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Ungeachtet des allgemeinen Selbst-Bewusstseins, das dieses Artefakt zeigt, ist es gewiss als gesichert anzunehmen, dass ›Elefant‹ in der Lage ist, eine Funktion als allgemeine Rechnereinheit zu übernehmen, ob nun im Ganzen oder nur teilweise. Den bahnbrechenden Arbeiten von Demerle und T’russig gemäß wurde ›Elefant‹ ausgiebigst bei Aufgaben eingesetzt, bei denen enorme Speicherkapazität und eine gemäßigte Rechengeschwindigkeit erforderlich waren.

Wenn es sich bei ›Elefant‹ tatsächlich um eine intelligente, selbst-bewusste Wesenheit handelt, dann ist die Frage nach dem Sinn und der möglichen Nutzbarkeit in jeder Hinsicht unangemessen. Es ist offenkundig dringend erforderlich, ausgefeiltere Untersuchungsmethoden zu entwickeln, anhand derer das Vorhandensein eines ›Selbst-Bewusstseins‹ klarer überprüft werden kann.

— Aus Langs Universal-Katalog der Artefakte, Vierte Auflage.

16

Gezeitensturm minus sieben

»Das ist wie bei einer Schatzsuche«, meinte Graves. Er ging voran, mit langsamem, stetigem Schritt. So wie er die Hände hinter der Rücken verschränkt hatte und mit seiner ganzen gelassenen, entspannten Art wirkte er wie ein nachdenkliches Skelett, das einen Nachmittagsspaziergang genoss. »Das alte Spiel für den Kindergeburtstag. Erinnern Sie sich?«

Max Perry starrte ihm hinterher. Er war auf einer Welt aufgewachsen, die zu rau und zu abgelegen gewesen war, um ihm den Luxus zu gestatten, so etwas wie Kinderspiele und Kindergeburtstage kennen zu lernen. ›Etwas zu essen‹ war immer der beste Schatz gewesen, den er hatte finden können. Und das beste Spiel, das ihm im Augenblick einfiel, hieß ›Überleben‹.

»Man bekommt Hinweise«, fuhr Graves fort. »Erst das Funkfeuer. Dann die Richtungsanzeige, dann die geheimnisvollen Höhlen. Und dann — wenn man Glück hat — den Schatz!«

Der Flugwagen hatte auf einem bröckeligen, stark erodierten Plateau in der Wildnis zwischen den Eintausend Seen und dem äußersten Randgebiet der Pentacline-Senke aufgesetzt. In diesem Niemandsland war der weiche Fels immer weiter ausgespült worden, sodass es überall tiefe Tunnel und Dolinen mit glatten Wänden gab, als hätte ein alternder Riese mit Fensterkitt gespielt und ihn mit verkrümmten, arthritischen Fingern geknetet und Löcher hineingestochen. Diese Löcher, teilweise mehrere Meter breit, verliefen aufs Geratewohl in allen möglichen Winkeln zur Oberfläche. Manche fielen fast senkrecht ab, andere waren nur so schwach geneigt, dass man problemlos darin hätte hinunterspazieren können.

»Seien Sie vorsichtig!« Perry verabscheute diese Sorglosigkeit, die Graves hier an den Tag legte. »Sie wissen nicht, wie instabil die Seitenwände sind — und Sie wissen auch nicht, was sich am Boden einer solchen Öffnung befinden könnte! Dieses ganze Gebiet hier stellt einen der Rückzugsorte für die Tiere von Erdstoß da, die sich in Sommerschlaf begeben!«

»Entspannen Sie sich! Hier befindet sich nichts Gefährliches, alles ist ungefährlich.« Graves trat näher an den Rand einer der Löcher heran; plötzlich aber musste er behände einen Satz rückwärts machen, als der Felsboden unter seinen Füßen wegbrach und in kleinen Bröckchen in das Loch hinunterpurzelte. »Alles ungefährlich«, wiederholte er. »Das Loch wollten wir uns sowieso nicht genauer ansehen. Folgen Sie mir einfach!«

Wieder ging er voran, blieb dabei am Rande des gefährlichen Terrains. Perry folgte ihm in, wie er hoffte, sicherer Entfernung. Nachdem beide Männer damit gerechnet hatten, an dem Ort, von dem das Notsignal stammte, einen weiteren Flugwagen, womöglich abgestürzt, vorzufinden, waren sie doch sehr überrascht, dass dort nichts anderes als nur eine allein stehende Notbake zu finden gewesen war. Daneben, als schwarze Linie auf dem kalkig weißen Fels, war ein Pfeil zu erkennen. Er deutete geradewegs in den dunklen, steilen Tunnel, an dessen Eingang Graves im Augenblick stand und sich nun ein wenig unsicher fühlte. Neben dem Pfeil, in ungelenker Schrift, standen die Worte: »Hier entlang.«

