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Skudder lachte nur.

»Es gibt keinen Grund für ihn, sich solche Umstände zu machen«, sagte Charity hilflos. »Er hätte uns in Köln ohne das geringste Risiko erledigen können.«

Sie hatte das Gefühl, dies nur aus einem einzigen Grund zu sagen - nämlich dem, sich selbst zu beruhigen. Und Skudder machte sich nicht einmal die Mühe, darauf zu antworten.

Charity blickte ihn sekundenlang fast hilfesuchend an, dann stand sie auf und begann unruhig im Innern der Maschine auf und ab zu gehen. Ihr Blick glitt durch den mit einem engmaschigen Kunststoffnetz abgetrennten hinteren Teil der Maschine, und eine Mischung aus Stolz, Resignation und fast hysterischem Zorn überkam sie. Nicht zum ersten Mal.

Trotz seiner enormen Größe schien das Flugzeug schier aus den Nähten zu platzen. Was Hartmanns Männer in den hinteren fünf Sechsteln des Transportraumes untergebracht hatten, das hätte noch vor einem halben Jahrhundert ausgereicht, einen mittleren Krieg zu entfesseln - und zu gewinnen. Vor der geschlossenen Rampe des Superguppy II thronte ein einsatzbereiter Leopard-Panzer; eines der vollcomputerisierten, fast unverwundbaren Monster, wie sie es in Paris gefunden hatten. Hinter ihm erhob sich der bizarre Umriß eines in Teile zerlegten Stealth-Copters, und der Rest des verbliebenen Platzes wurde von einer Unzahl von Kisten, Kartons und Verpackungszylindern eingenommen, in die Hartmann alles hatte einpacken lassen, was nötig war, um eine Stadt von der Größe New Yorks im Sturm zu nehmen. Nur warme Unterwäsche hatte er vergessen, dachte Charity spöttisch. O ja - und noch eine Kleinigkeit: die zwei Dutzend Männer, die sie brauchten, um diese ganze Science-Fiction-Kriegsmaschine in Gang zu setzen.

Natürlich war es nicht seine Schuld. Er hatte ihnen alles gegeben, was er entbehren konnte. Männer hatte er selbst nicht, seit mehr und mehr von ihnen zu Kyles Jared übergelaufen waren. Leßter und seine beiden Kollegen waren im Grunde schon mehr, als er entbehren konnte.

Charity fragte sich, wie es jetzt wohl in der riesigen Bunkerstation aussah. Als sie Hartmann verlassen hatten - vor nunmehr drei Tagen - hatte seine Besatzung noch ganze siebzig Köpfe gezählt. Und er brauchte ungefähr fünfmal so viel, um die Basis auch nur notdürftig zu bemannen.

»Wir könnten es mit dem Leo versuchen«, sagte Leßter, der ihren Blick bemerkt, aber ganz offensichtlich falsch verstanden hatte.

»Können Sie damit umgehen?« fragte Charity, ohne sich zu ihm herumzudrehen. Sie konnte Leßters Grinsen beinahe hören. »Ich hatte ein paar Stunden am Simulator. Aber schwerer als...«

»... INTERCEPTOR oder RETALIATOR kann es auch nicht sein«, führte Charity den Satz spöttisch zu Ende. »Ich weiß.« Sie lächelte, schüttelte den Kopf und wandte sich wieder zu ihm und den beiden anderen um. »Ich glaube Ihnen sogar. Aber es hätte wenig Zweck. Wir müssen ungesehen in die Stadt hineinkommen.«

Leßter grinste noch fröhlicher. »Lassen Sie mich hinter die Kanone, und es wird niemand mehr da sein, der uns sehen könnte.«

Gegen ihren Willen mußte Charity abermals lächeln. Aber sie antwortete nicht mehr, sondern ging an ihm und den beiden anderen vorbei wieder zurück in die Steuerkanzel. »Was macht die Funkverbindung mit Hartmann?«

Phillipsen sah nicht einmal von seinen Geräten auf, sondern fuhr fort, mit schnellen, irgendwie nervös aussehenden Bewegungen an Knöpfen und Schaltern zu hantieren.

»Stimmt etwas nicht?« fragte Charity, als sie auch nach einigen Sekunden keine Antwort bekam.

Phillipsen zuckte unglücklich mit den Schultern. »Ich ... bin nicht sicher«, antwortete er ausweichend.

Mit einem raschen Schritt trat Charity vollends hinter ihn und beugte sich vor, um über seine Schulter zu blicken. Nicht, daß sie dadurch irgendwie schlauer wurde. Sie hatte Raumschiffe geflogen, die zehnmal so groß wie dieser Transporter waren, und trotzdem verwirrte sie das Steuerpult dieser Maschine immer noch. »Was ist los?« fragte sie. »Ist die Verbindung zusammengebrochen?«

»Komplett«, antwortete Phillipsen. »Aber die Funkverbindung macht mir die wenigsten Sorgen.« Er schüttelte den Kopf. »Die ganze Kiste spinnt.«

»Was genau meinen Sie damit?« fragte Charity alarmiert.

