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Nynaeve gab die Versuche auf, auch einmal etwas einzuwerfen — vielleicht hätte sie doch den Apfelbutzen werfen sollen — und schrie einfach nur: »Ich denke, Moghedien hat recht!«

Dieser Name verschloß augenblicklich den Mund. Sie setzte sich mit weit aufgerissenen Augen auf. Nynaeve sah sich unwillkürlich um, ob auch niemand gelauscht hatte, obwohl sie sich in ihrem Zimmer befanden.

»Das ist töricht, Nynaeve!«

Nynaeve wußte nicht, ob Elayne ihren Vorschlag meinte oder die Tatsache, daß sie Moghediens Namen laut ausgesprochen hatte. Sie hatte auch nicht vor nachzufragen. So setzte sie sich Elayne gegenüber auf ihr eigenes Bett und zupfte ihren Rock zurecht. »Nein, ist es nicht. Jeden Tag könnten Jaril und Seve bei jemandem ausplaudern, daß Marigan gar nicht ihre Mutter ist, falls das nicht schon geschehen ist. Bist du bereit, die Fragen zu beantworten, die daraufhin kommen werden? Ich nicht. Jeden Tag könnte es geschehen, daß irgendeine Aes Sedai Nachforschungen anstellt wieso ich etwas entdecken oder erfinden kann, ohne von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang wütend zu sein. Jede zweite Aes Sedai, mit der ich spreche, erwähnt das, und Dagdara hat mich in letzter Zeit so eigenartig angesehen. Außerdem werden sie gar nichts unternehmen! Sie haben lediglich vor, hier herumzusitzen. Außer, sie entschließen sich, zur Burg zurückzukehren. Ich habe mich angeschlichen und belauscht, wie Tarna mit Sheriam sprach .„«

»Was hast du?«

»Ich habe mich angeschlichen und gelauscht«, sagte Nynaeve gelassen. »Die Botschaft an Elaida lautet, sie benötigten mehr Zeit, um es sich zu überlegen. Das heißt, sie überlegen es sich zumindest, ob sie die Sache mit Logain und den Roten Ajah vergessen sollen. Wie sie das fertigbringen, weiß ich nicht, aber es muß wohl so sein. Wenn wir noch länger hierbleiben, kann es sein, daß sie uns Elaida als Geschenkpaket schicken. Wenn wir jetzt gehen, können wir Rand wenigstens sagen, er soll nicht damit rechnen, daß ihn irgendwelche Aes Sedai unterstützen werden. Wir können ihm raten, keiner Aes Sedai zu trauen.«

Elayne legte die hübsche Stirn in Falten und setzte sich auf dem Bett zurecht. »Wenn sie es sich noch überlegen, bedeutet das, sie haben sich noch nicht entschieden. Ich bin der Meinung, wir sollten bleiben. Möglicherweise können wir mithelfen, sie auf den richtigen Weg zu fuhren. Und außerdem, falls du Theodrin nicht zum Mitkommen überreden willst, verschenkst du die Chance, deinen Block jemals zu brechen.«

Nynaeve ignorierte das letztere. Toll, was Theodrin bisher vollbracht hatte. Eimer voll Wasser. Kein Schlaf heute nacht. Was würde als nächstes kommen? Die Frau hatte doch bereits zugegeben, daß sie alles, aber auch alles ausprobieren werde, bis sie das Mittel fand, das zum Erfolg führte. Alles, aber auch alles, schloß für Nynaeves Geschmack ein wenig zuviel ein. »Auf den richtigen Weg führen? Sie werden nicht auf uns hören. Selbst Siuan hört kaum auf uns, und wenn sie uns auch am Wickel hat, haben wir sie wenigstens ein Stückchen zu packen bekommen.«

»Ich bin aber immer noch der Meinung, wir müssen bleiben! Wenigstens so lange, bis der Saal die Entscheidung fällt. Wenn wirklich das Schlimmste eintrifft, können wir Rand eine Tatsache mitteilen und keine bloße Vermutung.«

»Und wie sollen wir das herausfinden? Wir können nicht damit rechnen, daß ich ein zweites Mal das richtige Fenster zum Lauschen finde. Sollten wir warten, bis sie ihre Entscheidung bekanntgeben, stehen wir vielleicht schon unter Bewachung. Jedenfalls ich. Es gibt keine Aes Sedai, die nicht wüßte, daß Rand und ich aus Emondsfeld stammen.«

»Siuan sagt uns Bescheid, bevor irgend etwas verkündet wird«, sagte Elayne ruhig. »Du glaubst doch wohl nicht, sie und Leane würden demütig zu Elaida zurückkriechen, oder?«

Das war ein Argument. Elaida würde Siuan und Leane enthaupten lassen, bevor sie auch nur knicksen konnten. »Wir müssen trotzdem Jaril und Seve beachten«, beharrte sie.