»Faszinierend.« Graves lehnte sich tiefer hinein. »Es kommt mir vor, als ob …«

»Gehen Sie nicht so nah heran!«, rief Perry aus, als Graves erneut einen Schritt vorwärts machte. »Wenn diese Kante da genauso ist wie die letzte …«

»Ach, Unfug!« Graves hüpfte ein paar Mal auf und ab. »Sehen Sie? So stabil wie die Allianz. Und ich habe den Bericht gelesen, bevor ich in das Dobelle-System gekommen bin — es gibt überhaupt keine gefährlichen Tiere auf Erdstoß!«

»Klar, Sie haben den Bericht gelesen, aber ich habe das verdammte Ding geschrieben! Es gibt eine ganze Menge Dinge, die wir über Erdstoß noch gar nicht wissen.« Vorsichtig ging Perry bis an den Eingang des Tunnels und spähte hinein. Das Gestein wirkte tatsächlich recht solide, und dabei auch recht alt. Auf Erdstoß war das ein gutes Zeichen. Die Oberfläche hier besaß eine gewisse Permanenz, als habe sie dem schlimmsten Durcheinander des Gezeitensturms entgehen können. »Außerdem geht es hier nicht nur um Tierarten. Schlammlöcher können genauso schlimm sein. Sie wissen doch noch nicht einmal, wie tief dieses Loch ist. Bevor Sie da so einfach hineinmarschieren, sollten Sie wenigstens eine Sondierung vornehmen!«

Er hob einen faustgroßen Brocken kreideartigen Gesteins auf und warf ihn in den Tunnel hinein. Beide Männer beugten sich vor, warteten auf ein Echo, das ihnen anzeigen sollte, wenn der Stein schließlich auf dem Grund aufschlug. Zwei Sekunden herrschte Schweigen, dann kamen ein dumpfer Aufprall, ein protestierendes Stöhnen und ein überraschter Pfeiflaut.

»Ah-ha! Das ist weder Felsgrund noch ein Schlammloch.« Graves schnippte mit den Fingern und machte sich daran, auf seinem Hinterteil den steilen Abhang hinunterzurutschen. In der Hand hielt er eine Lampe, mit der er den Boden vor sich ableuchtete. »Da unten werden die Carmel-Zwillinge sein. Ich habe Ihnen ja gesagt, was wir zu erwarten haben, Commander — das Funkfeuer, der Pfeil, die Höhle, und dann der …« Er stockte. »Und dann … so, so! Da haben wir uns also getäuscht!«

Perry, der immer noch einige Schritte hinter Graves war, reckte den Hals, um an ihm vorbeiblicken zu können. Der schmale Lichtkegel der Lampe wurde von einer Reihe leuchtend schwarzer Augen zurückgeworfen. Während Graves das Licht noch unbeirrt weiter darauf scheinen ließ, kam ein kleiner Körper, das schwarze Fell von all dem feinen Staub hier grau überzogen, langsam die Schräge hinauf. Mit einem Vorderbein rieb sich der Hymenopter den rundlichen Bauch, und während die beiden Menschen noch zuschauten, schüttelte das Weibchen sich wie ein nasser Hund und ließ eine weißliche Staubwolke aufwirbeln.

Ein weiteres Pfeifen war zu hören, dann das Klick-Klick-Klick mehrgliedriger Gliedmaßen.

»Kallik entbietet Respekt und Gehorsam«, sagte eine vertraute, rasselnde Stimme. J’merlia trat um eine Biegung des Tunnels. Auch er war über und über mit feinem Talk bedeckt. »Sie ist eine loyale Sklavin und Dienerin. Sie fragt, warum Sie mit Steinen nach ihr geworfen haben. Hat ihr Meister das befohlen?«

Das schmale Gesicht des Lo’tfianers war nicht darauf ausgelegt, menschliche Emotionen widerzuspiegeln, doch seine Stimme verriet deutlich seine Verwirrung und seine Besorgnis. Statt zu antworten rutschte Graves weiter in den Tunnel hinab, bis die Schräge schließlich ganz in eine kleine Höhle überging, deren Boden mit pulverisiertem Gips bedeckt war. Er betrachtete das Gelände, dann den kleinen Stapel verschiedener Objekte, der in der Mitte der Höhle lag.

»Habt ihr hier im Dunkeln gesessen?«

»Nein.« J’merlias Facettenaugen glitzerten im Strahl der Taschenlampe. »Hier ist es nicht dunkel. Wir beide können hier recht gut sehen. Benötigen Sie unsere Hilfe?«