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»Ich weiß nicht, ob es eine gute oder eine schlechte Nachricht ist«, sagte Bael, »aber die Roten Schilde haben mir berichtet, daß zwei Aes Sedai Quartier in einer Schenke der Neustadt genommen haben.« Die Roten Schilde hatten Basheres Männern dabei geholfen, Ruhe und Ordnung in der Stadt wiederherzustellen, und nun übernahmen sie die Polizeiarbeit allein. Bael grinste leicht, als er das Mißvergnügen auf Basheres Miene entdeckte. »Wir hören weniger, Davram Bashere, aber vielleicht sehen wir manchmal mehr.«

»Ist eine von ihnen diejenige, die Katzen mag?« fragte Rand. Die Gerüchte über Aes Sedai in der Stadt hielten sich hartnäckig. Manchmal sollten es zwei sein oder drei, oder gleich eine ganze Gruppe. Soweit aber Bashere oder Bael überhaupt etwas erfahren hatten, waren es ein paar Geschichten über eine Aes Sedai, die Katzen und Hunde heilte, doch immer wohnte sie angeblich eine Straße weiter, und derjenige, der die Geschichte erzählte, hatte sie von jemand anders gehört, der sie wiederum in einer Taverne oder auf dem Markt aufgeschnappt hatte.

Bael schüttelte den Kopf. »Glaube ich nicht. Die Roten Schilde sagen, die beiden seien während der Nacht eingetroffen.« Bashere lauschte interessiert. Er ließ nur selten eine Gelegenheit aus, Rand gegenüber festzustellen, er benötige die Aes Sedai. Bael jedoch hatte leicht die Stirn gerunzelt, so leicht, daß wohl nur ein Aiel es bemerken würde. Die Aiel waren äußerst vorsichtig, ja zögernd, wenn es um ihre Beziehung zu den Aes Sedai ging.

Diese wenigen Worte enthielten reichlich Stoff zum Nachdenken für Rand, und alle gedanklichen Pfade führten schließlich zu ihm selbst zurück. Es mußte einen Grund dafür geben, wenn zwei Aes Sedai nach Caemlyn kamen, obwohl ihre Schwestern die Stadt mieden, seit er dort aufgetaucht war. Am wahrscheinlichsten war es, daß sie sich seinetwegen hier befanden. Selbst in guten Zeiten reisten nur wenige Menschen bei Nacht, und dies waren nun nicht gerade gute Zeiten. Es mochte sein, daß diese Aes Sedai durch ihre nächtliche Ankunft Aufsehen vermeiden wollten, und zwar höchstwahrscheinlich, weil sie seiner Aufmerksamkeit zu entgehen hofften. Andererseits mochte es auch sein, daß sie einfach dringend ein bestimmtes Ziel erreichen mußten und auf die Tageszeit keine Rücksicht nehmen konnten. Was nach einem Auftrag der Burg roch. In Wahrheit konnte er sich einfach nichts vorstellen, was für die Burg im Augenblick wichtiger sein konnte als er selbst. Gut, sie mochten auch unterwegs sein, um sich den anderen Aes Sedai anzuschließen, von denen Egwene behauptete, sie wollten ihn unterstützen.

Was auch der Grund sein mochte, er wollte ihn wissen. Das Licht allein wußte, was die Aes Sedai vorhatten — die Burg, genau wie Elaynes verborgene Bande — aber es war für ihn äußerst wichtig, es ebenfalls zu erfahren. Es war zu gefährlich, blind weiterzumarschieren, denn es gab einfach zu viele von ihnen. Wie würde die Burg reagieren, wenn Elaida von seiner Amnestie erfuhr? Wie die anderen Aes Sedai? Hatten sie es bereits erfahren?

Als sie auf die Tür am Ende des Korridors zuschritten, öffnete er den Mund, um Bael die Anweisung zu erteilen, eine der Aes Sedai in den Palast zu bitten. Natürlich würde er auch mit zwei Aes Sedai fertig, wenn es zu einer Auseinandersetzung kam und sie ihn nicht überrumpelten, aber es war überflüssig, ein Risiko einzugehen, bevor er überhaupt wußte, wer sie waren und was sie planten.

Ich bin von Stolz erfüllt. Der Stolz, der mich zerstört hat, kotzt mich an!

Rand kam ins Stolpern. Das war das erste Mal heute, daß Lews Therins Stimme sich in seinem Kopf bemerkbar gemacht hatte, und es klang zu sehr nach seinen eigenen Gedanken in bezug auf die Aes Sedai, um sich dabei wohl zu fühlen, doch das war es nicht, was ihn seine geplanten Worte herunterschlucken und stocksteif stehenbleiben ließ.

