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«Ich hätte nicht herkommen sollen«, wiederholte sie.»Das ist mir jetzt klar.«

«Möchten Sie denn nun eigentlich… daß ich was unternehme?«

Ein Zucken verzog ihr Gesicht.»Ach Gott… Ja, doch, das möchte ich schon. Aber es war dumm von mir, und ich hab mir was vorgemacht. Schließlich und endlich sind Sie ja nur ein Jockey.«

Ich öffnete die Tür.

«Ich wünschte«, sagte ich leichthin,»ich wär’s.«

Sie sah mich an, ohne mich wahrzunehmen, war in Gedanken schon auf der Rückfahrt, bei ihrem Film, bei dem, was sie George darüber berichten würde.

«Ich bin nicht verrückt«, sagte sie.

Sie drehte sich abrupt um und schritt davon, ohne sich noch einmal umzusehen. Ich beobachtete, wie sie zur Treppe ging und ohne sich aufzuhalten aus meinem Blickfeld verschwand. Mit dem anhaltenden Gefühl, ihr nicht gerecht geworden zu sein, schloß ich die Tür und kehrte ins Wohnzimmer zurück — und es schien mir, als ob auch dort die Luft von ihrer intensiven Ausstrahlung in Unruhe wäre.

Ich bückte mich und hob die größeren Glasscherben auf, aber es lagen zu viele kleine Splitter herum, um es dabei bewenden lassen zu können, weshalb ich Kehrbesen und Schaufel aus der Küche holte.

Die Kehrschaufel konnte ich gut mit der linken Hand halten. Wenn ich einfach versuchte, die echte Hand, die nicht mehr da war, nach hinten zu biegen, dann lösten sich die künstlichen Finger vom Daumen und öffneten sich. Wenn ich nun wie gewohnt die Botschaft an die Hand schickte, sie solle sich nach innen biegen, so schlossen sich die Finger wieder. Zwischen dem mentalen Befehl und der elektrischen Reaktion gab es stets ein Intervall von ungefähr zwei Sekunden, und es war für mich am schwersten gewesen, mich an diese Verzögerung zu gewöhnen.

Natürlich konnten die Finger nicht spüren, ob ihr Griff fest genug war oder nicht. Die Leute, die mir die Hand angepaßt hatten, hatten mir gesagt, daß der Gradmesser des Erfolges das Aufheben von Eiern sei, und ich hatte anfangs bei den entsprechenden Übungen wohl ein Dutzend und mehr zerdrückt.

Geistesabwesenheit hatte implodierende Glühbirnen und flachgequetschte Zigarettenschachteln zur Folge gehabt, was erklärte, warum ich dieses Wunderwerk der Technik weit weniger oft benutzte, als es möglich gewesen wäre.

Ich leerte die Glasscherben in den Mülleimer und schaltete den Fernseher wieder ein. Aber die Komödie war schon vorbei, und den nun laufenden Krimi störten Gedanken an Rosemary. Mit einem Seufzer schaltete ich den Apparat ab, briet mir das Steak und ging, nachdem ich es verzehrt hatte, zum Telefon, um Bobby Unwin anzurufen, der beim Daily Planet arbeitete.

«Informationen gibt’s aber nicht umsonst«, sagte er sofort, als er mitbekommen hatte, wer der Anrufer war.

«Was willst du haben?«

«Eine kleine Gegenleistung.«

«Geht in Ordnung«, sagte ich.

«Was suchst du denn?«

«Hm«, sagte ich.»Du hast mal vor ein paar Monaten für eure Wochenendbeilage einen langen Artikel über George Caspar geschrieben. Geradezu endlos.«

«Stimmt, ein Special Feature. Analyse seines Erfolges. Der Planet bringt einmal im Monat eine Serie über Er-folgsmenschen. Unternehmer, Popstars und was weiß ich. Legen sie unters Klischeemikroskop und kommen dann mit einer großen, gähnend langweiligen Enthüllungsstory raus, die nichts als heiße Luft ist.«

«Bist du in der Horizontalen?«

Es trat kurz Stille ein, der ein unterdrücktes Mädchengekicher folgte.

«Verkrümel dich mit deinen Eingebungen doch nach Sibirien«, sagte Bobby.»Wie kommst du darauf?«

«Wahrscheinlich der blanke Neid. «Ich hatte aber eigentlich nur herausbekommen wollen, ob er allein war, ohne daß es allzu wichtig klang.»Bist du morgen in Kempton?«

«Ich denke schon.«

«Könntest du mir ein Exemplar dieser Beilage mitbringen? Ich kauf dir dafür auch eine Flasche deiner Wahl.«

«Junge, Junge. Abgemacht.«

Sein Hörer wanderte ohne weitere Umschweife zurück auf die Gabel, und ich verbrachte den Rest des Abends damit, mich an Hand der Formbücher der vergangenen Jahre über die Entwicklung von >Bethesda<, >Gleaner<, >Zingaloo< und >Tri-Nitro< zu informieren, was mir aber zu keinerlei neuen Erkenntnissen verhalf.

