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Graves setzte Max Perry und Geni Carmel in zwei Stühle, die im rechten Winkel zueinander standen, und befestigte die Korsetts daran.

»Machen Sie die mal extra fest!«, wies er Rebka an. »Passen Sie auf, dass Sie nicht gegen Perrys Wunden kommen — aber bitte denken Sie daran: Ich möchte nicht, dass sich einer von denen losreißen kann! Ich bin gleich wieder da!«

Noch einmal lief Graves zur unteren Ebene hinab. Als er wieder zurückkam, hielt er zwei Sprühkanülen in der rechten Hand.

»Darya Lang wacht gerade auf«, berichtete er, »aber lassen Sie uns erst das hier erledigen! Das dauert nicht lange.« Mit der einen Kanüle gab er Perry eine Injektion in die Schulter, Geni Carmel erhielt mit der anderen die ihre. »Jetzt können wir anfangen.« Er begann laut zu zählen.

Das Aufputschmittel, das er Max Perry verabreicht hatte, hatte die maximale Dosis. Bevor Graves bis zehn gezählt hatte, seufzte Perry, rollte den Kopf von der einen Seite zur anderen und öffnete langsam die Augen. Mit einem dumpfen, desinteressierten Blick betrachtete er die Kabine der Kapsel, bis sein Blick auf die immer noch bewusstlose Geni Carmel fiel. Dann stöhnte er und schloss die Augen wieder.

»Sie sind wach«, merkte Graves tadelnd an. »Also schlafen Sie mir jetzt nicht wieder ein! Ich habe ein Problem, und ich brauche Ihre Hilfe.«

Perry schüttelte den Kopf, seine Augen hielt er geschlossen.

»In ein paar Stunden werden wir wieder auf Opal sein«, fuhr Graves fort. »Und das Leben wird langsam wieder zur Normalität zurückkehren. Aber ich habe die Verantwortung für die Rehabilitation von Geni Carmel. Es wird natürlich Anhörungen auf Shasta und auf Miranda geben, aber das darf sich in keiner Weise negativ auf die Rehabilitation auswirken. Die muss jetzt sofort beginnen. Und der Tod von Elena macht das ganze Programm sehr schwierig. Ich habe das Gefühl, dass es katastrophal wäre, Geni nach Shasta zurückkehren zu lassen, mit all ihren Erinnerungen an ihre Zwillingsschwester, wenn sie sich da bereits schon auf dem Wege der Besserung befindet. Andererseits muss ich wegen der Anhörungen, bei denen es um den Vorwurf des Völkermords geht, unbedingt zurück nach Shasta und dann nach Miranda.«

Er hielt inne. Perry hatte die Augen immer noch nicht geöffnet.

Graves beugte sich näher zu ihm hinüber und senkte die Stimme. »Damit bleiben für mich zwei Fragen: Wo soll die Rehabilitation von Geni Carmel beginnen? Und wer soll den Rehab-Prozess überwachen, wenn ich das nicht übernehmen kann?

Und da brauche ich Ihre Hilfe, Commander. Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass Genis Rehab-Programm auf Opal beginnen sollte. Und ich schlage vor, dass Sie während dieser Zeit die Vormundschaft für sie übernehmen.«

Endlich war Graves zu Perry vorgedrungen. In dem Korsett, das ihn immens einschnürte, richtete er sich ruckartig auf. Seine blutunterlaufenen Augen weiteten sich. »Wovon zum Teufel reden Sie da eigentlich?«

»Ich dachte, ich hätte mich klar genug ausgedrückt.« Graves lächelte. »Aber ich sage es gerne noch einmal. Sie werden für Genis Wohlergehen verantwortlich sein, solange sie sich auf Opal aufhält.«

»Das können Sie nicht tun!«

»Ich fürchte, Sie täuschen sich! Fragen Sie Captain Rebka, wenn Sie mir nicht glauben. In derartigen Angelegenheiten besitzt ein Mitglied des Rates die volle Autorität, ein Rehabilitationsverfahren umgehend einzuleiten. Und jeder kann verpflichtet werden, eine solche Aufgabe zu übernehmen. Sie eingeschlossen.«

Perry schaute zu Rebka hinüber, dann richtete er den Blick wieder auf Graves. »Ich bin nicht bereit, diese Aufgabe zu übernehmen. Ich habe selbst zu tun — und das ist ein Fulltime-Job. Und sie braucht einen Spezialisten. Ich habe keine Ahnung, wie man diese Art Problem überhaupt angehen soll.«

»Das können Sie gewiss lernen.« Graves nickte in Richtung des anderen Stuhls, in dem Geni jetzt langsam zu sich kam; ihre Dosis war deutlich schwächer gewesen. »Sie beginnt jetzt zuzuhören. Als Erstes können Sie ihr von Opal erzählen. Denken Sie daran, Commander, sie war noch nie dort. Es wird eine Zeit lang ihr Zuhause werden, und Sie wissen darüber mehr als jeder andere.«

»Jetzt warten Sie aber mal!« In dem Korsett bäumte Perry sich auf und rief Graves hinterher, der Rebka bereits aus der Kabine lotste. »Wir sind ja völlig hilflos, so angebunden! Sie können uns doch nicht einfach hierlassen! Schauen Sie sie doch an!«

Geni Carmel machte keine Anstalten, sich aus ihrem Korsett befreien zu wollen, doch Tränen rollten ihr über die blassen Wangen, und sie starrte entsetzt oder fasziniert Perrys verstümmelte Hände und die verbrannten Unterarme an.

