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«Vom Wagen. Zwischen Kempton und London. Fahre noch beim Orthopädischen Versorgungszentrum in Roe-hampton vorbei, weil’s am Weg liegt, aber ich könnte… na, sagen wir mal… in anderthalb Stunden bei deiner Schule sein und dich da abholen. In Ordnung?«

«Sicher doch«, sagte er.»Was willst du denn in dem Prothesenladen?«

«Mit Alan Stephenson sprechen.«

«Der ist doch längst nach Hause.«

«Er hat mir gesagt, daß er heute länger bleibt.«

«Tut dein Arm wieder weh?«

«Nein… es geht nur um Schrauben und so.«

«Na gut«, sagte er,»wir seh’n uns dann.«

Ich legte mit einem Gefühl der Befriedigung, das Chico so gut wie immer in mir hervorrief, den Hörer auf. Es war gar keine Frage, daß er ein großartiger Arbeitskollege war— er war komisch, einfallsreich, ausdauernd und erstaunlich kräftig. Schon manch ein Ganove hatte zu spät erkannt, daß unser jugendlich-ranker Chico mit seinem jungenhaften Grinsen mit größter Leichtigkeit die schwersten Burschen über die Schulter werfen konnte.

Ich hatte ihn kennengelernt, als wir beide noch bei der Detektei Radnor arbeiteten, bei der ich meinen neuen Beruf erlernte. Es hatte sich mir dann die Möglichkeit eröffnet, zunächst Partner und schließlich sogar Eigner dieser Auskunftei zu werden. Radnor und ich hatten uns schon geeinigt, und wir hatten den Namen des Unternehmens bereits in Radnor-Halley geändert, da war Knall auf Fall alles ganz anders gekommen. Es muß gerade einen Tag vor Unterzeichnung der Verträge gewesen sein, alle finanziellen Fragen waren geklärt, und der Champagner war kalt gestellt, als sich der alte Radnor zu Hause in seinen Sessel setzte, um ein Nickerchen zu machen, aus dem er nicht wieder aufwachte.

Wie von einem Gummiband aus Kanada herübergeschnipst, erschien augenblicklich und unvermutet ein Neffe Radnors auf der Bildfläche, hielt mir ein Testament zu seinen Gunsten unter die Nase und forderte sein Recht. Er sei nicht gewillt, erklärte er ohne Umschweife, die Hälfte seines Erbes an einen einhändigen Ex-Jockey abzutreten — und dies schon gar nicht zu dem vereinbarten Preis. Nein, er selbst wolle den Laden übernehmen und ihm neues Leben einhauchen. Er würde zunächst einmal aus der alten, bombenbeschädigten Bruchbude in der Cromwell Road aus- und in moderne Büroräume umziehen, und wem dieser Ortswechsel nicht passe, der könne ja gehen.

Die meisten von der alten Crew waren an Bord geblieben, nur Chico hatte einen Wahnsinnskrach mit dem Neffen gehabt und daraufhin der Arbeitslosigkeit den Vorzug gegeben. Es dauerte aber nicht lange, da hatte er den neuen Job als Judolehrer gefunden, und als ich ihn das erste Mal um Hilfe anging, sagte er begeistert zu. Seitdem war ich, wie es schien, zum meistbeschäftigten Detektiv auf dem Gebiet des Pferderennsports geworden, und wenn das Radnors Neffen nicht paßte (wie man hörte, kochte er vor Wut), dann war das halt sein Pech.

Chico kam durch die gläserne Schwingtür der Schule gesaust, und das Licht in seinem Rücken ließ einen kleinen Heiligenschein um seinen Krauskopf entstehen. Damit war seine Heiligmäßigkeit allerdings auch schon erschöpft, denn der Mensch, der zu den Locken gehörte, war keineswegs langmütig, gottesfürchtig oder gar keusch.

Er schob sich auf den Beifahrersitz, grinste mich an und meinte:»Um die Ecke ist ein Pub mit einem ganz beachtlichen Paar Titten drin.«

Ergeben fuhr ich auf den Parkplatz des Pubs und folgte ihm in die Saloon Bar. Das Mädchen, das die Getränke ausschenkte, war, wie er gesagt hatte, von der Natur durchaus großzügig bedacht worden und begrüßte Chico zudem mit vielsagender Herzlichkeit. Ich hörte mir ihr flirtendes Geplauder an und zahlte die Getränke.

