Выбрать главу

«Aber was …«Sie schnallte sich ab.»Wir verlieren ihn aus den Augen!«

Ein Stück weiter die Straße hinunter und in sicherer Entfernung von Tim, der in die entgegengesetzte Richtung weiterging, hielt Freddie an.»Hast du dein Handy dabei?«, fragte er Manette.

«Natürlich …«

«Hör zu, Darling. Hier geht es um mehr als darum, Tim aufzugabeln.«

«Aber er ist in Gefahr!«

«Wie viele andere Jugendliche auch. Stell dein Handy auf Vibrieren und folge ihm. Ich parke den Wagen und rufe dich an. Verstanden? Wenn er wirklich wegen des Films hergekommen ist, wird er uns zu dem Ort führen, an dem diese Filme gemacht werden.«

Das klang plausibel. Wie immer bewahrte Freddie einen kühlen Kopf.»Ja natürlich«, sagte sie.»Du hast recht. «Sie vergewisserte sich, dass ihr Handy auf Vibrieren eingestellt war, und stieg aus. Dann beugte sie sich noch einmal in den Wagen und schaute Freddie an.

«Was ist?«, fragte er.

«Du bist einfach wunderbar, Freddie McGhie«, sagte sie.»Ich liebe dich.«

Bevor er etwas darauf erwidern konnte, schlug sie die Tür zu.

ARNSIDE — CUMBRIA

Als Nicholas Fairclough Deborah aus seinem Haus kommen sah, trat er auf die Bremse, sprang aus dem Wagen und stürmte auf sie zu.»Wer zum Teufel sind Sie?«, fuhr er sie an.»Was machen Sie hier?«Nichts erinnerte mehr an den freundlichen, gesitteten Gentleman, mit dem Deborah sich vor Kurzem unterhalten hatte. Seine Augen sprühten vor Zorn.»Wo ist er? Wie viel Zeit haben wir noch?«

Deborah fühlte sich so eingeschüchtert, dass sie nur noch stammeln konnte.»Ich weiß es nicht … Wie lange dauert so etwas denn? Hören Sie, Mr. Fairclough … Ich habe versucht, ihm klarzumachen, dass es keine Story gibt, Punkt aus. Es gibt keine Story.«

Fairclough wich einen Schritt zurück.»Story? Wer zum Teufel sind Sie? Verdammt, arbeiten Sie etwa auch für die Source? Sie wurden also gar nicht von Montenegro hergeschickt?«

Deborah runzelte die Stirn.»Die Source? Nein. Ich habe mit der Source nichts zu tun … Und wer in aller Welt ist Montenegro?«

Nicholas schaute zum Haus hinüber, dann sah er sie wieder an.»Wer zum Teufel sind Sie?«

«Deborah St. James. Wie ich Ihnen von Anfang an gesagt habe.«

«Aber es gibt gar keine Filmgesellschaft, und es wird auch keinen Dokumentarfilm geben. Das haben wir herausgefunden. Nichts von dem, was Sie uns erzählt haben, entspricht der Wahrheit. Also, was wollen Sie hier? Was wissen Sie? Sie sind mit diesem Typen von der Source in Lancaster gewesen. Das hat er mir selbst erzählt. Oder stimmt das etwa auch nicht?«

Deborah leckte sich die Lippen. Es war kalt und feucht, und der Nebel wurde immer dichter. Sie wollte sich an einem Kaminfeuer wärmen, wollte ein heißes Getränk, doch solange Fairclough ihr den Weg versperrte, kam sie hier nicht weg, und ihr blieb nichts anderes übrig, als ihm die Wahrheit zu sagen.

Sie sei in Cumbria, um einen Detective von Scotland Yard bei seiner Suche nach Informationen zu unterstützen, sagte sie. Sei sei mit ihrem Mann hergekommen, einem forensischen Spezialisten, der für die Polizei bei schwierigen Ermittlungen Beweismittel auswerte. Der Jounalist von der Source habe sie aus irgendeinem Grund für eine Polizistin gehalten, und sie habe ihn in der Annahme bestärkt, um ihn von dem echten Detective und ihrem Mann abzulenken, damit die beiden in Ruhe die Umstände von Ian Cresswells Tod untersuchen konnten.

«Ich kenne niemanden namens Montenegro«, sagte sie zum Schluss.»Ich habe den Namen noch nie gehört. Wer ist der Mann denn?«

«Raul Montenegro. Er versucht, meine Frau zu finden.«

«Das hat sie also gemeint«, murmelte Deborah.

«Sie haben mit ihr gesprochen?«

«Ja, aber ich fürchte, wir haben total aneinander vorbeigeredet«, sagte Deborah.»Sie muss gedacht haben, wir redeten über Raul Montenegro, während ich davon ausging, dass wir von diesem Journalisten von der Source sprachen. Ich habe ihr gesagt, er sei in Windermere. Aber ich meinte natürlich den Journalisten.«

«O Gott. «Fairclough eilte zur Haustür und rief über seine Schulter:»Wo ist sie jetzt?«

«Drinnen«, sagte Deborah.»Warten Sie, Mr. Fairclough, noch etwas!«

Er blieb stehen und drehte sich um.»Ich habe versucht, ihr das zu sagen. Ich habe sie um Verzeihung gebeten. Ich meine … Das mit der Leihmutter. Sie haben absolut nichts zu befürchten. Ich habe Mr. Benjamin gesagt, dass es keinen Stoff für eine Geschichte gibt. Außerdem kann ich Sie voll und ganz verstehen … Ihre Frau und ich … Wir haben dasselbe Problem.«

Er starrte sie an. Er war kreidebleich.