Kapitel 2

Ich hatte es mir in letzter Zeit zur Gewohnheit gemacht, donnerstags mit meinem Schwiegervater zu Mittag zu essen. Ex-Schwiegervater, um genau zu sein. Admiral (im Ruhestand) Charles Roland, Vater des schlimmsten Fehlers, den ich je begangen hatte. Ich hatte seiner Tochter Jenny all die innige Zuneigung entgegengebracht, deren ich fähig war, und ihr lediglich das vorenthalten, was sie mir irgendwann als ihren einzigen Wunsch offenbarte, nämlich daß ich die Rennreiterei aufgäbe. Wir waren fünf Jahre verheiratet gewesen — zwei glückliche, zwei uneinige und ein bitteres. Und jetzt waren nur noch die juckenden, halb verheilten Wunden da. Die und die Freundschaft ihres Vaters, die ich mir nur unter großen Mühen erworben hatte und nun als das einzig Wertvolle pries, das ich aus dem Wrack meiner Ehe hatte bergen können.

Wir trafen uns meistens um zwölf in der im ersten Stock gelegenen Bar des» Cavendish Hotel«, wo diesmal ein Pink Gin für ihn und ein Whisky mit Wasser für mich auf hübschen kleinen Untersetzern neben einer Schale mit Erdnüssen standen.

«Jenny wird am Wochenende in Aynsford sein«, sagte er.

Aynsford war sein Haus in Oxfordshire. London am Donnerstag, das war» geschäftlich«. Die Reise von einem Ort zum anderen machte er in einem Rolls.

«Ich würde mich freuen, wenn du auch kämst«, sagte er.

Ich betrachtete sein feines, sehr distinguiertes Gesicht und lauschte dem distanziert-näselnden Tonfall seiner Stimme. Ein Mann von großem Feingefühl und Charme, der einen aber auch wie ein Laserstrahl durchbohren konnte, wenn er dies für erforderlich hielt. Ein Mann, dessen Integrität ich blind vertraute, dessen Mitleid aber nicht eine Sekunde.

Ich sagte vorsichtig und ohne Grolclass="underline" »Ich komme aber nicht, um mich dauernd von ihr anschießen zu lassen.«

«Sie war damit einverstanden, daß ich dich einlade.«

«Das glaube ich nicht.«

Er blickte mit verdächtiger Konzentration auf sein Glas. Lange Erfahrung hatte mich gelehrt, daß er mich nie ansah, wenn er etwas von mir wollte und wußte, daß ich es nicht gern tun würde. Und dann trat, so wie jetzt, meistens eine Pause ein, in der er sich sammelte, um schließlich Feuer an die Lunte zu legen. Die Länge dieser Pause war in gar keiner Weise tröstlich. Endlich sagte er:»Ich fürchte, sie ist in ziemlichen Schwierigkeiten.«

Ich sah ihn an, aber er wollte die Augen nicht heben.

«Aber, Charles«, sagte ich verzweifelt,»du kannst nicht von mir… du kannst mich doch nicht ernstlich bitten… du weißt doch, welchen Ton sie mir gegenüber am Leibe hat.«

«Du zahlst ihr mit gleicher Münze heim, wenn ich mich recht erinnere.«

«Man muß nicht ganz bei Troste sein, wenn man zu einem Tiger in den Käfig klettert.«

Er warf mir einen kurzen, mich von unten her anblitzenden Blick zu, und sein Mund zuckte ganz leicht. Vielleicht war es ja wirklich nicht sehr passend gewesen, zum Vater in dieser Form von seiner hübschen Tochter zu sprechen.

«Du bist meines Wissens schon häufiger in den Käfig eines Tigers gestiegen«, meinte er.

«Dann eben Tigerin«, verbesserte ich mich in einer Anwandlung von Humor.

Er stürzte sich sofort darauf.»Du kommst also?«

«Nein… also wirklich, es gibt Dinge, die sind nun mal einfach zuviel verlangt.«

Er seufzte und lehnte sich im Stuhl zurück, sah mich über sein Glas hinweg an. Ich mochte diesen leeren Blick seiner Augen gar nicht, denn er verriet mir, daß er noch immer mit seinem Anschlag auf mich befaßt war.