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Ein sehr hartnäckiges Problem war, die Pflanzen der geringen Häufigkeit von Stickstoff auf dem Mars anzupassen. Die meisten großen Konzentrationen von Nitriten wurden nach ihrer Entdeckung freigesetzt und als Stickstoff in die Atmosphäre entlassen. Diesen Prozeß hatte Sax in den 2040er Jahren initiiert und allgemeine Zustimmung gefunden, da die Atmosphäre dringend Stickstoff benötigte. Aber mit dem Boden war es genau so, und der kam zu kurz, wenn das meiste in die Luft geschickt wurde. Damit war das Pflanzenleben benachteiligt. Mit diesem Problem war noch nie eine irdische Pflanze konfrontiert gewesen, daher gab es keine erkennbaren Merkmale, die man in die Gene der Marsflora einfügen könnte.

Das Stickstoffproblem war ein immer wieder auftauchendes Thema in ihren nachmittäglichen Zusammenkünften im Cafe Lowen auf dem Mesaplateau. »Stickstoff ist so wertvoll«, sagte Berkina, »daß er im Untergrund als Tauschmittel dient.« Sax nickte unbehaglich zu dieser Fehlinformation.

Die Cafegruppe drückte ihre Verehrung für die Bedeutung von Stickstoff dadurch aus, daß man N2O aus kleinen Kanistern einatmete, die am Tisch die Runde machten. Man behauptete mit zweifelhafter Richtigkeit, aber in bester Stimmung, daß es der Terraformungsbemühung helfen würde, wenn man dieses Gas ausatmete. Als der Kanister zum ersten Male an Sax ging, beäugte er ihn mißtrauisch. Er hatte bemerkt, daß man diese Kanister in Toiletten kaufen konnte. Es gab jetzt in jeder Herrentoilette eine ganze Apotheke, Automaten an den Wänden, die Kanister mit Stickoxidul ausgaben sowie Omegendorph, Pandorph und andere mit Drogen versetzte Gase. Offenbar war Einatmen derzeit die Mode beim Drogenkonsum. Das interessierte ihn zwar nicht; aber jetzt nahm er den Kanister von Jessica, die sich an seine Schulter lehnte. Dies war ein Gebiet, wo sich die Gewohnheiten von Stephen und Sax offenbar unterschieden. Also atmete er aus und drückte dann die kleine Gesichtsmaske an Mund und Nase, wobei er unter dem Material Stephens glattes Gesicht fühlte.

Er atmete einen kühlen Schwall des Gases ein, wartete kurz und atmete aus. Er hatte das Gefühl, als ob alles Gewicht von ihm abfiele. Das war der subjektive Eindruck. Es war geradezu lustig zu sehen, wie stark die Stimmung auf chemische Manipulation reagierte, trotz allem, was diese für das heikle Gleichgewicht der Emotionen und sogar die Gesundheit ausmachte. Das war zunächst keine angenehme Vorstellung. Aber im Moment kein Problem. Er mußte lächeln. Er blickte über die Brüstung auf die Dächer von Burroughs hinab und bemerkte zum ersten Mal, daß die neuen Bezirke im Westen und Norden zu blauen Ziegeldächern und weißen Wänden übergingen, so daß sie griechisch wirkten, während die älteren Stadtteile eher spanisch waren. Jessica war entschieden bemüht, ihre Oberarme mit ihm in Kontakt zu halten. Vielleicht war ihre Ausgeglichenheit durch Heiterkeit gestört.

