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«Dass Sie einen Termin mit jemand von Foxtons haben. Schon kapiert. Keine Sorge, das kann ich mir schon noch merken. Wahrscheinlich wäre es Ihnen ganz lieb, wenn ich wieder weg bin, bevor Ihr Immobilienfritze hier aufkreuzt, richtig?«

Vivienne war nicht dumm. Sie wusste, dass sie Barbara ein paar Informationen würde bieten müssen, damit sie sich verdrückte. Sie setzte sich auf ein kleines Sofa.»Ich habe eine Zeitlang bei Fairclough Industries gearbeitet, wie Sie bereits erwähnten. Und zwar als Bernard Faircloughs Chefsekretärin. Es war meine erste Arbeitsstelle nach meinem Abschluss an der London School of Economics. Nach ein paar Jahren habe ich die Stelle gewechselt.«

«Jemand wie Sie ist auf dem Arbeitsmarkt ziemlich umtriebig, das ist mir klar«, sagte Barbara.»Aber nach Ihrer Zeit bei Fairclough Industries und einem kurzem Intermezzo als freiberufliche Wirtschaftsberaterin haben Sie bei dieser Gartenbaufirma angefangen und sind bis heute dort geblieben.«

«Na und? Ich wollte die Sicherheit eines festen Arbeitsplatzes, und die hat Precision Gardening mir geboten. Ich bin in der Firma aufgestiegen, ich war die richtige Person am richtigen Ort zu einer Zeit, als Chancengleichheit großgeschrieben wurde. Als Geschäftsführerin habe ich dort jedoch auch nicht sofort angefangen, Sergeant.«

«Aber den Kontakt zu Fairclough haben Sie immer beibehalten.«

«Ich reiße keine Brücken hinter mir ab. Kontakte zu halten hat sich für mich als nützlich erwiesen. Bernard hat mich gebeten, im Aufsichtsrat der Fairclough Stiftung mitzuwirken. Warum hätte ich das ablehnen sollen?«

«Wie ist er denn auf die Idee gekommen?«

«Wie meinen Sie das? Das ist doch nichts Schlimmes. Er hat mich gefragt, und ich habe Ja gesagt. Es geht schließlich um eine gute Sache.«

«Und er hat Sie gefragt, weil …«

«Ich nehme an, meine Arbeit in Barrow hat ihn davon überzeugt, dass ich auch in anderen Positionen zu gebrauchen war. Als ich damals bei Fairclough Industries aufgehört habe …«

«Warum eigentlich?«

«Warum ich dort aufgehört habe?«

«Bei Fairclough Industries hätten Sie doch auch Karriere machen können.«

«Waren Sie schon mal länger in Barrow, Sergeant Havers? Nein? Also, mir hat es dort nicht gefallen. Und als sich mir dann die Gelegenheit bot, nach London zurückzukommen, habe ich nicht lange gezögert. So läuft das eben. Auf eine Position, wie sie mir dort angeboten wurde, hätte ich in Barrow Jahre warten müssen, selbst wenn es mich gereizt hätte, dort zu bleiben, was nicht der Fall war, glauben Sie mir.«

«Und jetzt leben Sie in Lord Faircloughs Wohnung.«

Vivienne änderte ihre Haltung ein wenig und richtete sich noch mehr auf, sofern das möglich war.»Was auch immer Sie glauben mögen, es entspricht nicht den Tatsachen.«

«Diese Wohnung gehört also nicht Fairclough? Warum hat er dann einen Schlüssel? Ich dachte, er kommt ab und zu vorbei, um sich zu vergewissern, dass Sie die Hütte in Ordnung halten. Wie Vermieter das halt so machen.«

«Was hat das alles mit Ian Cresswell zu tun, der ja angeblich der Grund Ihres Besuchs ist?«

«Das weiß ich noch nicht so genau«, antwortete Barbara leichthin.»Wollen Sie mir vielleicht die Sache mit dem Schlüssel erklären? Vor allem, wenn Fairclough die Hütte nicht mal gehört, wie ich angenommen hatte. Schöne Wohnung übrigens. Muss Sie ’ne Stange Geld gekostet haben. So was hütet man doch wie seinen Augapfel, oder? Und Sie werden ja sicherlich Ihre Wohnungsschlüssel nicht wahllos verteilen, sondern sie nur Personen Ihres Vertrauens überlassen, nicht wahr?«

