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Da Zed auf seinem Weg sowieso am Crow & Eagle vorbeikam, fuhr er kurz auf den Parkplatz. Das Hotel verfügte bestimmt über einen Internetanschluss, denn das brauchte heutzutage jedes Hotel, um im Geschäft zu bleiben.

Er hatte keinen Laptop dabei, aber das spielte keine Rolle. Er würde einfach ein paar Scheinchen über den Rezeptionstresen schieben, und schon würde man ihn den Computer des Hotels benutzen lassen. Um diese Jahreszeit mussten garantiert nicht viele Anfragen von Touristen bearbeitet werden. Mehr als zwanzig Minuten würde er nicht brauchen. Nachdem Rod den Entwurf gelesen hatte, würde Zed sich an die Feinarbeit machen.

Zed schnappte sich seine Notizen und stieg aus. Im Hotel trat er an die Rezeption, zückte seine Brieftasche und zählte hundert Pfund ab. Die würde er später als Spesen abrechnen, sagte er sich.

Er beugte sich vor und legte die Geldscheine auf die Tastatur des Computers, vor dem eine junge Frau saß. Der Bildschirm war an, aber die junge Frau telefonierte gerade mit einem Kunden, der sich anscheinend über die Größe und Beschaffenheit jedes einzelnen Zimmers im Hotel erkundigte. Sie schaute erst Zed an, dann das Geld, dann wieder Zed. Sie sagte» Einen Augenblick bitte «zu ihrem Gesprächspartner, drückte sich den Telefonhörer an die knochige Schulter und wartete auf eine Erklärung.

Zed legte ihr sein Anliegen dar, und sie brauchte nicht lange, um sich zu entscheiden. Sie beendete ihr Telefongespräch, steckte das Geld ein und sagte:»Wenn das Telefon klingelt, beachten Sie’s einfach nicht — der AB ist an. Sie werden mich doch nicht verpfeifen?«

«Sie sind nach oben gegangen, um für mich nach einem Zimmer zu sehen«, beruhigte er sie.»Ich habe gerade eingecheckt, und Sie lassen mich in der Zwischenzeit Ihren Computer benutzen, damit ich meine Mails abrufen kann. Zwanzig Minuten?«

Sie nickte. Dann flitzte sie die Treppe hoch. Erst als sie im ersten Stock verschwunden war, begann er zu schreiben.

Die Story führte in alle möglichen Richtungen. Ihre Einzelteile waren wie die Nebenflüsse des Amazonas, Zed brauchte nur jeden einzelnen hinaufzupaddeln. Und er legte los.

Als Erstes nahm er sich den Scotland-Yard-Einsatz vor und ging auf die Ironie ein, die darin lag, dass eine Polizistin nach Cumbria geschickt worden war, um die Umstände von Ian Cresswells Tod aufzuklären, und dabei auf eine illegale Vereinbarung zur Leihmutterschaft stieß, die — darauf würde er wetten — zu einem ganzen Ring von illegalen Leihmüttern führte, der von der Verzweiflung kinderloser Paare profitierte. Dann ging er auf den künstlerischen Blickwinkel ein: die mittellose Dramatikerin, die um der Kunst willen bereit war, ihren Körper zu verkaufen. Weiter ging es mit den Themen Betrug und Verrat, und er war gerade dabei zu beschreiben, wie infam Alatea Fairclough und Lucy Keverne Nicholas Fairclough hintergangen hatten, als sein Handy klingelte.

Yaffa! dachte er. Er musste ihr unbedingt erzählen, dass alles in bester Ordnung war. Wahrscheinlich machte sie sich schon Sorgen. Bestimmt rief sie an, um ihn aufzumuntern. Er konnte es gar nicht erwarten, ihr von seinem bevorstehenden Triumph zu berichten.

«Hallo Schatz«, sagte er,»ich hab’s geschafft! Die Story ist heiß!«

«Ich wusste gar nicht, dass wir beide uns so nahe stehen«, bemerkte Rodney Aronson trocken.»Wo zum Teufel stecken Sie überhaupt? Warum sind Sie noch nicht zurück in London?«

Zed hörte auf zu tippen.»Ich bin noch nicht in London«, sagte er,»weil ich die Story habe. Und zwar die ganze Story. Von A bis Z. Halten Sie mir die erste Seite frei, denn das wird der Hammer.«

«Um was geht’s denn?«, fragte Rodney. Er klang eher skeptisch.

