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»Gewiß, aber du mußt erst Stickstoff haben, ehe du ihn geben kannst.«

»Das weiß ich.«

»Haben, ehe man gibt, und geben, ehe man verbrennt. Und hier haben wir diese enorme Ader von Natriumnitrat gefunden. Das ist reines caliche blanco, und diese Ödländer sind damit gespickt. Es scheint hier ein Flöz davon zu geben zwischen dem Tuff und der Lava, etwa drei Meter stark und sich erstreckend … wir wissen noch nicht, wie weit. Das ist eine riesige Menge Stickstoff, und wir müssen sie loswerden.«

»Fein, fein«, sagte Cojote. »Aber das ist kein Grund, uns mit Geschenken zu überhäufen.«

»Das tun wir nicht. Du wirst achtzig Prozent von dem verbrennen, was wir dir geben.«

»Siebzig.«

»Na ja, siebzig. Und dann werden wir diese Samen haben und endlich anständigen Salat bei unseren Mahlzeiten essen können.«

»Wenn ihr ihn ziehen könnt. Lauch ist sehr empfindlich.«

»Wir werden jeden Dünger haben, den wir brauchen.«

Cojote lachte. »Das nehme ich an. Aber das ist noch nicht alles. Ich sage dir was: Wir geben euch die Koordinaten für einen der Urantransporter, die wir nach Ceraunius geschickt haben.«

»Und du redest von üppigen Geschenken!«

»O nein, denn es gibt keine Garantie, daß ihr das Zeug werdet bergen können. Aber ihr werdet wissen, wo es sich befindet, und wenn ihr es wirklich bergt, könnt ihr bloß noch ein Picobar Stickstoff verbrennen, und wir sind quitt. Wie wäre es damit?«

»Es kommt mir immer noch zu viel vor.«

»Du wirst dich nicht die ganze Zeit so fühlen mit diesem caliche blanco, den ihr gefunden habt. Ist es wirklich eine solche Menge?«

»Tonnen davon. Millionen Tonnen. Diese Ödländer sind durch und durch damit durchsetzt.«

»Na schön, vielleicht können wir von euch auch etwas Wasserstoffperoxid bekommen. Wir werden den Treibstoff für die Fahrt nach Süden benötigen.«

Art beugte sich vor, wie von einem Magneten angezogen. »Was ist caliche blanco?«

Die Frau sagte: »Es ist fast reines Natriumnitrat.« Sie schilderte die Areologie dieser Gegend. Rhyolitischer Tuff — das umgebende helle Gestein — ist von der dunklen Andesitlava überlagert worden, die das Tafelland bedeckt hat. Erosion hat den Tuff überall da ausgehöhlt, wo Risse in dem freigelegten Andesit waren und Senken am Tunnelboden bildeten. Dabei wurden große Flöze von caliche frei, die zwischen den beiden Schichten gefangen waren. »Das caliche ist lockeres Gestein und Staub, zusammenzementiert mit Salzen und den Natriumnitraten.«

»Diese Schicht muß von Mikroorganismen abgelagert worden sein«, sagte ein Mann hinter der Frau, aber die widersprach sofort.

»Es könnte auch aerothermal entstanden sein, oder durch einen Blitz, der von dem Quarz im Tuff angezogen wurde.«

Sie diskutierten weiter, wie es Leute tun, die zum tausendsten Mal eine Debatte wiederholen. Art unterbrach sie wieder mit der Frage nach caliche blanco. Die Frau erklärte, daß es sich um bis zu achtzig Prozent reines Natriumnitrat handle und darum in dieser an Stickstoff armen Welt sehr wertvoll sei. Auf dem Tisch lag ein Block davon, und sie reichte ihn Art. Dann diskutierte sie weiter mit ihrem Freund, während Cojote mit einem anderen Mann über Tauschgeschäfte sprach. Es ging um Wippen und Töpfe, Kilogramme und Kalorien, Äquivalenz und Überlastung, Kubikmeter pro Sekunde und Picobare. Sie feilschten sachkundig und ernteten viel Gelächter von den Zuhörern.

