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Graves schüttelte den Kopf. »Vier Stunden reichen nicht aus. Wie groß ist die Pentacline-Senke, Commander?«

»Etwa einhundertfünfzig Kilometer breit.«

»Und die Zwillinge könnten sich dort aufhalten, aber sie könnten sich auch weit auf der anderen Seite des Planeten befinden. Ich bin mir sicher, dass wir sie werden finden können, wenn wir genug Zeit haben; aber wir können nicht innerhalb weniger Stunden mit der gebotenen Sorgfalt nach einem Raumschiff scannen. Wir werden so verfahren müssen, wie ich das vorgeschlagen habe: Wir lassen die beiden hier und kommen später wieder.«

Kallik warf einen Pfeifton und eine ganze Reihe aufgeregter Klicklaute ein.

»Aber hierher zurückkehren zu müssen wird die Zeit, die wir für die Suche haben, noch weiter einschränken.« Perry ignorierte das Hymenopter-Weibchen. »Wenn diese beiden hier vielleicht …«

»Mit großem Respekt, Captain«, warf J’merlia jetzt ein — es war das erste Mal, dass er einem Menschen ins Wort gefallen war. »Aber die ganze Zeit über, die Kallik und ich gemeinsam auf Erdstoß verbracht haben, lehrte ich sie die Sprache der Menschen. Sie versteht bereits jetzt einiges, auch wenn sie bisher noch nicht zu sprechen vermag. Jetzt fragte sie gerade, ob sie richtig verstanden habe, was sie da gerade sagten: Sie suchen weitere Menschen, hier auf der Oberfläche von Erdstoß?«

»Ganz genauso ist das — wenn wir hier jemals herauskommen sollten! Wir müssen jetzt aufhören, nur zu reden, wir müssen …«

Diesmal war es Kallik selbst, die ihn unterbrach. Das Hymenopter-Weibchen lief auf Perry zu, stellte sich auf die hintersten ihrer Läufe und stieß eine hektische Folge kurzer Pfeiflaute aus.

»Bei allem Respekt«, schnatterte J’merlia, bevor Perry dazu kam, noch etwas zu sagen, »sie möchte Sie wissen lassen, dass es auf der Oberfläche von Erdstoß ein Raumschiff gibt.«

»Das wissen wir. Das, mit dem Kallik und Louis Nenda von Opal hierher gekommen sind.«

»Nicht das. Bevor sie gelandet sind, führte Kalliks Meister Nenda sicherheitshalber einen Scan durch, weil er sich sorgte, irgendwo hier könne eine Falle sein. Er fing die Spur des Bose-Antriebs eines Schiffes auf. Kallik sagt, es sei ein Schiff gewesen, wie es in der Allianz eingesetzt werde und das zu eigenständigen Transfers im Bose-Netzwerk in der Lage sei. Sie glaubt, darin könnten vielleicht die Menschen angekommen sein, die Sie suchen.«

Kallik grunzte und pfiff erneut. J’merlia nickte.

»Sie sagt, das Schiff sei nur einhundert Kilometer von hier entfernt — im Flug innerhalb weniger Minuten zu erreichen. Kallik lässt fragen, ob Sie vielleicht daran interessiert sein könnten, wo genau dieses Schiff sich befindet.«

17

»Welche Sünden muss ein Mensch begehen, in wie vielen seiner vorangegangenen Leben, um auf Teufel wiedergeboren zu werden?«

Die Wasserpflichten für Siebenjährige waren genau gehalten und unerbittlich.

Anzug an, Lufttank überprüfen, Atemmaske versiegeln, zur Schleuse gehen. Warnung: Öffnung erfolgt, sobald der Wind sich legt, fünfeinhalb Minuten vor Tagesanbruch, nachdem die nachtaktiven Jäger sich in ihren Bau zurückgezogen haben. Sei rechtzeitig da, oder du verwirkst für diesen Tag dein Anrecht auf Nahrung!

Draußen. Den Müll des gestrigen Tages entsorgen (Zeitfenster: 24 Sekunden); die Steintreppe mit den vierundzwanzig Stufen hinaufsteigen, zu dem sauberen Bach auf halber Höhe der Klippe (33 Sekunden), die Plastikcontainer auswaschen (44 Sekunden), Filter reinigen (90 Sekunden), Wasserbehälter auffüllen (44 Sekunden), die Treppe wieder hinuntersteigen (32 Sekunden), wieder in die Schleuse gehen und die Verriegelungssequenz durchgehen (25 Sekunden).

Sicherheitsspielraum: 7 Sekunden. Wenn es dich auf der Treppe erwischt oder wenn die Schleuse gerade weit offen steht, dann trifft dich der Remouleur — der Schleifer, der gefürchtete Morgenwind von Teufel. Und dann bist du tot.

