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«Ich glaube gar nichts«, sagte ich.»Aber wenn George das gewohnte Schema ändert, verringert das die Wahrscheinlichkeit, daß manipuliert wird. Routine ist der Busenfreund des Gangsters.«

«Was? Ach so. Also gut, ich werd’s versuchen. Und was machen Sie?«

«Ich werde zum Abschlußtraining da sein. Und dann bleibe ich in der Nähe, bis die 2000 Guineas gelaufen ist. Aber ich wollte, Sie ließen mich mal mit George reden.«

«Nein. Er würde fuchsteufelswild werden. Ich muß

Schluß machen. «Der Hörer wurde mit einem klappernden Geräusch aufgelegt, das auf nach wie vor zitternde Hände schließen ließ, und ich fürchtete, George könnte doch recht damit haben, daß seine Frau neurotisch sei.

Charles und ich trafen uns am nächsten Tag wie gewohnt im» Cavendish Hotel «und saßen in der Bar im ersten Stock.

«So glücklich«, sagte er,»habe ich dich nicht mehr gesehen, seit…«Er deutete mit dem Glas auf meinen Arm.»Du wirkst irgendwie befreiter. Nicht so stoisch verschlossen wie früher.«

«Ich war in Newmarket«, sagte ich.»Habe mir gestern die Morgenarbeit angesehen.«

«Ich hätte gedacht. «Er verstummte.

«Daß mich die Eifersucht verzehrt?«sagte ich.»Schon möglich, aber ich hab’s trotzdem genossen.«

«Gut.«

«Ich fahre morgen abend wieder rauf und bleibe bis nach den Guineas am nächsten Mittwoch.«

«Und unser Lunch am Donnerstag?«

Ich lächelte und holte ihm einen großen Pink Gin.»Bis dahin bin ich zurück.«

Wir aßen dann Muscheln mit Wein-Käse-Sauce, und er berichtete mir das Neueste von Jenny.

«Oliver Quayle hat mir die Adresse geschickt, um die du gebeten hast. Die von der Wachsfirma. «Er zog einen Zettel aus seiner Brusttasche und reichte ihn mir.»Oliver macht sich Sorgen. Er sagt, die Polizei setze ihre Ermittlungen fort, und Jenny könne so gut wie sicher mit einer Anklage rechnen.«

«Wann?«»Das weiß ich nicht. Oliver auch nicht. Manchmal brauchen diese Dinge Wochen, manchmal aber auch nicht. Und wenn Klage erhoben würde, sagt Oliver, würde sie vor einem Magistratsgericht erscheinen müssen, das den Fall dann mit Sicherheit an den Crown Court abgeben werde, weil es um so hohe Beträge geht. Aber sie würden sie natürlich gegen Kaution auf freien Fuß setzen.«

«Kaution!«

«Oliver meint, daß sie leider mit einer Verurteilung rechnen müsse; aber wenn die Tatsache hervorgehoben würde, daß sie unter dem Einfluß von Nicholas Ashe so gehandelt habe, wie es nun mal der Fall war, werde der Richter ihr wahrscheinlich sein Mitgefühl nicht versagen und die Strafe zur Bewährung aussetzen.«

«Selbst wenn Ashe nicht gefunden wird?«

«Ja. Natürlich würde Jenny mit etwas Glück der Strafe ganz entgehen, wenn er gefunden, vor Gericht gestellt und verurteilt würde.«

Ich holte so tief Luft, daß es wie ein Seufzer klang.

«Dann müssen wir ihn eben finden, nicht wahr?«sagte ich.

«Aber wie?«

«Tja… ich habe fast den ganzen Montag und den heutigen Vormittag damit zugebracht, einen großen Karton voller Briefe durchzusehen. Von Leuten, die Geld geschickt und Wachs bestellt haben. Achtzehnhundert Stück, so in etwa.«

«Und inwiefern hilft uns das?«

«Ich habe angefangen, sie alphabetisch zu ordnen und eine Liste zu machen. «Er runzelte skeptisch die Stirn, aber ich fuhr fort:»Das Interessante daran ist, daß alle Namen mit L, M, N und O anfangen. Keiner von A bis K oder von P bis Z dabei.«»Ich verstehe nicht ganz…«

«Sie könnten Teil einer Adressenliste sein«, sagte ich.»Zum Beispiel von einer Versandfirma. Oder sogar von einer wohltätigen Vereinigung. Es muß Tausende von Adressenlisten geben, aber die hier hatte zweifellos den gewünschten Erfolg, das heißt, es war beispielsweise keine Liste von Leuten, die wegen schuldig gebliebener Hundesteuer gemahnt werden sollten.«

«Klingt plausibel«, sagte er trocken.

«Ich dachte mir, ich ordne die Briefe mal und stelle dann fest, ob vielleicht jemand wie Christie’s oder Sotheby’s — es geht schließlich um Politur für antikes Mobiliar — eine Adressenliste hat, die mit meiner übereinstimmt. Nur eine vage Vermutung, ich weiß, aber es könnte ja sein.«

«Ich könnte dir dabei helfen«, sagte er.

