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Langsam bewegte sich die Prozession der schwarzen Scheusale an einem der zerborstenen Träger herab, um in den unerforschten Tiefen der Toten Zone zu tun, was immer die Spinnen dort taten, und French sah, wie sich die Schleuse langsam wieder zu schließen begann. Er zählte in Gedanken bis fünf, dann stieß er sich ab und glitt mit weit vorgestreckten Armen auf das Iristor zu. Seine Haltung war perfekt, das spürte er selbst, aber die beiden zusätzlichen Glieder an jeder Seite seines Körpers pendelten wild hin und her. Verdammt, diese beiden Deppen im Hort erfanden allen möglichen Firlefanz, aber eine einfache Mechanik, die die Bewegung der Zusatzarme koordinierte, bekamen sie nicht zustande! Er würde ein paar Worte in dieser Richtung mit dem Alten wechseln, sobald er zurück war.

Wenn er zurück kam.

Vorerst einmal hatte er alle Hände voll damit zu tun, nicht von den sich rasch zusammenziehenden Rändern des Schleusenverschlusses in zwei Teile zersäbelt zu werden, denn er war um eine Winzigkeit zu spät losgesprungen. Seine Füße schrammten hart über das Metall, und er spürte, wie die durchsichtige Schutzhülle über seinem Anzug riß. Es war nicht der erste Riß, den sie bekam. Trotzdem kauerte er sich in einer Ecke des Schleusenraumes zusammen und opferte kostbare drei Minuten dafür, den Schnellkleber aus der Tasche zu klauben und die Schadstelle sorgfältig zu reparieren. Die Spinnen waren nicht blöd. Oder vielleicht doch - aber selbst wenn, würden sie vielleicht anfangen, sich Gedanken zu machen, wenn sie einen ihrer Brüder sahen, der mit einem Riß im Anzug aus der Toten Zone kam...

Nachdem er seine Tarnung wieder in eine halbwegs passablen Zustand zurückversetzt hatte, richtete er sich auf, trat gebückt aus dem Schleusenraum hervor und sah sich um.

Er war allein. Gut. In diesem Teil des Nestes traf man selten Spinnen, und wenn, so waren sie stets in großer Eile und kümmerten sich einen Dreck um ihre Rassegenossen. Wenn er tiefer in das Nest eindrang, würde sich das ändern.

French glitt den langen, völlig leeren Gang entlang, wobei seine Sprünge von Mal zu Mal kürzer wurden; er näherte sich der Schweren Zone. Aufmerksam lauschte er in sich hinein, ob er schon irgendwelche Anzeichen der Gewichtskrankheit spürte. Sein Herz schlug ein wenig schneller als normal, aber das lag wohl eher an seiner Nervosität.

Sorgfältig zählte er die Türen, an denen er vorbeikam: sieben, acht, neun - bei der zehnten machte er Halt, lehnte sich für einen Moment gegen den polierten Stahl der Wand und atmete tief ein und aus. Die Luft in seinen Lungen schmeckte bitter, und sie schien viel dicker zu sein als gewohnt; es war, als versuche er, Sirup zu atmen. Also doch die Gewichtskrankheit. Nun ja, dachte French resignierend, man konnte nicht alles haben. Er sah sich noch einmal sichernd nach allen Seiten um, dann hob er die Hand und machte sich an die komplizierte Aufgabe, einen Nummerncode in eine Tastatur einzugeben, deren Tasten viel zu klein für die klobigen Handschuhe seines Anzuges waren. Natürlich vertippte er sich, und die Tür blieb, was sie war: geschlossen.

Er seufzte, versuchte es noch einmal und war jetzt sicher, die richtigen Zahlen eingegeben zu haben. Die Tür schien da anderer Meinung zu sein, denn sie rührte sich nicht. French fluchte lautlos in sich hinein und versuchte es noch einmal, ohne daß sich diese vermaledeite Tür auch nur um einen Zoll hob.

Allmählich machte sich ein sehr ungutes Gefühl in French breit. Was, wenn sie den Code geändert hatten? Sicher - auch das wäre kein unüberwindliches Problem - es war schon vorgekommen, und Pearl und seine beiden Techniker hatten noch jedes Mal einen Weg gefunden, den Computer zu überlisten. Außerdem gab es andere Wege in den Luftraum. Aber was ihm Angst machte, war die Tatsache, daß sie den Code vielleicht geändert hatten. Es war bisher zwei- oder dreimal vorgekommen, und jedesmal war hinterher etwas passiert. French war zu jung, um sich aus eigener Erfahrung daran zu erinnern, aber was er von den Alten gehört hatte, das reichte ihm vollkommen.

