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Der einzige. Für sie war er genauso gefährlich wie für Aviendha. »Aus Liebe zum Licht: Wenn Ihr wißt, wo sie sich befinden, sagt es mir.«

»Wenn wir es wüßten«, erwiderte Alanna, »hätten wir kein Recht dazu, es irgend jemandem zu erzählen. Sollten sie sich dazu entschließen, Euch zu unterstützen, könnt Ihr sicher sein, daß sie Euch aufsuchen werden.«

»Wann sie es wünschen«, sagte Verin, »nicht, wann Ihr es wünscht.«

Er lächelte grimmig. Er hätte genau das erwarten sollen, nicht mehr und nicht weniger. Er hatte Moiraines Rat noch sehr deutlich im Kopf. Am Tage ihres Todes hatte sie ihm geraten, keiner Frau mit der Stola zu trauen.

»Ist Mat bei Euch?« fragte Alanna, als sei das nun das Allerwichtigste, was sie im Sinn hatte.

»Wenn ich wüßte, wo er sich aufhält, warum sollte ich das Euch auf die Nase binden? Wie Ihr mir, so...« Sie schienen das nicht für lustig zu halten.

»Es ist töricht, uns als Feinde zu betrachten«, murmelte Alanna und trat zu ihm vor. »Ihr wirkt müde. Bekommt Ihr auch genug Schlaf?« Er trat vor ihrer erhobenen Hand zurück, und sie hielt inne. »Wie Ihr selbst, Rand, meine auch ich es nicht böse. Nichts, was ich hier mache, wird Euch verletzen.«

Da sie es so geradeheraus gesagt hatte, mußte es wohl stimmen. Er nickte, und sie erhob ihre Hand zu seinem Kopf. Seine Haut prickelte leicht, als sie nach Saidar griff, und ein wohlbekanntes Wärmegefühl durchrieselte ihn. Sie untersuchte ihn wie eine Heilerin.

Alanna nickte zufrieden, und mit einem Mal wurde aus der Wärme Hitze, ein mächtiger Hitzestoß, als stehe er einen Herzschlag lang mitten in einem tosenden Schmelzofen. Auch nachdem dieses Gefühl wieder verflogen war, fühlte er sich ganz eigenartig, fühlte viel bewußter seinen eigenen Körper als jemals zuvor, und fühlte auch Alanna. Er wankte. Sein Kopf war ganz leicht, die Muskeln wie Wasser. Ein Echo aus Verwirrung und Besorgnis kam von Lews Therin her.

»Was habt Ihr getan?« wollte er wissen. Wütend griff er nach Saidar. Die Kraft, die ihn daraufhin durchströmte, hielt ihn aufrecht. »Was habt Ihr getan?«

Irgend etwas behinderte den Strom der Macht zwischen ihm und der Wahren Quelle. Sie versuchten, ihn abzuschirmen! So webte er seine eigene Abschirmung und knallte sie zwischen die beiden. Er war wirklich weit gekommen und hatte viel gelernt, seit ihn Verin zum letzten Mal gesehen hatte. Verin taumelte und stützte sich mit einer Hand auf dem Tisch ab, während Alanna aufstöhnte, als habe er sie geschlagen.

»Was habt Ihr getan?« Selbst so tief im Nichts geborgen, wie er es im Augenblick war, schien ihm seine Stimme zu krächzen. »Sagt es mir! Ich habe nicht versprochen, Euch nicht weh zu tun. Wenn Ihr es mir verschweigt...«

»Sie hat Euch gebunden«, sagte Verin schnell, doch ihre Würde wirkte nun angeknackst. Aber einen Augenblick später hüllte ein Mantel aus Würde sie wieder ein. »Sie hat Euch zu einem ihrer Behüter gemacht. Das ist alles.«

Alanna gewann ihre Fassung noch schneller wieder. Abgeschirmt musterte sie ihn gelassen mit verschränkten Armen, eine Andeutung von Zufriedenheit in den Augen. Zufriedenheit! »Ich sagte doch, ich würde Euch nicht verletzen, und nun habe ich Euch das Gegenteil zukommen lassen.«

Rand atmete tief und langsam durch und bemühte sich, die Ruhe zurückzugewinnen. Er war wie ein Welpe in die Falle getapst. Zorn krallte über die Oberfläche des Nichts. Ruhe. Er mußte Ruhe bewahren.

