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Er fand das gar nicht so spaßig: ölverschmiert und verlottert unter der Tragfläche eines Flugzeugs zu schlafen, für ein paar Dollar in der Luft herumzufliegen und sich dabei Gedanken zu machen, warum man der glücklichste Kerl der Welt war.

«Wie lautete deine Antwort?«fragte er, feierlich wie eine Schleiereule.

«Ich dachte darüber manche Nacht nach, ganz allein, während ich mein Pfannenbrot über dem Feuer buk. Das Vagabundieren ist ein großartiger, romantischer Beruf, dachte ich, aber das sind die Juristerei oder die Schauspielerei auch. Wenn alle Schauspieler wären, würden wir die Gelben Seiten aufschlagen und dort nur eine Kategorie finden: S für Schauspieler. Es gäbe keine Fluglehrer, keine Spielzeughersteller, keine Rechtsanwälte, keine Polizei oder Ärzte oder Läden oder Baufirmen, keine Studios und keine Filmproduzenten. Einfach nur Schauspieler. Und schließlich begriff ich. Nicht jeder kann ein Vagabund sein. Ebenso kann nicht jeder ein Rechtsanwalt oder ein Schauspieler oder ein Maler sein. Nicht jeder kann irgendeine beliebige Sache machen!«

«So war deine Antwort?«

«Dies kam mir plötzlich in den Sinn, Dickie, es war wie ein großer Schwall, den ein Wal erzeugt, wenn er plötzlich aus dem tiefen Wasser auftaucht: Nicht jeder kann irgendeine beliebige Sache machen, aber irgendeiner kann es!«

«Oh«, sagte er nur.

«Von da an habe ich aufgehört zu denken, es geziemte sich nicht, der zu sein, der ich sein wollte. «Leise klopfte ich auf den Tragflügel, aber Dickie lauschte immer noch, während er den Gedanken in seinem Kopf wälzte.

«Kann ich, wenn ich möchte, irgendeiner sein?«fragte er.»Ein anderer als Richard?«

«Ein ganz anderer als Richard«, antwortete ich.»Von Zeit zu Zeit mache ich Druck dahinter, aber mein Job ist besetzt. Alle Jobs sind besetzt, Kapitän, außer deinem.«

36

Ein Wispern im Dunkeln.»Du wirst ihn nicht lehren, egoistisch zu sein, nicht wahr?«Drei Uhr zwanzig morgens zeigten die Leuchtzifferblätter der Uhr an. Wieso weiß Leslie, daß ich wach bin? Wie weiß ein Reh, daß ein Blatt im Wald lautlos zu Boden fällt? Sie hört es daran, daß ich anders atme.

«Ich lehre ihn gar nichts«, flüsterte ich.»Ich sage ihm, was meiner Meinung nach wahr ist, und er hat selbst zu entscheiden, ob er meinen Worten Glauben schenken möchte.«

«Warum flüsterst du?«fragte sie.

«Ich möchte dich nicht aufwecken.«

«Das hast du bereits getan«, flüsterte sie zurück.»Du hast vor einer Minute wie beim Erwachen geatmet. Du denkst an Dickie.«

«Leslie», fragte ich, um sie auf die Probe zu stellen.»Was mache ich jetzt?«

«Sie lauschte in die Dunkelheit hinein.»Du zwinkerst mit den Augen.«

«niemand kann sagen, ob sein nachbar im dunkeln mit den augen zwinkert!«

Stille. Dann ein Flüstern.»Soll ich mich bei dir dafür entschuldigen, daß ich ein gutes Gehör habe?«

Ich seufzte.

Ein leises Flüstern:»Na schön, ich tu’s nicht.«

«Was mache ich jetzt?«fragte ich.

«Ich weiß nicht.«

«Ich lächle.«

Sie wendete mir ihr Gesicht zu, und ich umarmte sie im Dunkeln.»Welche Gedanken haben dich wachgemacht?«

«Du wirst mich auslachen.«

«Nein, ehrlich, das werde ich nicht tun.«

«Ich habe über das Gute und das Böse nachgedacht.«

«Oh, Richie! Um drei Uhr nachts wachst du auf und machst dir darüber Gedanken?«

«Machst du dich lustig über mich?«

Sie dämpfte ihre Stimme.»Es ist nur eine Frage.«

«Ja.«

«Was hast du denn genau gedacht?«fragte sie.

«Daß ich zum ersten Mal begreife… daß es so etwas nicht gibt.«

«So etwas wie gut und böse?«

«Ja.«

«Was gibt es dann?«

«Es gibt glücklich und unglücklich«, erwiderte ich.