»Wir lassen uns etwas einfallen. Auf jeden Fall sind sie nicht die ersten Flüchtlingskinder, die von jemandem betreut werden, die nicht mit ihnen verwandt ist.« Elayne hielt ihr durch Grübchen gekennzeichnetes Lächeln vermutlich für beruhigend. »Wir müssen uns lediglich darauf konzentrieren. Und wir sollten in jedem Fall warten, bis Thom aus Amadicia zurück ist. Ich kann ihn nicht zurücklassen.«

Nynaeve hob resigniert beide Hände. Falls das Aussehen ein Spiegelbild des Charakters wäre, müßte Elayne wie ein in Stein gehauener Maulesel aussehen. Das Mädchen hatte aus Thom Merrilin einen Ersatz für den Vater gemacht, den sie verloren hatte, als sie noch klein war. Manchmal schien sie außerdem zu glauben, er könne nicht einmal den Eßtisch finden, wenn sie ihn nicht bei der Hand nahm.

Die einzige Vorwarnung, die Nynaeve erhielt, war das Gefühl, in ihrer Nähe werde Saidar benützt, dann schlug die Tür vor einem Strang aus Luft auf, und Tarna Feir trat in das Zimmer. Nynaeve und Elayne sprangen auf. Eine Aes Sedai war nun einmal eine Aes Sedai, und einige von denen, die draußen die Abfälle vergruben, taten das ausschließlich auf Tarnas Geheiß.

Die blonde Rote Schwester musterte sie eingehend. Ihr Gesicht wirkte arrogant wie Marmor im Winter. »Aha. Ehe Königin von Andor und die verkrüppelte Wilde.«

»Noch nicht, Aes Sedai«, erwiderte Elayne in kühler Höflichkeit. »Nicht vor meiner Krönung im Großen Saal. Und auch dann nur, falls meine Mutter tot ist«, fügte sie hinzu.

Tarnas Lächeln hätte einen Schneesturm zum Gefrieren gebracht. »Selbstverständlich. Sie haben sich bemüht, Eure Anwesenheit geheimzuhalten, aber die Gerüchte breiten sich doch aus.« Ihr Blick überflog die schmalen Betten und den schiefen Hocker, die Kleider an den Wandhaken und den rissigen Verputz. »Ich dachte aber doch, Ihr hättet ein besseres Quartier, wenn man bedenkt, welch wundervolle Dinge Ihr vollbracht habt. Wärt Ihr in der Weißen Burg, wo Ihr hingehört, würde es mich nicht überraschen, wenn man Euch mittlerweile die Prüfung für die Stola ablegen ließe.«

»Dankeschön«, sagte Nynaeve, um zu zeigen, daß sie genauso höflich sein konnte wie Elayne. Tarna blickte sie an. Gegen diese blauen Augen wirkte der Rest dieses Gesichts geradezu warm. »Aes Sedai«, fügte Nynaeve hastig hinzu.

Tarna wandte sich wieder Elayne zu. »Die Amyrlin hat Euch und Andor ganz besonders ins Herz geschlossen. Sie hat eine solch ausgedehnte Suchaktion nach Euch befohlen, daß Ihr es kaum glauben würdet. Ich weiß, daß es ihr große Freude bereitete, kämt Ihr mit mir nach Tar Valon zurück.«

»Mein Platz ist hier, Aes Sedai.« Elaynes Stimme klang immer noch freundlich, aber sie hatte das Kinn oben, als wolle sie Tarnas Unnahbarkeit nachahmen. »Ich werde zur Burg zurückkehren, wenn es die anderen tun.«

»So, so«, sagte die Rote teilnahmslos. »Also gut. Verlaßt uns jetzt. Ich wünsche, mit der Wilden unter vier Augen zu sprechen.«

Nynaeve und Elayne tauschten einen Blick, doch es blieb Elayne nichts anderes übrig, als zu knicksen und hinauszugehen.

Als sich die Tür schloß, überkam Tarna eine eigenartige Wandlung. Sie setzte sich auf Elaynes Bett, zog die Beine hoch und schlug sie übereinander, lehnte sich an das splittrige Kopfbrett und faltete die Hände im Schoß. Ihre Miene taute auf und sie lächelte sogar ein wenig. »Ihr wirkt nervös. Das ist nicht notwendig. Ich beiße Euch nicht.«

Nynaeve hätte das eher glauben können, hätten auch die Augen der Frau ihren Ausdruck verändert. Das Lächeln berührte sie nicht im geringsten, und der Kontrast ließ sie nun noch härter erscheinen, hundertmal so kalt. Diese Kombination jagte ihr einen Schauer den Rücken hinab. »Ich bin nicht nervös«, sagte sie tapfer und stellte die Füße fest auf den Boden, damit ihre Knie nicht zitterten.