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«Und wenn Sie es heimlich machen?«

«Sie meinen, mit Hadiyyah ihre Halbgeschwister besuchen?«Angelina schüttelte den Kopf.»Ich habe keine Ahnung, wo sie wohnen. Ich weiß nicht mal, wie sie heißen und wer ihre Mutter ist. Womöglich ist sie mit ihren Kindern längst nach Pakistan zurückgegangen.«

«Manche Frauen werden ja auch ganz zufällig schwanger. Aber das wäre ein bisschen gemein, oder?«

«Das würde er mir nie verzeihen. Und er hat mir bereits eine Menge verziehen.«

Barbara dachte schon, Angelina würde ihr jetzt auch noch die Gründe dafür enthüllen, warum sie für ein paar Monate nach Kanada verschwunden war. Aber stattdessen sagte sie:»Ich liebe Hari von ganzem Herzen, wissen Sie. Aber manchmal hasse ich ihn auch total. «Sie musste über die Widersprüchlichkeit ihrer Bemerkung lächeln. Dann zuckte sie die Achseln.»Warten Sie eine Stunde, dann können Sie ihn auf seinem Handy anrufen. Egal, um was es geht, Hari wird Ihnen helfen.«

«Ich brauche jemanden, der fließend Spanisch spricht.«

«Das ist bestimmt kein Problem.«

LAKE WINDERMERE — CUMBRIA

Manette hatte den Verdacht, dass ihr Vater ihr nicht die Wahrheit über Vivienne Tully gesagt hatte. Aber sie hatte nicht den Mut besessen, weiter nachzuhaken. Natürlich war es albern, doch sie hatte sich vor ihrem Vater keine Blöße geben wollen. Es war nicht zum Aushalten: Irgendwie war sie immer noch das kleine Mädchen, das glaubte, wenn sie sich nur genug Mühe gab, könnte sie sich in den Sohn verwandeln, den Bernard Fairclough sich so sehnlich gewünscht hatte. Ein großer Junge weint nicht, und deswegen ließ sie sich jetzt auch zu keinem Gefühlsausbruch provozieren.

Aber das Thema war noch nicht vom Tisch. Wenn Ian über Jahre hinweg Geld an Vivienne Tully überwiesen hatte, dann blieb Manette nichts anderes übrig, als der Sache auf den Grund zu gehen. Schon allein aus Rücksicht auf ihre Mutter. Schließlich gehörte Valerie die Firma Fairclough Industries. Sie hatte sie geerbt. Bernard mochte das Unternehmen über Jahrzehnte hinweg erfolgreich geleitet haben, doch es war ein Familienbetrieb mit einem kleinen, aber mächtigen Vorstand. Und Vorstandsvorsitzende war Valerie, und nicht Bernard. Denn Valeries Vater war nicht dumm gewesen. Dass aus Bernie Dexter Bernard Fairclough geworden war, bedeutete noch lange nicht, dass er Fairclough-Blut in den Adern hatte. Und Valeries Vater hätte nie im Leben zugelassen, dass die Firma in die Hände eines Mannes fiel, der nicht als Fairclough geboren war.

Manette hatte das alles mit Freddie beredet. Zum Glück war er am Abend nicht mit Sarah verabredet gewesen, sondern hatte nur lange mit ihr telefoniert. Zähneknirschend hatte Manette durch die Tür gehört, wie er mit ihr geplaudert und gescherzt hatte, und als ihr davon schließlich der Kiefer wehtat und das Gespräch immer noch nicht beendet war, hatte sie sich auf dem Laufband ausgetobt, bis ihr T-Shirt nassgeschwitzt war. Endlich kam Freddie ins Wohnzimmer, die Wangen und sein linkes Ohr gerötet, woraus sie hätte schließen können, dass er Telefonsex gehabt hatte, hätte sie nicht gewusst, dass das nicht zu ihm passte.

Sie hatte sich noch fünf Minuten länger abgekämpft, um es wie ein ganz normales Training aussehen zu lassen, woraufhin Freddie den Daumen hochgereckt hatte, um seiner Bewunderung für ihre Kondition Ausdruck zu verleihen, und in die Küche gegangen war. Dort hatte sie ihn über einem Kreuzworträtsel brütend vorgefunden.

«Gehst du heute Abend nicht aus?«, fragte sie ihn.

«Wir legen ein Päuschen ein«, sagte er.

«Ach, macht der alte Schlawiner etwa schlapp?«

Freddie errötete.»Nein, nein, der ist topfit.«

«Freddie McGhie, also wirklich!«

Freddie sah sie mit großen Augen an, dann fiel bei ihm der Groschen.»Gott o Gott, so hab ich das nicht gemeint. «Er lachte.»Wir haben uns entschlossen …«

«Du und die Lady, oder du und der alte Schlawiner?«

«Sarah und ich haben uns entschlossen, es ein bisschen langsamer angehen zu lassen. Eine Beziehung sollte schließlich mehr beinhalten, als sich gegenseitig die Kleider vom Leib zu reißen.«

«Freut mich, das zu hören«, sagte Manette, ohne nachzudenken.

