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«Da, genau vor Ihnen«, sagte ich und zeigte auf sie.»Sie kommen gerade noch rechtzeitig.«

«Verdammter Verkehr.«

Er schritt, ein Fernglas am Handgelenk, über das Gras zu George hinüber, der ihn kurz begrüßte und ihm offensichtlich empfahl, sich mit mir zusammen den Trainingsgalopp anzusehen, denn Trevor kehrte unverzüglich zurück, um sich gewichtig und voller Selbstvertrauen neben mir aufzubauen.

«George sagt, meine seien beide in der ersten Gruppe. Er meinte, Sie würden mir sagen, wie sie sich schlagen, der unverschämte Kerl. Hab ich etwa keine Augen im Kopf? Er reitet ein Stück weiter rauf.«

Ich nickte. Trainer stellten sich gern auf halber Strecke auf, weil sie dort einen besseren Eindruck von der Leistung ihrer vorbeigaloppierenden Pferde gewinnen konnten.

Vor uns schwenkten vier Pferde langsam in die Startposition ein. Trevor Deansgate hob das Glas vor die Augen und stellte es scharf. Marineblaues Tuch mit feinem rotem Nadelstreifen. Gepflegte Hände, goldene Manschettenknöpfe, Onyxring, alles wie gehabt.

«Welches sind Ihre?«fragte ich.

«Die beiden Füchse. Der weißbestrumpfte ist >Pinafore<. Der andere ist eine Lusche.«

«Die Lusche «hatte kurze, kräftige Gliedmaßen und einen rundlichen Rumpf. Könnte mal ein brauchbares Jagdpferd abgeben, dachte ich. Mir gefiel sein Anblick jedenfalls sehr viel besser als der von >Pinafore<, der eher wie ein Whippet aussah. Auf ein Zeichen von George hin starteten die vier Pferde und zeigten bis hinauf ins Ziel, daß sie Sprinterblut in den Adern hatten. >Pinafore< gewann mit Leichtigkeit, und die Lusche wurde dem Urteil ihres Besitzers gerecht. Trevor Deansgate ließ mit einem Seufzer das Glas sinken.

«Das wär’s denn wohl. Kommen Sie auch zum Frühstück zu George?«

«Nein, heute nicht.«

Er hob das Glas erneut vor die Augen und richtete es nun auf das weitaus nähere, sich im Kreise bewegende Lot. Nach dem Winkel zu urteilen, besah er sich nicht die Pferde, sondern die Reiter. Die Suche endete bei Inky Poole — dann nahm er das Glas herunter und folgte >Tri-Nitro< mit bloßem Auge.

«Heute in einer Woche«, sagte ich.

«Ein Prachtkerl.«

Ich nahm an, daß er — wie alle Buchmacher — nur zu glücklich sein würde, wenn der heiße Favorit der Guineas verlöre, aber in seiner Stimme lag nichts als die Bewunderung für ein großes Pferd. >Tri-Nitro< trottete jetzt zum Start, und als George das Zeichen gab, stob er zusammen mit zwei Begleitpferden in beeindruckendem Tempo davon. Ich stellte mit Interesse fest, daß Inky so ruhig wie die Geduld selbst im Sattel saß und mit einer Könnerschaft ritt, die zehnmal mehr wert war als das, was er aller Wahrscheinlichkeit nach bezahlt bekam. Gute Arbeitsjockeys wurden stets unter Wert entlohnt — und das, obwohl schlechte ein Pferd im Maul verderben, sein Temperament und seine gesamte Karriere ruinieren konnten. Es war schon verständlich, daß sich George bei dem, was er im Stall stehen hatte, nur die besten holte.

Das Entscheidende war nicht der scharfe Galopp in vollem Tempo, der am kommenden Samstagmorgen auf einer langen, ebenen Fläche wie etwa den Limekilns geritten werden würde. Ein schneller Kanter die Steigung des Warren Hill hinauf reichte als Test völlig aus. >Tri-Nitro< bewältigte die Strecke ohne die geringsten Anzeichen von Anstrengung und erreichte die Kuppe, als könne er noch sechsmal hinaufgehen, ohne es zu merken.

Sehr eindrucksvoll, dachte ich. Die Presseleute waren ganz eindeutig der gleichen Meinung und kritzelten ihre Notizblöcke voll. Trevor Deansgate blickte mit einiger Berechtigung nachdenklich drein, während George Caspar, der den Hügel herabgeritten kam und neben uns stehenblieb, fast schon unverschämt zufrieden aussah. Man gewann den Eindruck, daß die Guineas für ihn schon gelaufen war.

