Выбрать главу

»Wir finden, selbst wenn wir nicht mit Polyploiden angefangen hätten, wie wir gewöhnlich tun, verändern sie sich binnen weniger Generationen.«

»Habt ihr den Auslösemechanismus dafür untersucht?«

»Nein.«

Ein neues Mysterium. Sax schaute ins Mikroskop, verwirrt durch diese recht erstaunliche Lücke in dem bizarr gespaltenen Geflecht der biologischen Wissenschaft. Aber da konnte man nichts machen. Er hatte sich in den 2050er Jahren selbst in seinen Labors in Echus Overlook darum bemüht; und es hatte so ausgesehen, als ob Polyploidie tatsächlich durch mehr UV-Strahlung angeregt würde, als der Organismus gewohnt war. Aber wie Zellen diesen Unterschied erkennen und dann ihre Chromosomenzahl wirklich verzwei-, drei- oder vierfachten …

»Ich muß sagen, ich bin überrascht, wie sehr alles aufblüht.«

Claire lächelte fröhlich. »Ich hatte gefürchtet, daß du nach der Erde dies hier für recht unfruchtbar halten würdest.«

»O nein.« Er räusperte sich. »Ich hatte wohl nichts erwartet. Oder bloß Algen und Flechten. Aber diese Fellfields scheinen zu gedeihen. Ich hatte gedacht, daß das länger dauern würde.«

»Auf der Erde würde es das auch. Aber du mußt bedenken, wir streuen nicht bloß hier und da Samen aus und warten ab, was geschieht. Jede einzelne Spezies ist verstärkt worden, um Härte und Wachstumsgeschwindigkeit zu erhöhen.«

»Und wir haben jeden Frühling neu gesät und mit Stickstoff-fixierenden Bakterien gedüngt«, ergänzte Berkina.

»Ich dachte, entnitrifizierende Bakterien wären der Schlager.«

»Die gibt es speziell in dicken Ablagerungen von Natriumnitrat, um den Wasserstoff in die Atmosphäre freizusetzen.«

»Mir scheint es immer noch zu schnell zu gehen. Und all das muß vor Soletta geschehen sein.«

Jessica sagte von ihrem Pult auf der anderen Seite des Raums: »Es ist so, daß es hier keine Konkurrenz gibt. Die Bedingungen sind rauh, aber es sind sehr widerstandsfähige Pflanzen. Und wenn wir sie hier aussetzen, gibt es keinen Wettbewerb, um sie zu bremsen.«

»Es ist eine freie Nische«, erklärte Ciaire.

»Und die Bedingungen hier sind besser als auf den meisten Stellen des Mars«, ergänzte Berkina. »Im Süden fällt der Winter ins Aphel. Dazu die große Höhe. Die Stationen da unten melden, daß die Sterblichkeit im Winter einfach verheerend ist. Aber der Perihelwinter hier ist viel milder, und wir sind nur einen Kilometer hoch. Das ist wirklich recht günstig. In vieler Hinsicht besser als die Antarktis.«

»Besonders, was das CO2-Niveau betrifft«, sagte Claire. »Ich frage mich, ob das nicht der Grund für einen Teil der Geschwindigkeit ist, von der du sprichst. Es ist so, als ob die Pflanzen übermäßig aufgeladen wären.«

»Ah«, sagte Sax und nickte.

Also wurden die Fellfields zu Gärten. Sie wuchsen unnatürlich schnell. Das hatte er natürlich gewußt — es war überall auf dem Mars der Fall —, aber die so unfruchtbaren und verstreuten Fellfields hatten eigenwillig und wild genug ausgesehen, um ihn momentan zu verwirren. Und selbst wenn er bedachte, daß es sich um Gärten handelte, war er immer noch überrascht, daß sie so kräftig waren.

»Gut, und jetzt ergießt Soletta noch Sonnenlicht auf die Oberfläche!« rief Jessica. Sie schüttelte wie mißbilligend den Kopf. »Die natürliche Sonneneinstrahlung betrug durchschnittlich fünfundvierzig Prozent der auf der Erde; und jetzt, mit Soletta, schätzt man sie auf bis zu vierundfünfzig.«

»Erzählt mir mehr über diese Soletta!« sagte Sax vorsichtig.