Das wusste Rebka. Und plötzlich wusste er, dass er zu spät dran war. Er konnte es kaum glauben. Wenn die Wasserpflicht ihm zufiel, dann war er normalerweise derjenige, der schon vor dem Zeitplan an der Klippe hinuntergerannt war, der Einzige, der die Zeit und das nötige Selbstbewusstsein hatte, noch ein paar Sekunden lang in der geöffneten Schleuse stehen zu bleiben und die spröde Landschaft und die stacheligen, sonderbaren Pflanzen von Teufel zu betrachten, während die Verriegelung eingeleitet wurde. Es war noch zu dunkel, als dass man die Strata der Felswand hätte erkennen können; doch Hans wusste, dass es mattpurpurne Gesteinsschichten gab, die immer wieder durch graue und ausgeblichene rote Schichten voneinander getrennt wurden. Am schmalen Himmelsstreifen, den man über dem Canyon erkennen konnte, zeichneten sich die ersten Hinweise auf den heraufziehenden Morgen ab. Hans konnte zuschauen, wie die Sterne zu verblassen begannen und die Farbe der hohen Wolkenfetzen sich von mattem Schwarz in ein Rosagrau verwandelte. Der Anblick war unglaublich schön. Und stets wurde er sehr aufgeregt, bei jedem Mal, das er beobachten konnte.

Allerdings nicht heute. Das Plätschern der Quelle war schwächer als sonst, und die Behälter ließen sich nicht so schnell füllen, wie er das gewohnt war. Fast fünf Minuten waren schon vergangen. Er befand sich immer noch auf der obersten Ebene, und seine Gesichtsmaske beschlug. Er musste aufbrechen, mit gerade einmal halb gefüllten Behältern. Jetzt sofort.

Das Zeitfenster, die Treppe wieder hinunterzusteigen, liegt bei 32 Sekunden; um wieder in die Schleuse zu gelangen und die Verriegelungssequenz durchzugehen, hatte er 25 Sekunden.

Er hetzte die Stufen hinunter, fast blind und viel zu schnell, beinahe wäre er gestürzt. Er wusste aus eigener Erfahrung, was dann passierte. Wenn der Remouleur ihn traf, wenn er sich gerade auf den obersten Stufen befand, dann würde er aus dem Canyon hinausgetragen werden wie ein vertrocknetes Blatt, und niemand würde ihn jemals wiedersehen. Genau das war Rosamunde passiert. Auf halber Höhe war der Wind nicht ganz so stark, doch er konnte seine Opfer immer noch quer durch den Canyon schleudern, gegen die Felskamine. Neben einem solchen Kamin hatten sie die Leiche von Joshua gefunden — zumindest das, was von ihm übrig geblieben war, nachdem die tagaktiven Raubtiere sich daran gütlich getan hatten. Wenn Hans fast den ganzen Abstieg schaffte, bis vielleicht zu den untersten drei oder vier Stufen, würde der Wind ihn nicht wirklich mitreißen können. Aber er würde ihm immer noch die Atemmaske abreißen, würde ihn das Gleichgewicht verlieren lassen, wie fest er sich auch an die Felsen oder das Geländer klammern mochte, und ihn in den Kessel mit dem giftigen, kochenden Wasser treiben, der unter der Quelle siedete und wallte. Neun Stunden hatte Lee darin getrieben, bis man sie schließlich hatte bergen können. Einiges von ihr war für alle Zeiten verloren gewesen: Das gekochte Fleisch hatte sich vom Knochen gelöst und ließ sich auch mit Netzen nicht mehr einfangen.

Noch zwölf Schritte. Und der Remouleur kommt, das dauert höchstens noch zwanzig Sekunden, und die Sandstürme brauen sich im Canyon schon wieder zusammen, und da ist auch schon der erste Schrei des Windes und das Prasseln des Wolkenbruchs. Die Stufen fühlen sich rutschig unter deinen Füßen an.

Wenn jemand sich schon in der Schleuse befand, wenn der Wind kam, dann bestand manchmal sogar eine Chance. Auf Teufel hieß es, dass man, wenn man die Wasserbehälter fallen ließ und sich ganz flach auf den Boden presste, vielleicht — wirklich nur vielleicht — die Atemmaske nicht verlor und tatsächlich würde miterleben können, wie die Schleuse sich ganz schloss. Doch Rebka hatte noch niemanden kennen gelernt, dem das wirklich gelungen war. Und die Strafe dafür, ohne Wasser zurückzukehren — oder, was noch schlimmer wäre: ohne die Behälter — war schlimm.