Phillipsen zuckte abermals die Achseln. »Das weiß ich selbst nicht«, gestand er. »Sehen Sie sich das an. Die Instrumente rasten völlig aus.«

Charity hörte, wie Skudder, Leßter und Faller hinter ihr in die Steuerkabine kamen, und trat einen halben Schritt zur Seite, um Leßter Platz zu machen.

»Laß mich mal sehen«, sagte der Leutnant. »Alles muß man selbst machen!«

Phillipsen spießte ihn mit Blicken geradezu auf und streckte die Hand nach einem Schalter aus, aber Leßter schlug ihm auf die Finger und schüttelte tadelnd den Kopf. »Nimm deine ungleichen Pfoten von meinen Geräten«, sagte er. »Das Ding hier ist ein Flugzeug, kein Eierkocher!«

»Jetzt reicht's«, sagte Charity scharf. »Reißen Sie sich zusammen, Leutnant Leßter!« Sie deutete fordernd auf das Instrumentenpult. »Was geht da vor?«

Leßter fuhr sichtbar zusammen, antwortete aber nicht sofort, sondern blickte rasch und mit wachsender Bestürzung auf die Instrumentenkonsole vor sich. »Ich fürchte, Leutnant Phillipsen hat recht, Captain Laird«, sagte er steif. »Die Instrumente scheinen gestört zu sein.«

»Scheinen?« hakte Skudder nach.

Leßter zuckte mit den Schultern. »Ich denke schon«, sagte er. »Denn das, was sie anzeigen, ist schlicht und einfach unmöglich. Scheißtechnik. Das Ding ist doch nur ein besserer Eierkocher!«

Charity warf ihm einen alarmierten Blick zu. »Und was sagen die Instrumente?« fragte sie so beherrscht wie möglich.

Leßters Gestik verriet völlige Ratlosigkeit. »Die Anzeige kann nicht stimmen, Captain Laird«, sagte er. »Wenn das, was die Instrumente behaupten, wahr ist, dann kommt etwas auf uns zu. Etwas von der Größe eines ganzen Häuserblocks, schätze ich.«

»Wie bitte?« sagte Skudder erschrocken.

Leßter warf einen raschen Blick auf die Instrumente. »Ungefähr siebenhundert Meter lang, dreihundert breit und fast genauso hoch. Hundertneunzigtausend Tonnen Gewicht - plus minus fünf Prozent. Und das ist unmöglich.«

»Da wäre ich ... nicht so sicher«, murmelte Skudder erschrocken. Instinktiv blickte er durch die Kanzel nach draußen, aber das Bild hatte sich nicht geändert. Vor ihnen lag nur die braunweiße Schneebene und die kochende Wand des Sturmes.

»Es ist unmöglich«, beharrte Leßter. Er tippte mit der Spitze des kleinen Fingers auf einen seiner zahllosen Monitore. »Das Ding hier behauptet, daß es weder rollt noch fliegt.«

»Sondern?«

»Es läuft.«

Für geschlagene zehn Sekunden herrschte vollkommenes Schweigen in der Pilotenkanzel. Dann sagte Skudder ganz leise:

»Sie täuschen sich, Leßter. Es ist möglich.«

Charity starrte ihn an. »Wie bitte?«

»Starten!« schrie Skudder plötzlich. »Um Gottes willen - starten Sie die Maschine! Wir müssen hier weg!«

Von einer Sekunde auf die andere schien Leßter sich zu verwandeln. Plötzlich war an ihm überhaupt nichts Albernes oder Kindisches mehr. Mit der Präzision einer Maschine fuhr er in seinem Sitz herum, kippte in einer einzigen Handbewegung ein halbes Dutzend Schalter und Hebel gleichzeitig herum und zog den Steuerknüppel zu sich heran. Auch Phillipsens Hände begannen über das Pult zu huschen wie kleine, flinke Tiere, die ganz von selbst wußten, was zu tun war, und hinter ihnen ließ sich Faller ohne ein Wort in den Sessel des Funkers sinken und streifte die Kopfhörer über.

»Anschnallen!« befahl Leßter knapp. »Das wird ein Gewaltstart!«

Das Instrumentenpult begann zu flackern, als Dutzende von Geräten gleichzeitig zum Leben erwachten. Ein dumpfes, rasch lauter werdendes Summen drang aus dem Rumpf des Flugzeuges und ging in ein an- und abschwellendes Wimmern über, als Leßter die Turbomotoren startete.