Einer ihrer Behüter. Also war sie eine Grüne. Nicht, daß dies einen Unterschied machte. Er wußte nicht viel von den Behütern, und ganz gewiß nicht, wie man das Band zerbrechen konnte oder ob das überhaupt möglich sei. Alles, was Rand von Lews Therin vernahm, war ein Gefühl der Betäubung. Nicht zum ersten Mal wünschte sich Rand, Lan wäre nicht weggeritten, nachdem Moiraine gestorben war.

»Ihr sagtet, Ihr würdet nicht nach Tar Valon ziehen. In diesem Fall — und da Ihr nicht zu wissen scheint, ob Ihr wißt, wo sich die Rebellen befinden — könnt Ihr hier in Caemlyn bleiben.« Alanna öffnete den Mund, aber er kam ihr zuvor: »Seid dankbar, wenn ich mich nicht entschließe, die Abschirmungen abzubinden und Euch so zu hinterlassen!« Das traf sie wirklich. Verins Mund straffte sich, und Alannas Augen glühten wie dieser Ofen, den er gespürt hatte. »Allerdings werdet Ihr euch von mir fernhalten, Ihr beide. Außer wenn ich nach Euch schicke, ist die Innenstadt für Euch gesperrt. Wenn Ihr versucht, diese Vorschrift zu brechen, werde ich Euch abgeschirmt zurücklassen, und noch dazu in einer Zelle. Verstehen wir uns?«

»Perfekt.« Trotz ihrer glühenden Augen klang Alannas Stimme eisig. Verin nickte lediglich.

Rand stieß die Tür auf und blieb stehen. Er hatte die Mädchen von den Zwei Flüssen vergessen. Einige unterhielten sich mit den Töchtern, während andere sie nur beobachteten und miteinander über ihrem Tee flüsterten. Bode und eine Handvoll der Emondsfelder fragten Bashere aus, der einen Zinnkrug in der Hand hielt und einen Fuß auf eine Bank gestellt hatte. Sie wirkten halb amüsiert und halb verdattert. Als die Tür aufschlug, rissen sie die Köpfe herum.

»Rand«, rief Bode, »dieser Mann behauptet schreckliche Dinge von dir!«

»Er sagt, du wärst der Wiedergeborene Drache«, sprudelte Larine heraus. Die übrigen Mädchen im Schankraum hatten offensichtlich noch nichts vernommen und schnappten bei ihren Worten nach Luft.

»Das stimmt«, sagte Rand müde.

Larine schnaubte und verschränkte die Arme unter dem Busen. »Sobald ich diese Jacke gesehen hatte, wußte ich, daß du dir einen gewaltig geschwollenen Kopf zugelegt hast. Und dann auch noch so mit einer Aes Sedai wegzurennen! Es war mir klar, als du so respektlos mit Alanna Sedai und Verin Sedai gesprochen hast. Aber was ich nicht wußte, war, daß du ein solch blinder Narr geworden bist!«

Bodes Lachen klang eher entsetzt als amüsiert. »Solche Sachen solltest du nicht mal im Scherz sagen, Rand. Tam hat dich doch wohl besser erzogen. Du bist Rand al'Thor. Jetzt hör mit diesem Quatsch auf!«

Rand al'Thor. So hieß er wohl, aber er wußte kaum mehr, wer er war. Tam al'Thor hatte ihn aufgezogen, doch sein wirklicher Vater war ein Aielhäuptling gewesen, der schon lange nicht mehr am Leben war. Seine Mutter war eine Tochter des Speers gewesen, aber keine Aielfrau. Und das war auch schon so ziemlich alles, was er von seiner Herkunft wußte.

Saidin erfüllte ihn nach wie vor Sanft hüllte er Bode und Larine in Stränge aus Luft und hob sie an, bis ihre Schuhe einen Fuß hoch über dem Boden baumelten. »Ich bin der Wiedergeborene Drache. Es zu leugnen, würde nichts ändern. Wunschdenken vermag nichts daran ändern. Ich bin nicht mehr der Mann, den ihr aus Emondsfeld kennt. Versteht ihr jetzt?« Ihm wurde bewußt, daß er sie anschrie, und so klappte er den Mund zu. Sein Magen fühlte sich wie Blei an, und er zitterte. Warum hatte Alanna so etwas getan? Welche neue Aes-Sedai-Intrige schlummerte hinter diesem hübschen Gesicht? Vertraue keiner von ihnen, hatte Moiraine gesagt.