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Er wünschte nur, dasselbe gälte für seine verdammte Story. Er wusste nicht, wie er diesen Detective von Scotland Yard ausfindig machen sollte. Er konnte nichts weiter tun, als sich in Bryanbarrow herumzutreiben und abzuwarten, wer an die Tür von Ian Cresswells Haus klopfte, um etwas über den vorzeitigen Tod des Mannes herauszufinden.

Nachdem Zed schon über eine Stunde auf seinem Posten saß und sich an seinem Bierglas festhielt, tat sich plötzlich etwas da draußen. Allerdings nicht an dem alten Herrenhaus, sondern an dem kleinen, halb verfallenen Cottage gleich daneben. Ein Mann und ein halbwüchsiger Junge traten aus der Tür und gingen ein paar Schritte weiter auf den mit Eichenlaub übersäten Dorfrasen zu, in dessen Mitte der Mann eine Fußbank abstellte. Dann setzte er sich auf die Fußbank und sagte irgendetwas zu dem Jungen, der einen alten Schuhkarton und etwas, das aussah wie ein altes Bettlaken, unterm Arm trug. Das Laken legte er dem Mann um die Schultern, anschließend entnahm er dem Schuhkarton eine Schere, einen Kamm und einen Handspiegel. Der Mann nahm seine Tweedmütze vom Kopf und nickte, woraufhin der Junge begann, ihm die Haare zu schneiden.

Das musste George Cowley mit seinem Sohn Daniel sein, dachte Zed. Es kam niemand anders in Frage. Er wusste, dass auch der Tote einen Sohn gehabt hatte, aber da Ian Cresswell tot war, nahm er nicht an, dass dessen Sohn sich auf der Farm aufhielt, und noch weniger, dass er einem Pächter die Haare schnitt. Warum das Ganze mitten auf dem Dorfplatz stattfand, war eine interessante Frage, dachte Zed. Auf jeden Fall machte es das anschließende Saubermachen einfacher.

Zed trank sein Bier aus, das inzwischen warm und schal war. Dann verließ er den Pub und ging auf den Dorfplatz zu. Es war kühl und windig draußen, und es roch nach Holzfeuer und Kuhmist. Hinter der Bryan Beck Farm blökten Schafe, und wie zur Antwort quakten ein paar Enten ungewöhnlich laut vom Bach her, den Zed am Dorfrand rauschen hören, aber nicht sehen konnte.

«Guten Tag. «Zed nickte zum Gruß.»Sie sind Mr. Cowley, wie ich höre. «Das wusste er, weil er sich während der ersten Stunde, die er auf seinem Beobachtungsposten im Pub verbracht hatte, ausführlich mit dem Wirt unterhalten hatte. Der Wirt hielt Zed für einen der zahllosen Wanderer, die regelmäßig in den Lake District kamen, um entweder das zu entdecken, was Wordsworth in seinen Werken beschrieben hatte, oder um die Urtümlichkeit der Gegend zu bestaunen — Letzteres war Beatrix Potter zu verdanken, die mit dem Erlös aus Peter Rabbit den Landstrich vor der Bauwut ihrer Zeitgenossen bewahrt hatte. Der Mann hatte Zed begeistert über den» echten Lake District «aufgeklärt und ihn mit reichlich Klatsch über dessen Einwohner versorgt, die großenteils» echte Originale «waren, wie zum Beispiel George Cowley.»Ein absolutes Schlitzohr, der gute alte George«, hatte der Wirt gesagt.»Und nachtragend bis ins Grab. Wenn Typen wie er sich nicht mit irgendeinem anlegen, langweilen sie sich. Sein Junge tut mir aufrichtig leid, denn das Einzige, wofür George sich interessiert, sind seine kleinen Fehden, und das Einzige, was er liebt, ist sein verdammter Köter. «Sein verdammter Köter war ein Border Collie, der George und seinen Sohn bis zur Hecke begleitet hatte, als die beiden auf den Dorfrasen gegangen waren. Auf ein Wort von George hin hatte der Hund sich brav an der Hecke hingelegt. Dort lag er immer noch und verfolgte aufmerksam das Geschehen.

Cowley beäugte Zed ausgesprochen misstrauisch. Sein Sohn hielt die Schere noch hoch, hatte aber aufgehört, seinem Vater die Haare zu schneiden. George drehte sich zu ihm um.»Mach weiter, Dan«, befahl er. So viel zum Thema freundliches Gespräch, dachte Zed.

«Hübsche Farm haben Sie da«, sagte Zed.»Ungewöhnlich, dass sie so mitten im Dorf liegt. So was hab ich noch nie gesehen.«

«Ist nicht meine«, bemerkte George säuerlich.