»Aber es ist Zeit, über die alpine Zone hinauszugehen!« sagte Claire. »Ich habe die Flechten satt und auch Moose und Gräser. Unsere Felder am Äquator werden zu Wiesen, und wir haben sogar Krummholz, und die bekommen das ganze Jahr über eine Menge Sonnenlicht, und der atmosphärische Druck am Boden der Böschung ist so hoch wie im Himalaya.«

»Auf den Gipfeln des Himalaya«, erklärte Sax und prüfte sich mental. Er konnte fühlen, daß dies eine Bemerkung nach Art von Sax gewesen war. Als Lindholm fügte er hinzu: »Es gibt im Himalaya aber auch hochgelegene Wälder.«

»Stimmt genau. Stephen, seit du dich an die Flechten herangemacht hast, hast du Wunder gewirkt. Warum gehst du mit Berkina, Jessica und C. J. nicht an subalpine Pflanzen heran? Seht zu, ob wir einige kleine Wälder schaffen können.«

Sie stießen auf diese Idee mit einem neuen Schuß Lachgas an, und der Gedanke, daß die salzigen gefrorenen Grenzen der Wasserausbrüche zu Wiesen und Wäldern würden, überkam sie alle als höchst lustig. »Wir brauchen Maulwürfe«, sagte Sax und versuchte sein Grinsen zu verscheuchen. »Maulwürfe und Wühlmäuse sind sehr wichtig, um aus Fellfields Wiesen zu machen. Ich überlege, ob wir eine Art Kohlendioxid vertragender arktischer Maulwürfe bauen könnten.«

Seine Kollegen fanden das lächerlich, aber er war einige Zeit in Gedanken vertieft und nahm das nicht wahr.

»Hör zu, Claire, meinst du, wir können hinausgehen und einen Blick auf einen Gletscher werfen? Arbeiten einige Leute an Ort und Stelle?«

Ciaire hörte auf zu kichern und nickte. »Sicher. Da fällt mir gerade etwas ein. Wir haben eine ständige Versuchsstelle mit einem guten Labor auf dem Arenagletscher. Und eine biotechnische Gruppe von Armscor ist an uns herangetreten, die bei der Übergangsbehörde einen mächtigen Stein im Brett hat. Die möchten hinausgehen, um die Station und das Eis zu sehen. Ich nehme an, sie wollen in Marineris eine ähnliche Station errichten. Wir können mit dieser Gruppe nach draußen gehen, sie herumführen und einige Feldforschung leisten. Dabei schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe.«

Pläne für diesen Ausflug gingen vom Cafe Lowen ins Labor und dann zum Frontbüro. Die Genehmigung kam schnell, wie bei Biotique üblich. Also arbeitete Sax einige Wochen heftig, um die Arbeit draußen vorzubereiten. Nach dieser intensiven Periode packte er seine Tasche und nahm eines Morgens die U-Bahn zum Westtor. Dort fand er in der Schweizer Garage einige Leute vom Büro zusammen mit mehreren Fremden. Die Vorstellungen waren noch im Gange. Er kam näher. Claire sah ihn und zog ihn in die Menge. Sie wirkte aufgeregt. »Hier, Stephen, ich möchte dich unserem Gast für den Ausflug vorstellen. Phyllis Boyle. Phyllis, das ist Stephen Lindholm.«

»Wie geht es Ihnen?« sagte Phyllis und hielt ihm die Hand hin.

Sax ergriff ihre Hand und schüttelte sie. Er sagte: »Mir geht’s gut.«

Vlad hatte seine Stimmbänder so präpariert, daß sie ein anderes Vokaltimbre lieferten, falls er je getestet würde, aber in Gamete hatten alle gesagt, daß er noch wie derselbe klänge. Und jetzt neigte Phyllis sich neugierig ihm zu, von irgend etwas alarmiert. Er sagte mit einem Blick auf Ciaire: »Es geht wohl gleich los. Ich hoffe, daß ich Sie nicht aufgehalten habe.«

»O nein, wir warten noch auf die Fahrer.«

»Ah«, entgegnete Sax. »Freue mich, Sie kennenzulernen«, sagte er höflich zu Phyllis. Sie nickte und wandte sich mit einem letzten neugierigen Blick wieder den Leuten zu, mit denen sie gesprochen hatte. Sax versuchte, sich auf das zu konzentrieren, was Ciaire über die Fahrer sagte. Offenbar war das "Fahren eines Rovers über freies Gelände jetzt ein spezieller Beruf.