»Würg.« Pewter blinzelte. Sie hatte Paddy, Mrs. Murphys Exgatten, nie ausstehen können.
Murphy hob den Kopf.»Was immer du auf dieser Seite von Crozet zu suchen hast, ich will es nicht wissen.«
»Und das sollst du auch nicht, meine Liebste.« Er küßte sie auf die Wange.»Pewter, du siehst schlanker aus.«
»Lügner.«
»Welch reizende Worte für einen Gentleman, der dir ein Kompliment macht.«
»Was für ein Gentleman?«
»Pewter, sei höflich.« Murphy spielte nur ungern die Friedensstifterin. Sie wußte mit ihrer Zeit besseres anzufangen.»Kommt jetzt, ihr zwei. Wenn wir bis Schalterschluß zurück sein wollen, müssen wir weiter.«
»Wohin geht ihr?« »Mims Stall. Komm mit, und ich gebe dir die nackten Tatsachen.« Mrs. Murphy benutzte einen Ausdruck, den Mrs. Hogendobber gelegentlich verwendete, wenn der braven Frau nach Pikanterie zumute war.
»Laßt uns traben. Ich renne nicht«, schmollte Pewter.
»Schon gut, schon gut«, willigte Tucker ein, um sie bei Laune zu halten.»Denkdran, daß wir deinetwegen hier im Einsatz sind.«
»Es ist nicht meinetwegen, es ist, weil Coty Lamont tot auf einem Lieferwagen gefunden wurde, mit einer Kugel im Rücken und einem Messer im Herzen. Ich habe nichts anderes getan, als diese Nachricht heute morgen zu melden.«
»Wie kommt es, daß Harry es nicht zuerst wußte - oder die ehrwürdige Mrs. Hogendobber?« Paddy witterte einen starken Wildgeruch, der sich im Frost gut hielt.
»Cynthia hat es Harry als zweite erzählt. Sie kam auf einen Kaffee und eins von Mrs. Hogendobbers Gebäckstückchen bei uns vorbei. Heute waren es Arme Ritter und irgendwas Zusammengeklapptes mit Puderzucker. Als nächstes schaute sie beim Postamt...«
Tucker warf ein:»Sie sagte, sie würden es später in der Zeitung lesen, drum wollte sie ihnen die wahren Tatsachen liefern.«
»Und dann hab ich mich von euch überreden lassen, hier rauszukommen. Warum, werde ich wohl nie wissen.« Pewter beklagte laut ihre wunden Pfotenballen.
»Weil Coty Lamont sich in der Nacht oder am frühen Morgen, als er ermordet wurde, in Mims Stall geschlichen hat, darum, und weil es keiner weiß außer Rodger Dodger, Pusskin, den Pferden und uns.«
Tucker erklärte es Pewter geduldig noch einmal. Es war, als würde man einem Welpen beibringen, einen Knochen zu verstecken. Wiederholung.
Tucker wußte, daß Pewter durchaus nicht schwer von Begriff war, aber durch Marotten und Gestöhne konnte sie sich in den Mittelpunkt spielen. Außerdem waren ihre Pfotenballen, nicht an schnelles Rennen gewöhnt, wirklich empfindlich.
»Doch, noch ein Mensch weiß Bescheid.« Mrs. Murphy nahm die Kuppeln des Stalles über ihr in Augenschein.»Cotys Mörder.«
»Das weiß man nicht«, sagte Paddy, worauf er über die Vorgänge informiert wurde, die sich zugetragen hatten, bevor Coty gefunden wurde, die Vorgänge in Mims Stall. Beharrlich sagte er:»Das hieße Mickey Townsend, da Rodger gesagt hat, er hat sich reingeschlichen und ihn gefunden.«
»Sicher, sieht ganz so aus, aber ich habe gelernt, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen, das geht nicht so schnell wie beim Mäusefangen«, erklärte Murphy verschmitzt.
»Tu nicht soüberheblich, Murphy. Das kann ich nicht ausstehen.« Pewter schnaufte, als sie durch das große offene Tor eintraten, das weiß gestrichen und dunkelgrün eingefaßt war.
Addie und Chark Valiant stritten sich in der Sattelkammer, die sich in der Mitte des Stalles befand.
»Du mußt dir mal ernsthafte Gedanken ums Geld machen.«
»Schwachsinn«, erwiderte Addie trotzig.
