, und wir beide gehen davon aus, dass er auch dorthin aufbrechen wird. Aber diese Befugnis wird ihn nicht schützen. Während des Gezeitensturms ist es auf Erdstoß wirklich lebensgefährlich.« Das letzte Wort betonte Perry noch zusätzlich.

»Also gut. Was ist mit den anderen? Die sind bereit, an das Dobelle-System nicht unbeträchtliche Summen zu zahlen, um das Privileg zu erhalten, Erdstoß aufzusuchen.«

»Ich würde ihren Anträgen sofort zustimmen — nach dem Ende des Gezeitensturms selbstverständlich. Darya Lang kann ›Nabelschnur‹ studieren, ohne sich auf der Oberfläche des Planeten aufhalten zu müssen; Atvar H’sial hat das ganze restliche Jahr Zeit, sich verschiedene Spezies unter Umweltstress anzuschauen.«

»Keiner der Antragsteller wird Ihrer Argumentation folgen wollen. Verwehren wir denen also den Zugang zu Erdstoß, verlieren wir sie als Besucher und das Geld, das sie an das Dobelle-System zahlen würden. Was ist mit Louis Nenda?«

Endlich blickte Perry Rebka doch in die Augen, und auf einmal klang seine Stimme völlig anders. Er brachte sogar ein Lächeln zustande. »Der lügt, oder nicht?«

»Davon bin ich zumindest überzeugt.«

»Und er ist nicht sonderlich gut dabei.«

»Das ist dem völlig egal. Schließlich hätte er sich eine etwas glaubwürdigere Story ausdenken können. Ich habe das Gefühl, dass er so ziemlich der letzte Mensch im ganzen Spiralarm ist, der sich für Landgezeiten interessiert — ich bin wirklich versucht, Steven Graves zu bitten, diesem Nenda ein paar Fachfragen zu diesem Thema zu stellen. Aber damit würden wir auch nichts erreichen. Er hat einen weiten Weg hierher zurückgelegt, beinahe neunhundert Lichtjahre — es sei denn, auch das wäre eine Lüge. Aber er kommt auf jeden Fall aus der Zardalu-Gemeinschaft, und die ist mindestens vier Bose-Knoten von hier entfernt. Irgendwelche Ideen, was er wirklich hier sucht?«

»Ich habe keine Ahnung.« Nun wurde Perry wieder schweigsam und blickte irgendwo in die Ferne. »Aber ich glaube nicht, dass er der Einzige ist, der hier lügt. Der Antwort auf die Anfrage über Dana Lang nach, die Sie an den Nachrichtendienst des Kreises geschickt haben, ist sie die Expertin für Baumeister-Artefakte, für die sie sich ausgibt. Damit kennen wir aber immer noch keinen glaubwürdigen Grund, warum sie die Oberfläche von Erdstoß unbedingt aufsuchen will. Sie könnte ihre gesamte Arbeit hier machen oder auf ›Nabelschnur‹ selbst! Aber ob sie uns nun die Wahrheit erzählt oder nicht, macht meines Erachtens überhaupt keinen Unterschied. Sie haben nach meiner Empfehlung gefragt. Hier ist sie: kein Zugang für Lang, kein Zugang für Atvar H’sial, kein Zugang für irgendwen, bis der Gezeitensturm vorbei ist. Und wenn Graves meint, sich über uns hinwegsetzen zu müssen, dann ist das ganz allein seine Sache.«

»Sie würden ihn also allein nach Erdstoß lassen?«

»Großer Gott, nein!« Perry war ernstlich entsetzt. »Dann können Sie ihn genauso gut gleich hier umbringen! Ich werde ihn begleiten.«

»Das habe ich mir gedacht.« Rebka hatte sich entschieden. »Ich werde auch mitkommen!«

Wenn auch aus ganz anderen Gründen, dachte er. Wenn ich nämlich den anderen den Zugang zu Erdstoß gestatte, dann erfahre ich vielleicht den Grund, warum die alle so scharf darauf sind. Aber wenn ich ihnen den Zugang verwehre, dann erfahre, wie scharf sie wirklich darauf sind! Und wahrscheinlich zwinge ich so den einen oder anderen dazu zu handeln. Und wie man mit einer solchen Situation umgeht, das weiß ich.