Sie taten das gemeinsam. Eine Gruppe Transnationaler unter Führung von Subarashii hatte ein Gitter mit Spiegeln aus Sonnensegeln gebaut, zwischen Sonne und Mars plaziert und so ausgerichtet, daß es Sonnenlicht fokussierte, das normalerweise knapp am Planeten vorbeiliefe. Ein ringförmiger Stützspiegel, der in einer polaren Bahn umlief, reflektierte Licht auf die Soletta zurück, um den Druck des Sonnenlichts auszugleichen. Und dieses Licht wurde auch auf den Mars geworfen. Diese beiden Spiegelsysteme waren wirklich riesig im Vergleich zu den frühen Sonnensegeln von Frachtern, die Sax requiriert hatte, um Licht auf die Oberfläche zu werfen; und das reflektierte Licht, das sie dem System zufügten, war wirklich von Bedeutung. Sax murmelte: »Es muß ein Vermögen gekostet haben, die zu bauen.«

»O ja, allerdings. Die großen Transnats investieren unglaublich.«

»Und sie sind damit noch nicht fertig«, sagte Berkina. »Sie planen, eine Luftlinse ein paar hundert Kilometer über der Oberfläche fliegen zu lassen, die einen Teil des von Soletta kommenden Lichts fokussiert, um die Oberfläche auf phantastische Temperaturen zu erhitzen, wie fünftausend Grad … «

»Fünftausend!«

»Ja, das glaube ich gehört zu haben. Sie planen, den Sand und den Regolith darunter zu schmelzen, wodurch alle flüchtigen Stoffe in die Atmosphäre freigesetzt werden.«

»Aber was ist mit der Oberfläche?«

»Sie wollen das in abgelegenen Gebieten machen.«

»In Reihen«, sagte Claire, »so daß es in Gräben endet?«

»Kanälen?« fragte Sax.

»Ja, das stimmt.« Sie lachten.

»Kanäle mit Glaswänden«, sagte Sax, den der Gedanke an alle diese flüchtigen Stoffe störte. Kohlendioxid würde darunter stark vertreten sein und vielleicht sogar den Hauptanteil bilden.

Aber er wollte nicht allzu viel Interesse an den großen Plänen der Terraformung zeigen. Er ließ das Thema fallen, und bald wandte sich das Gespräch wieder ihrer Arbeit zu. Sax sagte: »Gut, ich nehme an, daß einige Fellfields recht bald zu alpinen Wiesen werden könnten.«

»Oh, das sind sie schon«, sagte"Claire.

»Wirklich?«

»Nun ja, sie sind noch klein. Aber wenn du die Westkante etwa drei Kilometer hinunterkletterst — hast du das schon einmal getan? —, wirst du sehen. Alpine Wiesen und auch Krummholz. Das ist gar nicht so schwer gewesen. Wir haben Bäume gepflanzt, ohne sie auch nur sehr zu verändern, weil es sich zeigte, daß viele Arten von Fichten und Kiefern viel tiefere Temperaturtoleranzen haben, als sie in ihren Habitaten auf der Erde gebraucht hätten.«

»Das ist seltsam.«

»Ein Überbleibsel aus der Eiszeit, nehme ich an. Aber jetzt kommt es uns gerade recht.«

»Interessant«, sagte Sax.

Und er verbrachte den Rest des Tages damit, daß er in die Mikroskope starrte, ohne etwas zu sehen, in Gedanken verloren. Das Leben ist so viel Geist, pflegte Hiroko zu sagen. Es war eine ganz eigenartige Angelegenheit, die Vitalität lebender Dinge, ihre Tendenz zur Fortpflanzung, was Hiroko ihre grüne Woge nannte, ihre Viriditas. Ein Streben nach einem Muster, das ihn sehr neugierig machte.

Bei der Morgendämmerung des nächsten Tages wachte er im Bett von Phyllis auf, die sich in die Laken neben ihm gewickelt hatte. Nach dem Dinner hatte sich die ganze Gesellschaft wie gewöhnlich in den Beobachtungsraum zurückgezogen; und Sax hatte das Gespräch mit Claire, Jessica und Berkina fortgesetzt. Jessica war sehr freundlich zu ihm gewesen, wie es ihre Art war. Phyllis hatte das gesehen und war ihm mit dem Aufzug in die Baderäume gefolgt. Sie hatte ihn mit jener verführerischen Umarmung überfallen, und dann waren sie schließlich in das Stockwerk der Schlafräume und zu ihrem Zimmer gegangen. Und obwohl es Sax nicht gefallen hatte zu verschwinden, ohne den anderen gute Nacht zu sagen, gab er ihrem Drängen nach, und sie liebten sich bis zur Erschöpfung.