An einer Stelle unterbrach die Frau Cojote mit einem Ruf: »Schau, wir können nicht einfach einen unbekannten Behälter mit Uran nehmen, von dem wir nicht sicher sind, ob wir ihn überhaupt bekommen werden. Das ist entweder ein übertrieben großes Geschenk, oder ihr wollt uns das Fell über die Ohren ziehen, je nachdem, ob wir den Lastwagen finden können oder nicht! Was für ein Geschäft ist das? Ich finde es auf jeden Fall einen lausigen Handel.«

Cojote wackelte boshaft mit dem Kopf. »Ich mußte darauf zu sprechen kommen, sonst würdet ihr mich in caliche blanco begraben, nicht wahr? Wir sind hier draußen unterwegs, wir haben einige Sämereien, aber sonst nicht viel. Bestimmt nicht Millionen Tonnen von frischem caliche. Und wir brauchen das Wasserstoffperoxid und auch die Teigwaren. Die sind keine Luxusware wie Salatsamen. Ich sage euch — wenn ihr den Lastwagen findet, könnt ihr seinen Gegenwert verbrennen und habt uns immer noch anständig bezahlt. Wenn ihr ihn nicht findet, dann schuldet ihr uns einen, das gebe ich zu; aber in diesem Fall könnt ihr ein Geschenk verbrennen, und dann sind wir auch quitt.«

»Es wird uns eine Woche Arbeit kosten und eine Menge Treibstoff, den Lastwagen zu bergen.« »In Ordnung. Wir werden noch zehn Picobar nehmen und sechs davon verbrennen.«

»Gemacht!« Die Frau schüttelte frustriert den Kopf. »Du bist ein harter Bursche.«

Cojote nickte und stand auf, um ihre Becher nachzufüllen.

Art wandte den Kopf und sah Nirgal mit offenem Mund an. »Erklär mir bitte, was hier gerade vor sich gegangen ist.«

»Nun«, sagte Nirgal, der fühlte, wie ihn die Wohligkeit des Kavas durchströmte, »sie handeln. Wir brauchen Nahrung und Treibstoff. Darum waren wir im Nachteil. Aber Cojote hat es sehr gut hingekriegt.«

Art hob den weißen Block hoch. »Aber was heißt das: Stickstoff bekommen und Stickstoff geben und Stickstoff verbrennen? Was — verbrennst du dein Geld, wenn du es bekommst?«

»Nun ja, etwas davon schon.«

»Also haben beide versucht zu verlieren?«

»Zu verlieren?«

»Bei dem Geschäft zu kurz zu kommen?«

»Zu kurz?«

»Mehr zu geben, als sie bekamen?«

»Nun ja, sicher. Natürlich.«

»Oh, natürlich!« Art rollte mit den Augen. »Aber… du kannst doch nicht auch viel mehr geben, als du bekommst. Habe ich das verstanden?«

»Richtig. Das wäre eine rituelle Geschenkverteilung, wie sie bei Indianern üblich ist und potlatching genannt wird.«

Nirgal sah zu, wie sein neuer Freund das verdaute.

»Wenn du aber immer mehr gibst, als du bekommst, wie erhältst du irgendwas zum Geben — wenn du verstehst, was ich meine?«

Nirgal zuckte die Achseln, sah Vijjika an und drückte sie vielsagend um die Taille. »Ich denke, das mußt du herausfinden. Oder machen.«

»Ah!«

»Es ist die Ökonomie des Schenkens«, sagte Vijjika.

»Die Ökonomie des Schenkens?«

»Es ist ein Teil davon, wie wir hier draußen mit den Dingen umgehen. Für das alte System von Kaufen und Bezahlen gibt es eine Geldwirtschaft, wobei Einheiten von Wasserstoffperoxid als Geld dienen. Aber die meisten Leute versuchen, soviel sie können, nach dem Stickstoffstandard zu erledigen, welcher die Geschenkökonomie darstellt. Die Sufis haben damit angefangen und die Leute in Nirgals Heimat.«

»Und Cojote«, ergänzte Nirgal. Obwohl er, wenn er sich seinen Vater ansah, verstehen konnte, daß Art sich Cojote nur schwer als Wirtschaftstheoretiker vorstellen konnte. Im Moment tippte Cojote gerade wild auf einer Tastatur neben einem anderen Mann. Und als er das Spiel, das sie machten, verlor, schubste er den Mann von seinem Sitzkissen und erklärte allen Leuten, daß ihm die Hand ausgerutscht sei. Er sagte: »Ich werde mit dir Armdrücken um doppelt oder nichts.« Dann stemmten die Männer ihre Ellbogen auf den Tisch, spannten ihre Unterarme und fingen damit an.

»Armdrücken!« sagte Art. »Das ist etwas, das ich verstehen kann.«

Cojote verlor binnen Sekunden, und Art setzte sich hin, um den Gewinner herauszufordern. Er gewann nach Sekunden; und es wurde bald offensichtlich, daß ihm niemand widerstehen konnte. Sogar die Bogdanovisten scharten sich ihm gegenüber. Drei oder vier Hände umklammerten seine Faust und sein Handgelenk, aber er klatschte jede ihrer Kombinationen auf den Tisch. »Okay, ich gewinne«, sagte er schließlich und warf sich wieder auf sein Kissen. »Wieviel bin ich euch schuldig?«