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«Sie war…«

«Sie erledigt den Schreibkram. Reitet auch manchmal. Sie weiß über alles Bescheid und ist noch dazu gesprächig.«

Der neue, verängstigte Sid Halley wollte das alles gar nicht hören.

«Den ganzen Mittwoch gab’s bei George Caspar ein Riesentheater«, fuhr Chico fort.»Beim Frühstück ging’s schon los, als nämlich dieser Inky Poole auftauchte und sagte, Sid Halley habe ihm da Fragen gestellt, die er, Inky Poole, gar nicht gut gefunden habe.«

Er machte eine Pause, um seine Worte auf mich wirken zu lassen, aber ich starrte nur stumm vor mich hin.

«Hörst du mir auch zu?«erkundigte er sich.

«Ja.«

«Du ziehst gerade wieder die Pokerface-Show ab.«

«Tut mir leid.«

«Also, dann erschien Brothersmith, der Tierarzt, kriegte mit, wie Inky Poole Dampf abließ, und meinte, komisch, Sid Halley sei auch bei ihm gewesen und habe Fragen gestellt. Sich für Herzfehler interessiert, sagte er. Dieselben Pferde, von denen Inky Poole redete. >Bethesda<, >Glea-ner< und >Zingaloo<. Und dann hätte er auch noch wissen wollen, wie denn >Tri-Nitros< Herz so sei. Meine kleine Tippse meinte, George Caspar sei dermaßen explodiert, daß man’s bis Cambridge hören konnte. Er sei sehr empfindlich, was diese Pferde angeht.«

Trevor Deansgate, überlegte ich kalt, hatte an diesem Mittwochmorgen bei den Caspars gefrühstückt und jedes Wort mitbekommen.

Chico fuhr fort:»Natürlich haben sie dann auch bei den Gestüten nachgefragt, bei Garvey und Thrace, und erfahren, daß du da auch gewesen bist. Meine Mieze meint, du bist ziemlich unten durch.«

Ich fuhr mir mit der Hand über das Gesicht.»Weiß deine Mieze, daß du mit mir zusammengearbeitet hast?«»Na, hör mal! Natürlich nicht.«

«Hat sie sonst noch was erzählt?«Warum, zum Teufel, stelle ich eigentlich diese Fragen, dachte ich.

«Ja, doch. Sie sagte, Rosemary habe George Caspar gebeten, den gewohnten Ablauf des Abschlußtrainings am Samstag zu ändern, habe ihm den ganzen Donnerstag und den ganzen Freitag damit in den Ohren gelegen, und George sei die Wände hochgegangen. Und im Stall hätten sie derart intensive Sicherheitsmaßnahmen gehabt, daß sie schon über ihre eigenen Alarmanlagen gestolpert seien. «Er holte Luft.»Danach sagte sie dann nicht mehr viel, von wegen der drei Martinis und der freudigen Erregung.«

Ich saß auf der Sofalehne und blickte auf den Teppich hinab.

«Am nächsten Tag«, sagte Chico,»hab ich mir dann wie gesagt das Abschlußtraining angesehen. Deine Fotos kamen mir da gut zupaß. Hunderte von Gäulen… jemand sagte mir, welche die von George Caspar waren, und da war dann auch Inky Poole mit finsterem Gesicht, ganz wie auf den Bildern. Da hab ich mich auf ihn konzentriert und einfach so rumgehangen. Es gab ’ne Menge Wirbel, als >Tri-Nitro< dran war. Sie nahmen ihm den Sattel ab, legten einen kleinen drauf, und auf dem ritt dann Inky Poole.«

«Es war also Inky Poole, der >Tri-Nitro< geritten hat, wie sonst auch?«

«Sie sahen genauso aus wie auf deinen Fotos«, sagte Chico.

«Ich kann’s aber nicht beschwören.«

Ich starrte weiter auf den Teppich.

«Und was machen wir jetzt?«fragte er.

«Nichts… Wir geben Rosemary ihr Geld zurück und ziehen einen Schlußstrich unter die Geschichte.«

«Aber hör mal!«protestierte er.»Jemand ist an das Pferd rangekommen, das weißt du genau.«

«Nicht mehr unser Bier.«

Wenn er doch bloß aufgehört hätte, mich anzusehen. Ich verspürte das ganz entschiedene Bedürfnis, mich in einem Loch zu verkriechen.

Von der Türglocke kam das langanhaltende Läuten eines beharrlichen Daumendrucks.»Wir sind nicht da«, sagte ich, aber Chico ging hinaus, um zu öffnen.

Rosemary Caspar rauschte an ihm vorbei, durch den Flur und ins Wohnzimmer — in dem schon vertrauten rehbraunen Regenmantel und wutschnaubend. Kein Kopftuch, keine Perücke und keine Liebenswürdigkeiten.