«Ist aber ein sehr langweiliger Job.«

«Sie ist meine Tochter.«

«Also gut, mir wär's schon recht.«

Ich aß meine Muscheln auf, lehnte mich im Stuhl zurück und trank einen Schluck von Charles’ hervorragendem, kaltem Weißwein.

Er sagte, er wolle in seinem Club übernachten und dann morgen in meine Wohnung kommen, um mir beim Sortieren der Briefe zu helfen, und ich gab ihm meinen Ersatzschlüssel, damit er hineinkonnte, falls ich gerade eine Zeitung oder Zigaretten holen war. Er zündete sich eine Zigarre an und betrachtete mich durch den Rauch.»Was hat Jenny gesagt, als sie dir am Sonntag nach dem Essen nach oben gefolgt ist?«

Ich sah ihn kurz an.»Nichts von Bedeutung.«

«Sie war danach den ganzen Tag schlechter Laune. Hat sogar Toby angefaucht. «Er lächelte.»Toby beschwerte sich, und da hat sie gesagt: >Sid hat wenigstens nicht ge-winselt.<«Er machte eine Pause. Dann sagte er:»Ich hatte so den Eindruck, daß sie dir besonders hart zugesetzt hatte und sich dann schuldig fühlte.«

«Das waren bestimmt keine Schuldgefühle. Wenn’s hoch kommt, waren es Bedenken wegen Ashe.«

«Und die wären ihr nicht gerade verfrüht gekommen.«

Vom» Cavendish «begab ich mich zur Hauptgeschäftsstelle des Jockey Club am Portman Square, um mich dort, wie am Morgen telefonisch vereinbart, mit Lucas Wainwright zu treffen. Sein Auftrag für mich mochte zwar inoffiziell sein, war aber immerhin so offiziell, daß er mich in sein Büro bitten konnte. Es stellte sich dann aber heraus, daß Ex-Superintendent Eddy Keith wegen eines positiven Dopingtests nach Yorkshire gefahren und sonst niemand im Hause war, der sich vielleicht über meinen Besuch gewundert hätte.

«Ich habe alle Unterlagen, die Sie benötigen«, sagte Lucas Wainwright.»Eddys Berichte über die Syndikate und ein paar Informationen über die Ganoven, denen er grünes Licht gegeben hat.«

«Dann will ich mich mal gleich dransetzen«, sagte ich.»Kann ich die Sachen mitnehmen, oder wäre es Ihnen lieber, wenn ich sie mir hier ansähe?«

«Mir wär's lieber, wenn Sie’s hier täten«, gestand er.»Ich möchte die Sachen nicht aus dem Haus geben oder fotokopieren lassen und so die Aufmerksamkeit meiner Sekretärin darauf lenken, denn sie arbeitet auch für Eddy, und ich weiß, daß sie ihn anhimmelt. Sie würde es ihm erzählen. Notieren Sie sich lieber hier, was Sie für wichtig halten.«

«In Ordnung«, sagte ich.

Ich bekam einen Tisch an der Seitenwand seines Büros, einen bequemen Stuhl und eine helle Lampe und verbrachte etwa eine Stunde mit Lesen und Notizenmachen. Er kramte derweil an seinem Schreibtisch ziellos in Akten herum, schob Stifte hin und her und raschelte mit Papier, konnte am Ende aber doch nicht verbergen, daß seine ganze Geschäftigkeit nur vorgetäuscht war. Er wartete nicht so sehr darauf, daß ich endlich fertig würde, sondern fühlte sich anscheinend ganz allgemein unwohl in seiner Haut. Ich blickte von meinen Papieren auf und fragte:»Was ist denn los?«

«Was… wie los?«

«Irgendwas beunruhigt Sie.«

Er zögerte.»Haben Sie alles geschafft, was Sie schaffen wollten?«Er nickte in Richtung meiner Arbeit.

«Knapp die Hälfte«, sagte ich.»Können Sie mir noch eine Stunde geben?«

«Ja, schon… hören Sie, ich will Ihnen gegenüber offen sein. Es gibt da etwas, das Sie wissen sollten.«

«Und das wäre?«

Lucas, der es normalerweise auch dann nicht an Gewandtheit fehlen ließ, wenn er in Eile war, und dessen von der Marine geprägte Denkgewohnheiten mir dank meines Admiralsschwiegervaters einigermaßen vertraut waren, zeigte ganz eindeutig Anzeichen von Verlegenheit. Was aber Marineoffiziere in akute Verlegenheit stürzte, waren Vorkommnisse wie Kollisionen zwischen Kriegsschiffen und Kaimauern, Besuche von Damen in der Mannschaftsmesse, wenn die Mannschaft anwesend und in entspannter Freizeitstimmung war, und unehrenhaftes Verhalten eines Gentleman. Die beiden ersten schieden aus — hatte es demnach irgend etwas mit dem dritten zu tun?