Chark hob die Stimme. »Du wirst alles verplempern, Addie.«
Sie unterbrach ihn. »Alles, woran du und Arthur denken, ist Geld. Wenn ich mein Erbe durchbringe, ist das mein Pech.«
»Wir sollten unser Kapital zusammenhalten und investieren. Auf diese Weise vermehrt man sein Geld.«
»Das will ich nicht. Das hab ich nie gewollt. Du nimmst deinen Anteil, und ich nehme meinen.«
»Das ist verrückt!« brüllte er. »Ist dir denn nicht klar, was auf dem Spiel steht?«
»Mir ist klar, daß du vor zwei Jahren mit Arthur Tetrick vor Gericht gegangen bist, um Arthurs Treuhänderschaft zu verlängern.« Ihr Gesicht war gerötet. »Es ist mein Geld. Gott sei Dank hat der Richter die Frist nicht verlängert.«
»Du warst vollgepumpt mit Drogen, Addie. Wir haben versucht, dich zu beschützen.«
»Schwachsinn!« Sie schmiß ihren Hut auf den Boden.
Chark versuchte es anders. »Und wenn wir uns einen anderen Berater nehmen?«
»Den lieben Onkel Arthur abservieren?« Das WortOnkel war von Sarkasmus durchtränkt.
»Wenn es dich dazu bringen könnte, unser Geld beisammen zu halten, ja.«
Es folgte ein Schweigen, das Addie schließlich brach. »Nein. Du und Arthur könnt auf dein Geld aufpassen. Ich passe auf meins auf.« »Verdammt noch mal, warum bist du so dumm?«
Sie kreischte: »Ich will nicht für den Rest meines Lebens unter deiner Fuchtel stehen!«
»Nein, du wirst bloß unter der Fuchtel des nächst besten dahergelaufenen Mistkerls stehen, in den du dich verknallst genau wie Mutter.«
Ein Schlag hallte durch den Stall. »Ich könnte dich umbringen. Es würde mich nicht wundern, wenndu Nigel umgebracht hättest.«
»Du hast sie nicht mehr alle!« Chark stürmte aus der Sattelkammer und aus dem Stall.
Die Tiere sahen reglos zu, als Addie aus der Sattelkammer stürzte, ihrem Bruder nachrannte und aus Leibeskräften brüllte: »Ich hasse dich. Verdammt, ichhasse dich!«
»Hi«, rief Rodger vom Heuboden herunter.»Achtet nicht auf sie, die streiten sich dauernd wegen Geld.«
»Hi«, rief Pusskin, Rodgers angebetete Freundin, die neben ihm saß.
»Habt ihr schon gehört?« Pewter verbreitete Neuigkeiten liebend gern als erste, Neuigkeiten aller Art.
»Nein.« Rodger kletterte rückwärts von der Leiter, die zum Heuboden führte. Pusskin folgte ihm.
»Coty Lamont wurde gestern abend ermordet aufgefunden«, verkündete Pewter atemlos.
»Wie schrecklich.« Pusskin rutschte eine Sprosse hinunter und legte die Hinterpfote auf Rodgers Kopf.
»Deswegen sind wir alle hier, Rodg«, sagte Mrs. Murphy.»Laßt uns in Orions Box gehen.«
Rodger, dem Paddys Ruf in puncto Katzendamen bekannt war, trat zwischen Pusskin und den gutaussehenden schwarzen Kater mit der weißen Smokingbrust und den weißen Gamaschen an den Pfoten.
Orion stand in seiner Box; denn er sollte heute geschoren werden, was ihm ein Greuel war. Die steifen Barthaare an seiner Nase und seinem Kinn würden mit einer Schermaschine abgeschnitten, wie sie Menschen für einen Bürstenschnitt benutzten. Seine Ohren würden geputzt werden, und am Genick hinter den Ohren würde ihm ein schmaler Pfad rasiert, ein Zaumpfad sozusagen. Die Box war verriegelt.
»Orion, wie geht's dir heute?« rief Rodger ihm von der Sattelkiste zu.
»Was glaubst du wohl? Diese verflixte Addie will mich bremsen, und Chark will Friseursalon spielen.« Eine Bremse, eine sogenannte Nasenbremse, diente dazu, Pferde während der Schönheitskur stillzuhalten. Eine Seilschlinge am Ende eines halben Besenstiels wurde um seine Lippe gewickelt.