«Ist Glücklichsein gut und Unglücklichsein schlecht?«

«Das ist vom einzelnen abhängig. Es spielt sich nur in seinem Kopf ab.«

«Also, was ist dann Glück und was Unglück?«

«Was meinst du denn?«fragte ich sie.

«Glücklichsein bedeutet Frohsinn! Intensive Freude! Unglücklichsein bedeutet Depression, Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung.«

Ich hätte es wissen müssen. Ich hatte angenommen, ihre Worte würden die meinen sein: Glück ist Wohlbehagen, Unglück ist das Gegenteil. Meine Frau war jedoch immer der intensivere Teil von uns beiden. Ich sagte ihr meine Definition.

«Ist das nicht ein wenig fad — Wohlbehagen?«

«Ich benötige eine Definition, bei der das Gefalle zwischen Glücklichsein und Unglücklichsein nicht allzu gravierend ist. Wie nennst du das, was dazwischen liegt?«

«Ich nenne es Okay.«

«Ich empfinde kein Okay«, sagte ich.»Ich empfinde Wohlbehagen.«

«Na schön. Was nun?«

«Hilf mir. Ich suche nach einer Situation, in der Gott nicht als ›Er macht mich glücklich‹ und das Schlechte nicht als ›Es macht mich unglücklich‹ definiert wird.«

«Liebe ist gut«, sagte sie.

«Liebe macht glücklich«, antwortete ich.

«Terrorismus ist schlecht.«

«Du kannst es noch besser formulieren, Liebling. Terrorismus macht mich unglücklich.«

«Es ist gut, wenn wir uns lieben«, sagte sie und schmiegte sich im Dunkeln mit ihrem warmen Körper an mich.

«Es macht uns glücklich«, sagte ich und bemühte mich verzweifelt, einen klaren Kopf zu behalten.

Sie rückte von mir ab.»Oh, Richie, worauf willst du hinaus?«

«Wie ich es auch drehe und wende, es sieht so aus, als ob die Moral von uns abhängt!«

«Natürlich hängt sie von uns ab«, sagte sie.»Bist du deswegen wachgeworden?«

«Siehst du das nicht, Wookie? Gut und böse sind nicht das, was uns unsere Eltern erzählt haben, auch nicht das, was uns die Kirche sagt oder unser Land oder wer auch immer! Was gut und böse ist, das entscheiden wir selbst, und zwar automatisch, indem wir auswählen, was wir machen wollen!«

«Du lieber Himmel! sagte sie.»Schreibe bitte nie ein Wort darüber.«

«Ich denke doch nur. Und ich habe ein seltsames Gefühl, weil ich keinen Weg sehe, wie ich das Ganze umgehen kann!«

«Bitte…«

«Wie wär’s damit?«fragte ich.»Aus der Schöpfungsgeschichte: Und Gott sah, daß es gut war.«

«Willst du damit sagen, daß Gott glücklich war?«

«Natürlich!«

«Du glaubst an keinen Gott, der die Welt sieht«, sagte sie,»oder Emotionen im Bauch oder Arithmetik im Kopf hat. Wie kann dann dein Gott glücklich sein?«

«Der Verfasser der Schöpfungsgeschichte, dieser Esel, hat sich nicht mit mir abgestimmt, als er seinen Bleistift zückte. In seiner Geschichte ist Gott voller Gefühle — er ist froh und traurig, wütend und ränkevoll und rachsüchtig. Gut und Böse waren nicht absolut, sie waren Maßstäbe für das Glücksempfinden. Er schrieb eine Story, und er dachte sich folgendes dabei: Wenn ich glaube, Gott würde darüber glücklich sein, will ich sie ›gut‹ nennen.«Ich ärgerte mich über die Uhrzeit.»Ich brauche Beispiele, wo Leute die Begriffe ›gut‹ und ›böse‹ verwenden, aber es ist dunkel, und ich kann nirgendwo nachschlagen.«

«Gut.«

«Das macht dich glücklich?«fragte ich.

«Selbstverständlich. Sonst stehst du auf, knipst das Licht an, kramst Bücher hervor, schaltest den Computer an, schwätzt, und wir sind die ganze Nacht auf.«

«Du bist also glücklich, weil es dunkel ist und du wahrscheinlich nicht von mir dadurch gestört wirst, daß ich die ganze Nacht weiter über Gut und Böse rede. Selbstverständlich sagst du ›gut‹.«

«Ich bitte dich bloß, das nicht zu schreiben«, sagte sie.»Jeder Extremist… nein, jeder vernünftige Mensch in diesem Land wird bis spät abends aufbleiben und deine Bücher durch den Reißwolf jagen!«