French verscheuchte den Gedanken und wandte sich einem näherliegenden Problem zu: nämlich dem, wie er auf die andere Seite dieser Tür kam. Es gab andere Wege in den Luftraum, und natürlich hatte er sie sich gründlich eingeprägt. Auf dem Bildschirm des Simulationscomputers. Gegangen war er einen dieser Wege noch nie. Sehr wenige kannten diese Wege aus eigener Erfahrung. Pearl war einmal dort gewesen. Und Skill auch. Was die beiden erzählt hatten, das jagte ihm selbst jetzt noch einen eisigen Schauer über den Rücken.

Einen Moment lang erwog er ernsthaft den Gedanken, mit leeren Händen zurückzukehren; schließlich - die Information, daß der Zugangscode geändert worden war, war vielleicht wertvoller für den Hort als einige Kästen Luft. Der Alte würde das verstehen. Aber dann dachte er an die Blicke, die ihm die anderen zuwerfen würden, ihr Grinsen und die hämischen Bemerkungen, die sie hinter vorgehaltener Hand machen würden; zum Beispiel, daß es ihm wahrscheinlich ganz recht gewesen war, nicht weitergehen zu können, und daß sie im Grunde nichts anderes erwartet hatten.

Außerdem brauchten sie die Luft. Sie hatten noch zwei Kisten, und wenn auch die nächste Expedition fehlschlug, dann wurde es verdammt knapp.

Also ging er weiter.

3

Nach der Enge an Bord des Schneemobils kam ihr das Innere der Transportmaschine regelrecht groß vor. Die Welt endete zwar noch immer nach einem knappen Dutzend Schritte vor einer nato-oliv-gespritzten Metallwand, aber sie konnte wenigstens aufrecht stehen und mußte nicht bei jedem Schritt aufpassen, sich nicht den Kopf, die Schienbeine oder andere Körperteile blutig zu stoßen. Außerdem bot die Transportmaschine im Moment den unbestreitbaren Vorteil, daß niemand sich die Mühe machte, auf sie zu schießen.

»Und was sagt Stone dazu?« fragte Hartmann. Sein Gesicht war nur undeutlich auf dem Bildschirm zu erkennen; zwei-dimensional, in Schwarz-Weiß und von Störungen überlagert, die seine Stimme manchmal zu einem fast unverständlichen Kreischen und Quäken machte. Allerdings waren diese Störungen auch der Garant dafür, daß ihr Gespräch von Kontinent zu Kontinent nicht abgehört werden konnte.

»Er hüllt sich in Schweigen«, antwortete Charity nach kurzem Zögern. Und nach einem raschen Blick in die Runde, mit dem sie sich davon überzeugte, daß auch Skudder nicht in Hörweite war, fügte sie hinzu: »Allmählich beginne ich mich selbst zu fragen, ob er sich nicht nur einen besonders üblen Scherz mit uns erlaubt.«

Hartmann runzelte einen Moment lang die Stirn. Seine Stimme nahm einen fast väterlich-besorgten Ausdruck an, als er antwortete: »Lassen Sie sich nicht von Skudders Mißtrauen anstecken, Charity.«

»Bestimmt nicht«, versprach sie. Sie lächelte verlegen, rettete sich schließlich in ein halb hilfloses, halb resignierendes Achselzucken und fuhr mit einem tiefen Seufzen fort: »Aber manchmal verstehe ich ihn.«

»Ich auch«, sagte Hartmann, »Trotzdem - bisher haben sich Stones Informationen als wahr erwiesen, oder?«

Natürlich hatten sie das. Und vielleicht, überlegte Charity, war es gerade das, was sie so beunruhigte. Seit sie aus dem Kälteschlaf erwacht war und sich an die undankbare Aufgabe gemacht hatte, eine ganze Welt zu befreien, hatte sie sich durch eine fast ununterbrochene Kette von Schwierigkeiten, unliebsamen Überraschungen, tödlichen Gefahren, Verrat und Niederlagen gekämpft. Die relative Reibungslosigkeit, mit der ihr Unternehmen bisher abgelaufen war, machte sie nervös. Vielleicht war sie einfach nicht mehr gewohnt, daß irgend etwas wirklich glatt lief.

»Sie sollten auf jeden Fall...« begann Hartmann, dann wurden die Störgeräusche plötzlich lauter, und das Bild auf dem kleinen Monitor begann sich in flimmernde Streifen aufzulösen. Charity runzelte die Stirn, klopfte - völlig sinnlos, aber eine liebgewonnene alte Gewohnheit, seit Menschen den elektrischen Strom erfunden hatten - mit den Fingerknöcheln gegen die Mattscheibe und wandte sich schließlich mit einem fragenden Blick an Phillipsen.