Nach einer Weile setzten wir uns auf eine Bank an der Wand, und Chico ging sein erstes Glas Bier mit jenem Durst an, der durch ein Zuviel an körperlicher Ertüchtigung entsteht.»So ist’s besser«, sagte er, setzte sein Glas kurzzeitig ab und betrachtete das meine.»Ist das etwa reiner Orangensaft?«

Ich nickte.»Ich mußte heute schon den ganzen Tag über dauernd irgendwas trinken.«

«Ich weiß wirklich nicht, wie du mit all dem Luxus und Wohlleben fertig wirst.«

«Spielend.«

«Aha. «Er trank sein Glas leer, ging sich Nachschub holen, blieb noch ein bißchen mit dem Mädchen im Clinch und kehrte schließlich zu mir zurück.»Wo soll ich denn mal wieder hin, Sid? Und was tun?«

«Newmarket. Kleiner Zug durch die Gemeinde.«

«Klingt gar nicht so übel.«

«Schau dich dort mal nach einem Mann namens Paddy Young um. Er ist der Stallmeister von George Caspar. Stell fest, wo er einkehrt, und versuch, irgendwie mit ihm ins Gespräch zu kommen.«

«Gut.«

«Wir möchten gern wissen, wo drei Pferde abgeblieben sind, die in seinem Stall gestanden haben.«»So, möchten wir das?«

«Es gibt eigentlich keinen Grund, warum er dir das nicht erzählen sollte. Jedenfalls sehe ich keinen.«

Chico blickte mich an.»Und warum fragst du nicht George Caspar direkt? Wäre doch einfacher, oder?«

«George Caspar soll vorläufig nicht erfahren, daß wir uns für Pferde von ihm interessieren.«

«Ach, so ist das!«

«Keine Ahnung. «Ich seufzte.»Die drei Pferde heißen jedenfalls >Bethesda<, >Gleaner< und >Zingaloo<.«

«Okay, ich fahre morgen rauf. Sollte nicht allzu schwer sein. Soll ich dich anrufen?«

«So bald wie möglich.«

Er sah mich von der Seite an.»Was hat denn der Prothesenheini gesagt?«

«Hallo, Sid, schön, Sie zu sehen.«

Er gab einen resignierten Seufzer von sich.»Genausogut könnte man eine Backsteinwand fragen.«

«Er meinte, das Schiff habe kein Leck und könne seine Fahrt fortsetzen.«

«Besser als gar nichts.«

«Du sagst es.«

Ich fuhr — wie von Charles vorhergesehen — am Samstagnachmittag nach Aynsford hinaus und spürte, wie sich mit jeder Meile meine finstersten Befürchtungen verdichteten. Um mich abzulenken, dachte ich über die Neuigkeiten nach, die mir Chico mittags aus Newmarket durchgegeben hatte.

«Ich hab ihn«, sagte er.»Ist ein solide verheirateter Mann, der jeden Freitagabend brav seine Lohntüte zu

Hause abliefern muß, aber eben hat er sich auf ein schnelles Bierchen verdrücken können. Der Pub liegt fast neben dem Stall, sehr praktisch. Tja, falls ich richtig verstanden habe, was er mir erzählt hat… er spricht mit so dickem irischem Akzent, daß man denkt, man hätte es mit ’nem Ausländer zu tun… also, es lief darauf hinaus, daß alle drei Pferde in die Zucht gekommen sind.«

«Wußte er auch, wohin?«

«Sicher. >Bethesda< ging an einen Stall in Gloucestershire, Garvey oder so, und die anderen beiden sind bei einem Gestüt hier in der Nähe von Newmarket gelandet, das Paddy Young zufolge Traces heißt. Jedenfalls hab ich’s so verstanden, seine Aussprache ist wirklich fürchterlich.«

«Thrace«, sagte ich.»Henry Thrace.«

«Ja? Na, dann siehst du ja vielleicht auch einen Sinn in dem, was er sonst noch so zu sagen wußte. Zum Beispiel, daß >Gleaner< Tritus und >Zingaloo< ’nen Virus gehabt und Bruttersmit bei beiden ganz schnell >Daum runter< gemacht hat.«

«>Gleaner< hatte was?«

«Tritus.«

Ich versuchte, mir den Satz»>Gleaner< hatte Tritus «irisch vorzusprechen, und gelangte zu >»Gleaner< hatte Arthritis«, was schon sehr viel wahrscheinlicher klang.»… und Brothersmith hat ganz schnell die Daumen nach unten gedreht.«

«Genau«, sagte er,»das ist es.«

«Die Pubs machen noch nicht gleich zu«, sagte ich.»Könntest du noch versuchen herauszubekommen, ob dieser Brothersmith der Tierarzt von George Caspar ist? Und wenn ja, dann such doch seine Adresse und Nummer aus dem Telefonbuch heraus.«