«Da sind Sie ja«, sagte sie barsch.»Ich wußte doch, daß Sie sich hierher verdrückt haben. Wenn ich angerufen habe, hat mir Ihr Freund da dauernd weiszumachen versucht, Sie wären nicht da, aber ich wußte, daß er lügt.«

«Ich war wirklich nicht da«, sagte ich. Ebensogut hätte ich versuchen können, den Sankt-Lorenz-Strom mit einem kleinen Zweiglein zu stauen.

«Sie waren nicht da, wo Sie hätten sein müssen und wofür ich Sie bezahlt habe, nämlich in Newmarket. Und ich habe Ihnen von Anfang an immer wieder gesagt, George darf nicht mitbekommen, daß Sie Erkundigungen einziehen, aber er hat’s doch erfahren, und seither haben wir ständig einen Riesenkrach miteinander. Und nun hat uns >Tri-Nitro< auch noch bis auf die Knochen blamiert, und das ist alles Ihre Schuld, verdammt noch mal.«

Chico hob belustigt die Augenbrauen.»Sid hat ihn nicht geritten… und auch nicht trainiert.«

Sie starrte ihn jetzt mit dem Haß an, der zuvor mir gegolten hatte.»Und er hat ihn auch nicht geschützt.«»Äh, nein«, sagte Chico.»Zugegeben.«

«Und Sie«, sagte sie und wandte sich schnell wieder mir zu,»Sie sind ein unfähiger, mieser Hochstapler. Das ist doch alles eine einzige Farce, Ihre Detektivspielerei. Warum werden Sie nicht endlich erwachsen und hören auf, solche Spielchen zu spielen? Sie haben nichts als Unheil angerichtet. Ich verlange mein Geld zurück.«

«Tut’s ein Scheck?«fragte ich.

«Sie haben nichts dagegen einzuwenden?«

«Nein«, sagte ich.

«Sie geben also zu, daß Sie versagt haben?«

Nach kurzem Schweigen sagte ich:»Ja.«

«Ach. «Das hörte sich an, als hätte ich ihr bis zu einem gewissen Grad den Wind aus den Segeln genommen, aber während ich den Scheck ausstellte, ging die Tirade in unverminderter Form weiter.

«Ihr Vorschlag, die Routine zu ändern, der war doch völlig sinnlos. Ich habe George ständig wegen der Sicherheitsmaßnahmen gedrängt, aber er meint, er hätte nicht mehr tun können, niemand hätte das, und er ist völlig verzweifelt. Und dabei hatte ich gehofft, absurderweise wirklich gehofft, Sie könnten irgendwie ein Wunder tun und >Tri-Nitro< würde doch gewinnen, obwohl ich ganz sicher war, ganz sicher… und ich hatte recht damit.«

Der Scheck war ausgestellt.»Warum waren Sie immer ganz sicher?«fragte ich.

«Ich weiß nicht. Ich wußte es einfach. Ich hatte schon seit Wochen Angst davor… sonst wäre ich ja auch nicht so verzweifelt gewesen und hätte mich an Sie gewandt, ausgerechnet an Sie. Ich hätte es genausogut bleiben lassen können… es hat so viel Unheil gebracht, und ich kann es einfach nicht ertragen. Gestern, das war einfach schrecklich. Er hätte gewinnen müssen… und ich wußte, daß er nicht gewinnen würde. Mir war so elend. Mir ist immer noch elend.«

Sie zitterte wieder. Ihr Gesicht verriet heftigen Schmerz. Soviel Hoffnung, soviel Arbeit hatten sie in >Tri-Nitro< investiert, soviel Mühe und soviel Sorgfalt. Ein Rennen zu gewinnen ist für einen Trainer das, was für einen Filmemacher sein Film ist. Wenn man es hinkriegt, gibt es Applaus — geht es daneben, wird man ausgepfiffen. Aber wie auch immer, man hat sein Herzblut dafür gegeben, alle Gedanken, alle Fähigkeiten, hat Wochen voller Quälerei dafür geopfert. Ich konnte gut verstehen, was das verlorene Rennen für George bedeutete — und genauso für Rosemary, die sich so sehr engagiert hatte.

«Rosemary…«:, sagte ich mit sinnlosem Mitgefühl.

«Es ist doch schlichtweg Quatsch, wenn Brothersmith meint, er müsse irgendeine Infektion gehabt haben«, sagte sie.»Er gibt immer solche Sachen von sich. Er ist so was von blöd, ich kann ihn einfach nicht ausstehen. Schaut dauernd über seine Schulter. Ich hab ihn noch nie leiden können. Außerdem war es seine Aufgabe, >Tri-Nitro< zu untersuchen, und das hat er ja auch, zigmal, und da fehlte dem Pferd nichts, absolut gar nichts. Als >Tri-Nitro< an den Start ging, sah er hervorragend aus, auch vorher schon, im Führring, da fehlte ihm nicht das geringste. Und dann im Rennen, da ist er fast rückwärts gelaufen… und als er ins Ziel kam… als er zu den Boxen zurückkam… war er völlig verausgabt. «Einen Augenblick lang schimmerten Tränen in ihren Augen, aber sie wehrte sich mit aller Macht dagegen, sich von ihren Gefühlen überwältigen zu lassen.