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Tim schaute zu Toy4You hinüber und fragte sich, welche Rolle ihm wohl zugedacht war. Dann entdeckte er auf einem der beiden leeren Betten ein Nachthemd und eine runde Nickelbrille, offenbar sollte er Peter Pans älteren Bruder spielen.

Das Ganze kam Tim reichlich bescheuert vor, andererseits war er auch ein bisschen erleichtert. Als er den Film mit dem letzten Abendmahl und den mit Jesus im Garten Gethsemane gesehen hatte, war er davon ausgegangen, dass auch diesmal irgendetwas total Blasphemisches vorgesehen war, auch wenn er sich nicht hatte vorstellen können, was. Ein bisschen hatte er sich Sorgen gemacht, dass im falschen Moment womöglich seine christliche Erziehung durchkommen würde und er nicht in der Lage wäre, den Regieanweisungen Folge zu leisten, obwohl ihm das Thema des Films eigentlich piepegal war.

Aber er hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen. Als Wendy und Captain Hook ihre Positionen auf dem Set einnahmen, reichte Toy4You Tim ein kleines Glas Wasser. Dann nahm er ein Tablettenröhrchen aus der Tasche, schüttelte zwei Tabletten heraus, gab sie Tim und bedeutete ihm, sie zu schlucken.

«Was ist das?«, fragte Tim.

«Das ist gut für authentische Nahaufnahmen«, sagte Toy4You.»Unter anderem.«

«Was machen die?«

Ein Lächeln huschte über Toy4Yous Gesicht. Er hatte sich schlecht rasiert.»Die helfen dir bei dem, was wir gleich von dir verlangen. Los, mach schon, schluck sie runter. Du wirst schon sehen, wie sie wirken. Es wird dir bestimmt gefallen.«

«Aber …«

«Los, schlucken«, zischte Toy4You.»Es ist genau das, was du wolltest, also mach schon. Wir haben nicht die ganze Nacht Zeit.«

Tim schluckte die Tabletten. Er spürte nichts. Vielleicht machten sie, dass er sich entspannte. Oder vielleicht machten sie ihn bewusstlos. Er fragte:»Soll ich das Nachthemd anziehen?«

«Sieh mal an, du bist gar nicht dumm«, sagte Toy4You.»Bleib einfach neben der Kamera stehen und warte auf deinen Einsatz.«

«Einsatz?«

«Herrgott noch mal, halt die Klappe und wart’s ab. «Dann sagte er zu Peter Pan und zu Wendy:»Fertig?«Ohne auf eine Antwort zu warten, nahm er seinen Platz hinter der Kamera ein. Der Junge stellte sich ans Fenster, und die Frau im Nachthemd kniete sich auf ein Bett.

Das Nachthemd war so durchsichtig, dass alles an ihr zu sehen war. Tim schluckte und hätte sich am liebsten abgewendet, aber es gelang ihm nicht, denn die Frau zog sich das Nachthemd ganz langsam aus, während Peter Pan auf sie zuging. Sie hielt ihm ihre Brüste hin, und in dem Augenblick sagte Toy4You zu Tim:»Jetzt!«

«Aber was soll ich denn tun?«, fragte Tim. Er spürte, wie sein Glied steif wurde.

«Du gehst spät ins Bett«, murmelte Toy4You, während er filmte, wie Wendy Peter die Strumpfhose herunterzog und sich an ihm zu schaffen machte.»Hast mal wieder bis in die frühen Morgenstunden in der Bibliothek gehockt und gelesen und überraschst deine Schwester und Peter Pan bei ihren kleinen Spielchen. Aber du stehst ebenfalls auf Peter und bist ganz entzückt, als du siehst, was er zu bieten hat.«

«Und … was mach ich?«

«Verdammt, geh einfach auf den Set und tu, was dir in den Sinn kommt! Ich weiß doch, worauf du stehst! Das wissen wir doch beide!«

Und das Schlimmste war, dass es sogar stimmte. Denn er konnte sich gar nicht losreißen von dem, was die beiden da vor laufender Kamera miteinander trieben. Und er wusste nicht, was es bedeutete, dass er Peters steifes Glied wie gebannt anstarrte und irgendetwas wollte, ohne zu wissen, was.