Die Pferde kehrten nach getaner Arbeit vom Hügel zu dem noch immer im Kreis bewegten Lot zurück, wo die Arbeitsjockeys auf frische Tiere aufsaßen, um auch mit ihnen den Trainingslauf zu absolvieren. >Tri-Nitro< bekam den Jungen mit der olivgrünen Jacke und dem roten Halstuch wieder, und schließlich kehrten alle zum Stall zurück.

«Das wär’s für heute«, sagte George.»Alles klar, Trevor? Frühstück?«

Sie nickten mir zum Abschied zu und machten sich auf den Weg, der eine im Auto und der andere zu Pferd. Ich dagegen hatte nur Augen für Inky Poole, der die Trainingsstrecke viermal geritten war und nun mürrisch zu seinem geparkten Wagen strebte. Ich ging ihm nach und sagte:»Also der Ritt mit >Tri-Nitro<… ganz hervorragend, Inky.«

Er blickte mich säuerlich an:»Ich hab Ihnen nichts zu sagen.«

«Ich bin nicht von der Presse.«

«Ich weiß, wer Sie sind. Hab Sie bei Rennen gesehen. Ließ sich ja auch kaum vermeiden. «Das war in unfreundlichem, fast höhnischem Ton gesagt.»Was wollen Sie?«

«Wie ist >Tri-Nitro<, wenn Sie ihn mit >Gleaner< vor einem Jahr vergleichen?«

Er angelte die Autoschlüssel aus der mit einem Reißverschluß versehenen Brusttasche seines Anoraks und steckte einen ins Türschloß. Was ich von seinem Gesicht sehen konnte, ließ keine Bereitschaft zur Kooperation erkennen.

«Hat Ihnen >Gleaner< eine Woche vor den Guineas einen vergleichbaren Eindruck vermittelt?«fragte ich erneut.

«Mit Ihnen rede ich nicht.«

«Und was ist mit >Zingaloo<?«fuhr ich fort.»Oder mit >Bethesda<?«

Er öffnete die Autotür und schob sich auf den Fahrersitz, wobei er sich die Zeit ließ, mir einen feindseligen Blick zuzuwerfen.

«Verpiß dich!«knurrte er, knallte die Wagentür zu, stieß den Zündschlüssel ins Schloß und brauste davon.

Chico war zum Frühstück aufgestanden, saß jedoch im Speisezimmer des Pubs und hielt sich den Kopf.

«Schau bloß nicht so verdammt gesund drein«, sagte er, als ich mich zu ihm setzte.

«Eier mit Speck«, sagte ich.»Das nehm ich. Oder vielleicht auch Kipper. Und Erdbeermarmelade.«

Er stöhnte.

«Ich muß nach London zurück«, erklärte ich dann.»Würde es dir was ausmachen, noch hier zu bleiben?«Ich zog die Kamera aus der Tasche.»Nimm den Film raus und laß ihn entwickeln. Wenn’s irgend geht, bis morgen. Da sind ein paar Bilder mit >Tri-Nitro< und Inky Poole drauf. Die könnten vielleicht mal von Nutzen sein, man kann nie wissen.«

«Okay«, sagte er.»Aber du mußt meine Penne anrufen und Bescheid sagen, daß mein schwarzer Gürtel in der Reinigung ist.«

Ich lachte.»Bei George Caspars Lot waren heute morgen übrigens auch ein paar Mädchen dabei. Sieh mal zu, was sich da machen läßt.«

«Das gehört nicht zum Bereich meiner Pflichten«, wandte er ein, aber sein Blick schien plötzlich viel klarer geworden zu sein.

«Und wofür interessiere ich mich?«

«Zum Beispiel, wer >Tri-Nitro< für die Trainingsarbeit aufsattelt und was für ein Programm von heute bis nächsten Mittwoch vorgesehen ist und ob sich sonst irgendwas Übles tut.«

«Was ist mit dir?«

«Ich bin am Freitagabend wieder da«, antwortete ich.»Rechtzeitig zum Abschlußtraining am Sonnabend. Sie nehmen da bestimmt auch >Tri-Nitro< noch mal ordentlich ran, um ihn in Topform zu bringen.«

«Glaubst du wirklich, daß da ein krummes Ding läuft?«wollte er wissen.

«Wirf ’ne Münze. Ich weiß es nicht. Ich rufe besser mal Rosemary an.«

Ich gab mich wieder als Mr. Barnes aus, und Rosemary kam an den Apparat, erregt wie immer.

«Ich kann jetzt nicht sprechen. Wir haben Leute zum Frühstück da.«

«Hören Sie, nur ganz kurz«, sagte ich.»Versuchen Sie, George dazu zu überreden, das Programm für das Abschlußtraining von >Tri-Nitro< am Samstag abzuändern. Beispielsweise einen anderen Jockey zu nehmen. Nicht Inky Poole.«

«Sie glauben doch nicht…«Ihre Stimme kippte über und brach ab.