«Das freut dich? Wieso?«

«Ach, weil … äh …«, stotterte sie.»Na ja, ich möchte nicht, dass du einen Fehler machst. Dass du etwas tust, was du hinterher bereust.«

Er schaute sie an. Sie spürte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg. Sie musste unbedingt das Thema wechseln, und ihr Gespräch mit ihrem Vater am Vortag war jetzt genau das richtige.

Freddie hörte sehr aufmerksam zu, wie es seine Art war. Als sie geendet hatte, sagte er:»Ich glaube, es wird Zeit, dass wir beide mal mit ihm reden, Manette.«

Manette war ihm so dankbar, dass sie sich über sich selbst wunderte. Sie wusste, dass sie, wenn sie Informationen von ihrem Vater haben wollten, nur eine Option hatten: Sie mussten ihre Mutter ins Spiel bringen und sie über die abfließenden Gelder informieren.

Am späten Vormittag fuhren Manette und Freddie nach Ireleth Hall. Kurz nachdem sie aufgebrochen waren, begann es zu regnen. Es war Spätherbst, und es schüttete wie aus Eimern. In einem Monat würde es in Cumbria den ersten Schnee geben. In Great Urswick würden sie auch ein bisschen Schnee abbekommen, aber weiter oben im Norden würden die steilen, engen Pässe bis zum Frühjahr unbefahrbar sein.

Als Freddie vor der großen Eingangstür von Ireleth Hall hielt, sagte Manette:»Ich danke dir, Freddie.«

«Hä?«, fragte er verblüfft.

«Dafür, dass du mitgekommen bist.«

«Ach was. Das stehen wir doch gemeinsam durch. «Und ehe sie etwas darauf erwidern konnte, war er schon ausgestiegen und kam auf die andere Seite, um ihr die Tür aufzuhalten.»Lass uns den Stier bei den Hörnern packen, bevor uns der Mut verlässt. Falls es unangenehm wird, können wir immer noch deine Schwester anrufen und um eine nette kleine Vorstellung bitten.«

Manette lachte. Freddie kannte ihre Familie. Na ja, das war auch nicht anders zu erwarten, schließlich gehörte er schon sein halbes Leben lang dazu. Ohne über die Konsequenzen nachzudenken, fragte sie:»Warum in aller Welt haben wir beide uns eigentlich scheiden lassen, Freddie?«

«Weil einer von uns es einfach nicht gelernt hat, die Zahnpastatube nach dem Gebrauch ordentlich wieder zuzuschrauben, wenn ich mich recht erinnere«, erwiderte er leichthin.

Ohne anzuklopfen betraten sie die große Eingangshalle, in der sie eine herbstliche Kühle empfing, da in dem riesigen Kamin kein Feuer brannte. Das Hallo, das Manette rief, hallte von den Wänden wider.

Sie hörten Schritte im Flur im ersten Stock, und gleich darauf kam Valerie die Treppe herunter.»Was für eine nette Überraschung!«, sagte sie lächelnd.»Und sogar zusammen!«Letzteres sprach sie so erwartungsvoll aus, als rechnete sie damit, dass die beiden gekommen waren, um ihre große Versöhnung zu verkünden. Da konnte Valerie lange warten, dachte Manette. Aber ihre Mutter wusste ja nichts von Freddies erfolgreichem Eintritt in die Welt des Internet-Dating.

Zugleich sagte sich Manette, dass Valeries Fehldeutung der Situation ihnen im Moment sehr nützlich sein könnte. Sie nahm Freddies Hand und sagte:»Wir wollten kurz mit dir und Dad reden. Ist er da?«

Valerie strahlte.»Ach du je. Bestimmt ist er da. Ich sehe mal, wo er steckt. Freddie, mein Lieber, könntest du in der Zwischenzeit ein Feuer machen? Wollen wir uns hier unten zusammensetzen, oder würdet ihr lieber …«

«Hier ist prima«, sagte Manette und schaute Freddie an.»Nicht wahr, Freddie?«

Wie immer lief Freddie rot an, was das Ganze absolut überzeugend machte, dachte Manette. Nachdem Valerie gegangen war, sagte er:»Also wirklich …«Worauf Manette antwortete:»Danke, dass du mitgespielt hast. «Dann hob sie seine Hand und drückte ihm einen Kuss auf die Finger.»Du bist ein Goldstück. Komm, wir kümmern uns um das Feuer. Sieh mal nach, ob der Abzug offen ist.«