»Es tut mir leid«, erwiderte Graves über die Schulter hinweg, während Rebka und er schon die Treppe zur unteren Ebene der Kapsel hinabstiegen, »wir reden später weiter darüber, aber jetzt habe ich dafür keine Zeit. Captain Rebka und ich haben etwas sehr Dringendes auf dem unteren Deck zu erledigen. Wir kommen wieder.«

Rebka wartete, bis sie außer Hörweite waren, dann wandte er sich wieder an Graves. »Meinen Sie das eigentlich wirklich ernst?«

»Todernst.«

»Das wird nicht funktionieren! Geni Carmel ist doch fast noch ein Kind! Jetzt, wo Elena tot ist, wird sie nicht einmal weiterleben wollen. Sie wissen doch selbst, wie nah die beiden einander gestanden haben, so nah, dass sie lieber gestorben wären, als voneinander getrennt zu werden. Und Perry ist doch selbst ein hoffnungsloser Fall — der ist doch gar nicht in der Lage, sich um sie zu kümmern!«

Am Fuße der Treppe blieb Julius Graves stehen. Er drehte sich zu Hans Rebka um, und zum ersten Mal schnitt er weder Grimassen, noch grinste er. »Captain, wenn ich jemanden brauche, der in der Lage ist, ein überladenes Schiff fast ohne jede Energie wie die Sommer-Traumschiff von einem Planeten wegzubringen, von einem Planeten, der einem gerade unter den Füßen auseinanderbricht, und es dabei noch ins All schaffen muss, dann werde ich mich sofort wieder vertrauensvoll an Sie wenden! Sie machen Ihre Arbeit großartig — Ihre eigentliche Arbeit. Können Sie mir nicht den Gefallen tun und es für möglich halten, dass für mich und meine Aufgabe das Gleiche gelten könnte? Ist es denn nicht vorstellbar, dass ich meine Aufgabe gut werde erfüllen können?«

»Aber das ist doch nicht Ihre Aufgabe!«

»Was nur beweist, Captain, wie wenig Sie über die Pflichten eines Allianzrates wissen. Glauben Sie mir, das, was ich hier tue, wird funktionieren. Oder wären Sie bereit, eine Wette zu halten? Ich behaupte, dass Max Perry und Geni Carmel eine größere Chance haben, einander zu heilen, als Sie oder ich oder irgendjemand anderes hat, auch nur einem von beiden zu helfen! Wie Sie schon richtig sagten, ist Geni noch fast ein Kind — aber Perry ist ein Mann, der verzweifelt versucht zu helfen. Sieben Jahre lang hat er Buße getan, weil er es Amy gestattet hatte, ihn während des Gezeitensturms nach Erdstoß zu begleiten. Ist Ihnen denn nicht klar, dass die Tatsache, dass er sich derart die Arme verbrannt hat, seinem seelischen Gleichgewicht zuträglich sein wird? Jetzt hat er eine Gelegenheit, völlige Absolution zu erhalten. Und Ihre Aufgabe auf Opal, bester Captain, ist damit beendet. Sie könnten heute aufbrechen: Perry wird es gut gehen.« Graves schnippte mit den Fingern und streckte Rebka die Hand entgegen. »Möchten Sie darauf wetten? Sagen Sie nur, um wie viel!«

Rebka blieb eine Antwort erspart, als hinter ihnen eine zornige Stimme ertönte.

»Ich weiß ja nicht, wem ich das hier zu verdanken habe, und ich werde auch nicht fragen! Aber verdammt noch mal, holt mich hier endlich raus! Ich habe zu arbeiten!«

Es war Darya Lang, völlig bei Bewusstsein; sie mühte sich nach Kräften, sich aus ihrem Korsett zu befreien. Sie klang nicht einmal mehr ansatzweise wie die scheue Theoretikerin, die vor einigen Tagen auf Opal eingetroffen war; doch es mangelte ihr immer noch an praktischen Fähigkeiten. In ihren Bemühungen, sich zu befreien, hatte sie es geschafft, sämtliche ihrer Halterungen zu verdrehen, sodass sie jetzt kopfüber hing und kaum noch die Arme bewegen konnte.