«Los, geh schon!«, zischte Toy4You.»Peter und Wendy zeigen dir, was du tun sollst. «Er warf einen Blick auf Tims Hose und grinste.»Ah. Die Wunder der modernen Medizin. Mach dir keine Sorgen.«

«Und er?«, fragte Tim.

«Wer?«

«Der … der Käpt’n.«

«Um den brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Er steht auf Peter. Und auf all die anderen verlorenen Jungs. Auf dich sowieso. Der kommt später und bestraft dich dafür, dass du mit Peter fickst, kaum dass Wendy das Zimmer verlassen hat. Okay? Kapiert? Und jetzt mach, dass du auf die Bühne kommst, wir verschwenden nur Zeit.«

«Und wie bestraft er mich?«

«Genauso, wie du es dir gewünscht hast«, sagte Toy4You gereizt.»Alles klar? Kapiert?«

«Aber du hast gesagt …«

«Herrgott noch mal, du kleiner Wichser. Was hast du denn erwartet? Den Tod auf einem Silbertablett? Und jetzt los — wird’s bald?«

MILNTHORPE — CUMBRIA

Als Deborah sich auf den Weg zum Crow & Eagle machte, wälzte sich der Nebel über die Straße wie eine dichte Rauchwolke. Die Eisenbahnbrücke, unter der Deborah hindurchfuhr, nahm sie nur noch schattenhaft wahr, das Watt war überhaupt nicht mehr zu sehen; nur noch einige Wattvögel in der Nähe des Ufers waren in dem trüben Grau vage auszumachen.

Das Scheinwerferlicht der Autos wurde vom Nebel reflektiert, und die wenigen Fußgänger, die sich bei dem Wetter noch vor die Tür wagten, tauchten so plötzlich aus dem dichten Nebel auf, als würden sie aus dem Boden schießen. Es war eine anstrengende Fahrt, und Deborah atmete erleichtert auf, als sie wohlbehalten auf den Hotelparkplatz einbog.

Tommy erwartete sie, wie versprochen. Er saß in der Bar, vor sich einen Kaffee, das Handy am Ohr. Er saß vornübergebeugt, so dass er sie nicht gleich sah, aber sie hörte das Ende seines Gesprächs mit.

«Ziemlich spät«, sagte er gerade.»Soll ich trotzdem zu dir kommen? Ich habe keine Ahnung, wann, und vielleicht solltest du lieber … Ja, in Ordnung … Ich freue mich auch, Isabelle, und es tut mir schrecklich leid, wie das alles … Ja. Also gut. Dann eben später. Ja …«Er hörte eine Weile zu und spürte anscheinend, dass Deborah sich näherte, denn er drehte sich um. Dann sagte er:»Sie ist gerade gekommen, ich nehme also an, dass wir in wenigen Minuten aufbrechen. «Er sah Deborah fragend an, und sie nickte.»Gut«, sagte er.»In Ordnung. Ich habe den Schlüssel dabei.«

Er beendete das Gespräch. Deborah wusste nicht, was sie sagen sollte. Vor zwei Monaten hatte sie bereits vermutet, dass Tommy mit seiner Vorgesetzten ins Bett ging. Aber sie war noch zu keinem Schluss gekommen, wie sie das finden sollte. Natürlich musste Tommy wieder in sein normales Leben zurückfinden, der Weg jedoch, den er dazu gewählt hatte, irritierte sie zutiefst.

«Kann ich noch einen Kaffee trinken, bevor wir fahren, Tommy?«, fragte sie.»Ich verspreche, ich werde ihn so schnell kippen wie der Priester den Altarwein.«

«Du brauchst ihn nicht zu kippen«, erwiderte er.»Ich trinke auch noch einen. Wir sollten beide hellwach sein, denn das wird eine lange Fahrt.«

Sie setzte sich, und er ging zum Tresen, um zu bestellen. Während des Telefongesprächs mit Isabelle Ardery hatte er auf einer Serviette herumgekritzelt. Er hatte ein Haus auf einer Wiese gezeichnet, dazu zwei kleinere Hütten, einen Bach und Berge auf beiden Seiten. Nicht schlecht, dachte sie. Sie hatte gar nicht gewusst, dass Tommy eine künstlerische Ader besaß.