«Ich wünsche mir auch nichts sehnlicher als ein Kind, und ich …«

Aber er war verschwunden, ehe sie den Satz beenden konnte.

WINDERMERE — CUMBRIA

Als Tim in den Fotoladen zurückkehrte, stand Toy4You hinterm Tresen und plauderte mit einem anglikanischen Priester. Sie drehten sich beide um, als Tim eintrat, und der Priester musterte ihn von Kopf bis Fuß. Vermutlich war der Typ einer von denen, die in dem Film mitmachten, dachte Tim, und bei dem Gedanken wurde ihm ganz schlecht. Doch dann packte ihn die Wut. Ein verdammter Priester! dachte er. Genau so ein Heuchler wie alle anderen. Dieses Schwein stand jeden Sonntag in der Kirche vor seiner Gemeinde, verkündete das Wort Gottes, teilte die Kommunion aus, und hinter dem Rücken seiner Schäfchen …

«Daddy! Daddy!«Zwei Kinder kamen in den Laden gestürmt, ein Mädchen und ein Junge, beide in Schuluniform. Ihnen folgte eine Frau, die ziemlich gestresst wirkte und auf ihre Armbanduhr schaute.»Tut mir leid, Darling. Sind wir zu spät?«Sie trat zu dem Priester, küsste ihn auf die Wange und hakte sich bei ihm unter.

«Anderthalb Stunden, Mags«, sagte der Priester und seufzte.»Also wirklich. Du kommst viel zu spät. Wir werden einen neuen Termin vereinbaren müssen. William hat gleich noch einen anderen Termin, und ich muss ebenfalls weg.«

Die Frau entschuldigte sich wortreich, während die Kinder an den Händen ihres Vaters hingen. Es wurde ein neuer Termin für das weihnachtliche Familienfoto vereinbart.

Währenddessen drückte Tim sich in einer Ecke des Ladens herum und tat so, als interessierte er sich für die Digitalkameras in den Schaukästen. Nachdem der Priester und seine Familie sich verabschiedet hatten, ging Tim zum Tresen. William Concord stand auf dem Namensschild von Toy4You. Tim fragte sich, was es zu bedeuten hatte, dass der Typ das Namensschild diesmal nicht verschwinden ließ. Er konnte sich nicht vorstellen, dass er es vergessen hatte, so einer war der nicht.

Toy4You kam hinter dem Tresen hervor, verriegelte die Eingangstür und drehte das Schild um, so dass jetzt von außen Geschlossen zu lesen war. Dann schaltete er die Deckenlampen aus und bedeutete Tim mit einer Kopfbewegung, ihm ins Hinterzimmer zu folgen.

Tim sah sofort, warum Toy4You unmöglich ein Familienfoto von dem Priester und seiner Frau und seinen Kindern hätte machen können. Ein Mann und eine Frau waren gerade dabei, das Fotostudio komplett umzubauen. Anstelle der Säulen mit dem Himmel als Hintergrund entstand der Nachbau eines viktorianischen Kinderzimmers. Drei schmale Betten wurden in dem Moment hereingetragen, und in einem davon lag eine lebensgroße Schaufensterpuppe, die einen Schlafanzug mit Shrek-Motiven und seltsamerweise eine Schulmütze trug. Ans Fußende eines der beiden anderen Betten legte die Frau einen riesigen Plüschhund, der aussah wie ein Bernhardiner. Schließlich rollte der Mann eine Kulisse mit einem aufgemalten offenen Fenster herein, durch das ein sternengesprenkelter Nachthimmel zu sehen war und im Hintergrund eine dilettantische Darstellung von Big Ben, dessen Uhr Mitternacht anzeigte.

Tim konnte sich zunächst auf all das keinen Reim machen, bis ein Junge in ungefähr seinem Alter aus dem Lagerraum kam. Im Gegensatz zu Tim wirkte er außerordentlich selbstsicher. Er ging entschlossen über die Bühne, lehnte sich ans Kulissenfenster und zündete sich eine Zigarette an. Er war von Kopf bis Fuß in Grün gekleidet, mit Schnabelschuhen und einem Hut, der ihm keck auf dem Kopf saß. Er nickte Toy4You zum Gruß zu, während die beiden Erwachsenen im Lagerraum verschwanden, von wo Tim Gemurmel hörte und das Geräusch von Kleidern und Schuhen, die auf den Boden fielen. Während Toy4You noch an einem Stativ herumfummelte, auf das er eine ziemlich teuer aussehende Kamera geschraubt hatte, kamen der Mann und die Frau zurück auf die Bühne. Sie trug jetzt ein hochgeschlossenes weißes Nachthemd mit Rüschenkragen, und er war als Piratenkapitän verkleidet. Der Mann war der Einzige, der eine Maske trug, aber der Haken, der aus einem seiner Ärmel ragte, reichte aus, um auch noch dem letzten Deppen klarzumachen, wen er darstellte. Obwohl wahrscheinlich trotzdem noch einige Volldeppen übrig blieben, die sich nicht mal fragten, was Käpt’n Hook in einem viktorianischen Kinderzimmer zu suchen hatte und weshalb er nicht da war, wo er hingehörte, nämlich auf ein Segelschiff in Nimmerland.