Der Hitze wegen standen die Türflügel offen und gaben den Blick in einen der Palastgärten frei. Von den Blumen war nichts mehr zu sehen, und einige der Rosensträucher und Weißdornhecken wirkten verwelkt, aber die schattenspendenden Bäume standen noch immer, wenn auch nur wenige Blätter an den Zweigen hingen, rund um den weißen Marmorbrunnen verteilt, aus dem im Herz des Gartens das Wasser sprudelte. Eine Frau im bauschigen braunen Wollrock und einer lose hängenden weißen Algodebluse stand neben dem Brunnen, einen grauen Schal um die Arme geschlungen, und blickte mit staunenden Augen, wie so oft schon, das Wasser an, das keinem anderen Zweck diente als eben dem, angeschaut zu werden. Rands Augen saugten den Anblick der weichen Linien von Aviendhas Gesicht in sich auf, der dichte Locken rötlich schimmernden Haares, die ihr von dem um die Stirn geschlungenen, zusammengefalteten grauen Schal bis auf die Schultern hingen. Licht, war sie schön! Sie betrachtete den Wasserstrahl des Springbrunnens so gebannt, daß sie ihn noch nicht bemerkt hatte.

Liebte er sie? Er wußte es nicht. In seinem Kopf und seinen Träumen war sie untrennbar mit Elayne und sogar Min verwickelt. Was er jedoch wußte, war, daß er gefährlich war und einer Frau nichts anderes als Schmerz schenken konnte.

Ilyena. Lews Therin weinte. Ich habe sie getötet! Das Licht soll mich für alle Ewigkeit bestrafen!

»Die Aes Sedai, die auf diese Art auftauchen, könnten immerhin wichtig sein«, sagte Rand leise. »Ich glaube, wir sollten diese Schenke aufsuchen und feststellen, warum sie hier sind.« Fast alle blieben gemeinsam mit ihm stehen, nur Enaila und Jalani tauschten einen kurzen Blick und gingen weiter an ihm vorbei in den Garten. Er erhob die Stimme ein wenig, und sein Tonfall wurde um einiges härter: »Die Töchter hier werden mich begleiten. Jede, die allerdings ein Kleid anziehen und die Kupplerin spielen möchte, bleibt zurück.«

Enaila und Jaiani wurden plötzlich steif und wirbelten dann zu ihm herum. Empörung blitzte aus ihren Augen. Nur gut, daß Somara heute keinen Dienst hatte; sie wäre möglicherweise trotzdem weitermarschiert. Sulins Finger zuckten und gaben den anderen Zeichen in der Fingersprache der Töchter. Was sie ihnen mitteilte, beruhigte wohl ihre Empörung und ließ statt dessen die Schamröte auf die Wangen der beiden Töchter treten. Die Aiel hatten alle Arten von Handsignalen entwickelt, weil es gelegentlich besser war zu schweigen. Jeder Clan hatte eine eigene Fingersprache, genau wie jede Kriegergemeinschaft, und daneben gab es noch Zeichen, die alle Aiel kannten. Doch nur die Töchter hatten daraus eine regelrechte Sprache entwickelt.

Rand wartete nicht, bis Sulin fertig war, sondern wandte sich vom Garten ab. Diese Aes Sedai würden möglicherweise Caemlyn genauso schnell verlassen, wie sie angekommen waren. Er blickte sich um. Aviendha betrachtete noch immer das Wasser und hatte ihn wohl offensichtlich nicht bemerkt. Er beschleunigte seine Schritte. »Bashere, würdet Ihr bitte einen Eurer Männer schicken, um Pferde zu satteln? Am Südtor bei den Stallungen.« Das Haupttor des Palastes führte auf den Platz der Königin, der gewiß wieder voll von Menschen war, die hofften, einen Blick auf ihn zu erhäschen. Er hätte eine halbe Stunde gebraucht, um ihnen zu entkommen — mit etwas Glück jedenfalls. Bashere gestikulierte kurz, und einer der jüngeren Soldaten aus Saldaea eilte mit dem leicht rollenden Gang eines Mannes voran, der daran gewöhnt ist, im Sattel zu sitzen. »Ein Mann muß wissen, wann er sich vor einer Frau zurückziehen sollte«, sagte Bashere ins Leere hinein, »aber einem weisen Mann ist bewußt, daß er sich ihr manchmal eben doch stellen muß.«

»Junge Männer«, bemerkte Bael ungnädig. »Ein junger Mann jagt nach Schatten und rennt vor dem Mondschein davon, und am Ende sticht er sich mit dem eigenen Speer in den Fuß.« Ein paar der anderen Aiel schmunzelten, sowohl Töchter als auch Mitglieder der Messerhände. Jedenfalls die älteren.