Zed fasste die Geschichte kurz zusammen: die illegale Leihmutterschaft, die hungerleidende Künstlerin, der ahnungslose Ehemann. Die Pointe hob er sich für den Schluss auf: der Journalist, der Hand in Hand mit Scotland Yard zusammenarbeitet.

«Die Polizistin und ich haben die Frau in Lancaster dingfest gemacht«, verkündete Zed.»Und nachdem sie uns erst einmal ins Netz gegangen war …«

«Moment«, unterbrach ihn Rodney.»Sagten Sie Polizistin?«

«Genau. Detective Cotter von Scotland Yard. Detective Sergeant. Sie ermittelt im Fall Ian Cresswell. In dem Zusammenhang hat sie Nick Fairclough und seine Frau vernommen, und dabei ist sie auf Dynamit gestoßen — na ja, kein Dynamit für sie, aber für mich.«

Rodney sagte nichts. Zed wartete auf ein Lob von seinem Chef, aber es kam nichts. Er dachte schon, Aronson hätte aufgelegt.»Rod?«, sagte er.»Sind Sie noch da?«

Schließlich sagte Rodney:»Sie sind ein verdammter Versager, Zedekiah. Das wissen Sie doch, oder? Ein Versager allererster Güte.«

«Wie bitte?«

«Es gibt keinen Detective Cotter, Sie Idiot.«

«Aber …«

«Detective Inspector Lynley ist in Cumbria, der Typ, dessen Frau letzten Winter von einem Zwölfjährigen abgeknallt wurde. Schon mal von gehört? Die Story war zwei Wochen lang in den Schlagzeilen. «Er ließ Zed gar nicht zu Wort kommen.»Gott, Sie sind doch wirklich zu nichts zu gebrauchen. Machen Sie, dass Sie zurück nach London kommen. Holen Sie sich Ihren Lohn ab. Ihre Zeit bei der Source ist abgelaufen.«

ARNSIDE — CUMBRIA

Alatea sah sie in der Einfahrt stehen. Die Körpersprache der beiden sagte ihr alles. Das war kein Gespräch zwischen Fremden, die sich zufällig über den Weg gelaufen waren. Sie waren Kollegen oder gar Freunde. Sie tauschten Informationen aus. Das sah sie daran, wie die Frau den Kopf schief legte und das Haus betrachtete, während sie etwas darüber sagte. Oder über jemanden, der in dem Haus wohnte. Wahrscheinlich über sie. Über ihre Vergangenheit und über das, was die Zukunft für sie bereithielt.

Alatea blieb nicht länger am Fenster stehen. Mehr brauchte sie nicht zu sehen. Ihre Welt brach zusammen wie ein Kartenhaus. Sie hätte die Flucht ergriffen, wenn es einen Ort gäbe, an den sie flüchten könnte, aber ihre Möglichkeiten waren sehr begrenzt, und deswegen zwang sie sich, sich zu beruhigen und nachzudenken.

Die Frau wollte Klarheit über Alateas Identität, und der Detective würde sie ihr geben, schließlich wusste er Bescheid, und zwar dank Alatea selbst, die alles hätte abstreiten können, die alles hätte abstreiten müssen, die sich aber hatte überrumpeln lassen. So viel war klar, denn was sonst hätten die beiden miteinander zu bereden? Die einzigen Fragen, die vielleicht noch blieben, waren die, die nur Alatea selbst stellen konnte. Hatte die Frau, die da draußen mit dem Detective sprach, bereits Fotos von Alatea an Raul Montenegro geschickt? Und wenn nicht, wäre sie offen für Bestechung? Wenn ja, wäre Alatea gerettet. Natürlich nur vorerst. Aber mehr konnte sie auch nicht erwarten.

Sie rannte die Treppe hoch und lief ins Schlafzimmer. Dort zog sie eine Kassette unter dem Bett hervor, nahm den Schlüssel dazu aus ihrem Nachttisch. Die Kassette enthielt Geld. Es war nicht viel, kein Vermögen, nicht die Summe, die Raul hingeblättert hatte, um sie zu finden. Doch zusammen mit ihrem Schmuck würde es vielleicht reichen, um die Frau in Versuchung zu führen.

Sie war bereits wieder unten, als es wie erwartet an der Tür klopfte. Die Frau konnte nicht wissen, dass Alatea sie mit dem Detective hatte reden sehen. Das verschaffte Alatea zunächst einen Vorteil, und sie war entschlossen, ihn zu nutzen.

Sie schloss die Augen, flüsterte Dios mío por favor, atmete tief durch und öffnete die Tür.