«Das geht Sie wirklich nichts an.«

«Wo übernachtet unser guter Bernard dann, wenn er in London ist? Ich habe im Twins Club nachgefragt, aber die haben keine Übernachtungsgäste. Außer der alten Schachtel, die den Türdienst macht, lassen die keine Frau über die Türschwelle, die nicht in Begleitung eines männlichen Clubmitglieds erscheint. Ich habe gehört, dass Sie dort am Arm von Lord Fairclough ein und aus gehen. Mittagessen, Abendessen, Cocktails. Anschließend fahren Sie zusammen im Taxi weg, und das Taxi bringt Sie jedes Mal hierher. Manchmal schließen Sie die Haustür auf, manchmal schließt er die Haustür auf, und zwar mit seinem eigenen Schlüssel. Dann kommen Sie hier rauf in diesen … na ja … Palast und danach … Also, wo bettet Fairclough seinen alternden Körper, wenn er in London ist? Das ist die große Frage.«

Vivienne stand auf. Das musste sie auch, dachte Barbara, denn es dauerte nicht mehr lange, dann würde sie ihren ungebetenen Gast hinauswerfen. Aber bis dahin wollte Barbara so viel wie möglich aus ihr herausquetschen. Sie sah, dass Vivienne große Mühe hatte, die Contenance zu wahren, und das bereitete Barbara eine ungeheure Genugtuung. Es tat doch einfach ausgesprochen gut, jemanden, der so verdammt perfekt war, zu piesacken.

«Nein, das ist nicht die große Frage«, sagte Vivienne Tully.»Die große Frage ist, wie lange Sie brauchen, um zur Tür zu gehen, die ich für Sie öffnen und hinter Ihnen wieder schließen werde. Unser Gespräch ist beendet.«

«Tja«, sagte Barbara,»ich werde wohl freiwillig zur Tür gehen müssen.«

«Ich kann Sie auch dort hinzerren.«

«Und riskieren, dass ich kreische und um mich schlage, so dass die Nachbarn es hören? Ich werde einen Aufstand machen, der Ihnen mehr Aufmerksamkeit beschert, als Ihnen wahrscheinlich lieb ist.«

«Ich möchte, dass Sie gehen, Sergeant. Ich tue nichts Verbotenes und wüsste nicht, was meine Mahlzeiten oder Cocktails mit Bernard Fairclough mit Ian Cresswell zu tun hätten, es sei denn, Bernard hat Ian die Rechnungen gegeben und Ian hat sie nicht bezahlt. Aber deswegen wird er wohl kaum den Tod gefunden haben, oder?«

«Wäre das typisch gewesen für Ian? Hat er mit dem Geld des Barons gegeizt?«

«Das weiß ich nicht. Seit ich vor Jahren bei Fairclough Industries aufgehört habe, hatte ich keinen Kontakt mehr mit Ian. Ist das alles, was Sie wissen wollten? Wie gesagt, ich habe einen Termin.«

«Die Sache mit dem Schlüssel ist immer noch nicht geklärt.«

Vivienne lächelte freudlos.»Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Aufklärung dieses Details. «Sie ging zur Wohnungstür und hielt sie auf.»Wenn Sie also jetzt bitte gehen würden?«

Barbara blieb nichts anderes übrig, als der Aufforderung nachzukommen. Mehr würde sie aus Vivienne nicht herauskriegen, und die Tatsache, dass Vivienne sich nicht über einen Besuch von Scotland Yard gewundert hatte — ganz zu schweigen davon, dass sie das fast Unmögliche fertiggebracht und während des ganzen Gesprächs kein falsches Wort von sich gegeben hatte —, sagte Barbara, dass ihr Gegenüber nicht so schnell aus der Fassung zu bringen war. Sie würde sich also etwas anderes einfallen lassen müssen.

Anstatt mit dem Aufzug zu fahren, ging sie die Treppe hinunter. Als sie aus dem Treppenhaus trat, sah sie den Portier, der gerade dabei war, die Post, die durch den Schlitz in der Eingangstür geworfen worden war, aufzuheben und zu verteilen. Er hörte sie und drehte sich um.

«Ach, Sie schon wieder«, sagte er.»Haben wohl die Hoffnung noch nicht aufgegeben, was?«

Barbara trat neben ihn an den Tisch, um besser sehen zu können. Ein unterschriebenes Schuldanerkenntnis wäre jetzt genau das Richtige gewesen, am besten in Vivienne Tullys Postfach oder, besser noch, Barbara direkt ausgehändigt, damit sie es an Lynley weiterreichen konnte. Den Absendern nach zu urteilen — British Telecommunications, Thames Water, Television Licencing und so weiter — schien es sich jedoch um ganz normale Post zu handeln.

Sie sagte:»Ich hab bei Foxtons angerufen. Zufällig wird Apartment Nummer 6 demnächst verkauft. Da hab ich mir gedacht, ich seh’s mir mal eben an.«

«Miss Tully verkauft?«, fragte der Portier.»Davon hab ich ja noch gar nichts gehört. Wirklich seltsam, denn normalerweise sagen die Leute mir so was, weil dann jedes Mal ein einziges Kommen und Gehen ist.«