«Aber Sie bewirtschaften sie doch, oder? Ist das nicht fast so, als würde sie Ihnen gehören?«

George bedachte ihn mit einem verächtlichen Blick.»Wohl kaum. Und was geht das Sie überhaupt an?«

Zed schaute den Sohn an. Der errötete.»Eigentlich nichts«, sagte Zed.»Sieht einfach interessant aus. Das große Haus und die ganze Anlage. Ich interessiere mich für alte Häuser. Das ist ein altes Herrenhaus, nicht wahr? Das große, meine ich.«

Cowley sah ihn finster an.»Kann schon sein. Dan, machst du jetzt weiter oder nicht? Ich hab keine Lust, den ganzen Tag hier in der Kälte rumzusitzen. Wir müssen noch ein paar Sachen erledigen.«

«Es ist elisabethanisch«, sagte Dan zu Zed.»Wir haben früher in dem großen Haus gewohnt.«

«Dan!«

«Sorry. «Der Junge widmete sich wieder dem Haareschneiden. Nach dem Geschick zu urteilen, das er dabei an den Tag legte, machte er das schon seit Jahren.

«Wer sind Sie überhaupt, und warum wollen Sie das alles wissen?«, sagte Cowley zu Zed.

«Wie?«

«Das Haus. Die Farm. Warum fragen Sie danach? Wieso interessieren Sie sich dafür? Haben Sie geschäftlich hier im Dorf zu tun?«

«Äh …«Zed überlegte, auf welche Weise er möglichst viele Informationen bekommen konnte, ohne selbst allzu viel preisgeben zu müssen.»Ich interessiere mich einfach für die Geschichte der Orte, die ich besuche. Der Wirt im Pub hat mir erzählt, das Herrenhaus ist das älteste Gebäude des Dorfs.«

«Da irrt er sich. Das Cottage ist noch hundert Jahre älter.«

«Wirklich? In so einem Haus spukt’s wahrscheinlich.«

«Sind Sie deswegen hier? Sind Sie auf der Suche nach Gespenstern? Oder …«, fügte er in scharfem Ton hinzu,»… suchen Sie was ganz anderes?«

Gott, war der Mann misstrauisch, dachte Zed. Womöglich hatte der Typ das Familiensilber in seinem Kamin versteckt und fürchtete, dass Zed gekommen war, um seine Hütte auszubaldowern.»Nein, nein«, sagte er liebenswürdig.»Ich bin nur ein Tourist. Ich wollte Ihnen nicht auf die Nerven gehen.«

«Sie gehen mir nicht auf die Nerven. Ich kann schon auf Dan und mich aufpassen.«

«Selbstverständlich. «Zed bemühte sich um einen munteren Ton.»Wahrscheinlich kommen nicht viele Leute her, die Sie mit Fragen zu der Farm löchern. Das heißt, vermutlich kommen überhaupt nicht viele Leute hierher, vor allem um diese Jahreszeit, ob sie nun Fragen stellen oder nicht. «Er wand sich innerlich. Er musste unbedingt lernen, ein bisschen subtiler vorzugehen.

«Wenn Sie sich für Geschichte interessieren«, sagte Cowley,»damit kann ich dienen. «Doch dann verschränkte er unter dem Laken, das seine Kleidung vor den abgeschnittenen Haaren schützte, die Arme vor der Brust, wie um zu demonstrieren, dass er nicht vorhatte, irgendetwas von sich zu geben.

«Dad«, sagte Daniel in einem Ton, der Zed dazu veranlasste, sich zu fragen, ob es ein guter Rat oder eine Warnung war.

«Ich hab nichts gesagt«, knurrte Cowley.

«Es ist nur …«

«Sieh einfach zu, dass du fertig wirst. «Cowley wandte sich ab und betrachtete das Herrenhaus hinter der Mauer. Es war aus Stein erbaut, sauber geweißelt bis zu den Schornsteinen, und das Dach sah aus, als wäre es erst kürzlich neu gedeckt worden.»Das«, sagte er,»hätte mir gehören sollen. Aber die haben es mir vor der Nase weggeschnappt, und zwar heimlich, so dass es erst rausgekommen ist, als der Handel perfekt war. Und sehen Sie sich an, was passiert ist, was passieren musste. So läuft das nun mal. Und wen wundert’s? Aber am Ende muss jeder seinen Preis bezahlen.«

Zed schaute den Mann verwirrt an. Mit» was passiert ist«, so vermutete er, meinte Cowley den Tod von Ian Cresswell, der ja in dem Herrenhaus gewohnt hatte.»Seinen Preis?«, fragte er, während er sich den Kopf darüber zerbrach, was der Mann da faselte.