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»Schön, dann lassen Sie es mich anders versuchen. Hat Nigel Dan­forth oder Coty LamontIhnen Geld geschuldet?«

»Nein.« Mick fuhr mit dem Zeigefinger über seinen gepflegten schwarzen Schnurrbart. »Ja.«

»Wer und wieviel?«

»Nigel schuldete mir dreihundertsiebenundvierzig Dollar, aufgelau­fene Pokerschulden, und Coty schuldete mir, oh, ungefähr hundert­zweiundzwanzig Dollar.«

»Sie mochten Coty nicht, haben aber mit ihm Poker gespielt?«

»He, es gibt Ausfallzeiten in diesem Geschäft. Ich brauche einen Kerl nicht zu lieben, um ihn an einer Pokerrunde teilnehmen zu las­sen.«

»Sind Sie ein guter Spieler?«

Mick zog die Schultern hoch.

Cynthia warf ein: »Alle sagen, Sie sind aalglatt.«

»Das sagen sie, weil sie sich nicht merken, welche Karten draußen und welche noch im Stapel sind. Wenn Sie Stud Poker spielen, ist das alles, was Sie zu tun haben.« Er zog abermals seine Schultern hoch. »Ich bin nicht so schlau.«

Rick rieb sich den fliehenden Haaransatz. Es war fast, als suchte er nach den Haaren. »Coop, fällt Ihnen noch was ein?«

»Eine Kleinigkeit - Mr. Townsend, haben die Kartenfarben eine bestimmte Bedeutung?«

»Wie meinen Sie das?« »Was, wenn - verrückt, ich weiß, aber was, wenn ich einen Royal Flush mit Herz hätte und Sie hätten einen mit Pik. Wer würde ge­winnen?«

»Ich. Die Farben sind in aufsteigender Reihenfolge Kreuz, Karo, Herz und Pik.«

»Aber würden die meisten Leute es nicht für unentschieden erklä­ren?« gab Rick zu bedenken. »Ich meine, die meisten würden die Bedeutung der Farben nicht kennen. Nehme ich zumindest an. Wenn sich eine solche Situation ergäbe, würden Sie dann nicht eine Karte ziehen, und die höchste entscheidet?«

»In einer Situation mit zwei Royal Flushs würden beide einen Herzstillstand haben, und dann wäre es egal. So ein Zufall ist un­möglich.«

»Aber Sie kennen die Bedeutung der Farben.« Rick ließ nicht locker.

»Ja.«

»Gibt es noch eine andere Art, die Farben zu betrachten, eine Nicht-Poker-Art?« fragte Cynthia.

Er lehnte sich zurück. »Sicher.«

»Können Sie mir die nennen?«

»Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht. Sagen Sie's mir.« Er starr­te sie an.

»Also gut.« Sie lächelte ihn an. »Kreuz verkörpert die Menschheit auf der niedrigsten Stufe. Pik ist ein Schritt höher. Karo ist offen­sichtlich noch eine Stufe höher, aber der höchste Menschentyp würde in die Kategorie Herz fallen.«

»Gut gesagt.« Mickey konnte nicht umhin, das Lächeln der jungen Polizistin zu erwidern. Sie sah gut aus.

»Ein Kreuz und ein Pik sind schon verwendet worden«, sagte Rick gedehnt.

»Dann kommt als nächstes Karo. Jemand, der reich ist.« Mickey verschränkte die Arme. »Ich werd's nicht sein. Ich bin nicht reich.«

21

Totem, ein Vollblüter, heißer als der Hades, warf die meisten Men­schen ab, die ihn bestiegen. Der einzige Grund, weshalb er nicht zu Hundefutter verarbeitet wurde, war der, daß er rennen konnte wie der Blitz. Dr. D'Angelo hatte ihn Mickey Townsend in Montpelier auf Anhieb abgekauft. Linda Forloines, wütend, weil sie nicht an dem Handel beteiligt war und daher keine Provision erhielt, heckte einen Plan aus, wie sie das Tier loswerden konnte.

Sie versprach Dr. D'Angelo, gewissenhaft mit Totem zu arbeiten. Sie nahm dann ein Stück Seife und schäumte ihn fünfzehn Minuten, bevor D'Angelo in den Stall kam, ein. Dadurch sah das Pferd aus, als sei mit ihm trainiert worden. Dann dachte sich Linda eine Geschichte aus, wie es sich aufgeführt hatte, gespickt mit lauter kleinen Details, um ihre Lügen zu zementieren. Sobald D'Angelo gegangen war, spritzte sie das Pferd ab und brachte es auf die Koppel. Will ergriff das Halfter mit einem Führzügel über der Nase und half seiner Frau, das Pferd auf die Koppel zu führen.

»Innerhalb von zwei Monaten hab ich das Pferd hier wegge­schafft«, prahlte sie.

»Wie?«

»Sag Bob Drake, er soll ihn reiten, wenn D'Angelo hier ist.«

»Bob Drake kann dieses Pferd nicht reiten.«

»Genau.« Sie grunzte, als das große Tier sie anrempelte. Sie schlug ihm mit der Faust in den Brustkorb und hoffte, daß er sie nicht noch einmal anrempeln würde.

Beide stießen einen Seufzer der Erleichterung aus, als Totem in seine Koppel ging und das Tor sich hinter ihm schloß.

»Linda, Bob könnte verletzt werden - schwer.«

Sie zuckte die Achseln. »Er ist ein großer Junge. Er muß das Pferd nicht reiten.«

Will dachte darüber nach. »Angenommen, er kriegt einen Tritt. Was dann?«

»Dann sage ich D'Angelo, mit so einem Pferd könnte er gerichtlich belangt werden. Es wäre am besten, wenn ich ihn davon befreite.«

Will lächelte. »Das dürfte eine hohe Provision geben.« »Denk nur.« - sie zwinkerte ihm zu - , »wir werden unseren eige­nen Stall haben - sehr bald. Wir können in diesem Geschäft Geld verdienen. Richtig viel Geld.«

»Und wenn D'Angelo nicht verkaufen will?«

»Er wird wollen.« Sie rieb sich die Hände. »Ich kenne ihn durch und durch. Hör mal, Schatz, ich muß heute abend eine Lieferung abholen. Ich werde sehr spät zurück sein.«

Er runzelte die Stirn. »Ich wollte, du würdest mich mitnehmen.«

»Mir passiert nichts. Besser, nur einer von uns kennt den Lieferan­ten. Es ist sinnlos, dich mit reinzuziehen. Und er würde es auch gar nicht erlauben.«

Will hielt schützend die Hände über den Kopf, als ein Windstoß Stroh- und Heuschnitzel durch die Gegend blies. »Es ist gefährlich.«

»Ach was.«

»Zwei unserer besten Kunden sind tot.«

»Das hat nichts mit uns zu tun.«

»Gott, das will ich hoffen.« Alles Leben wich aus Wills Zügen.

Aus zwei Gründen wollte Linda nicht, daß Will den Lieferanten kannte. In einer brenzligen Situation würde er womöglich auspacken und alles verderben. Und er würde die genaue Menge Koks erfahren, die an sie verkauft wurde. Das paßte ihr nicht in den Kram, weil er nicht wissen sollte, wieviel sie für sich selbst zurückbehielt. Sie ver­schnitt es einmal leicht, bevor sie es nach Hause brachte. Dann ver­schnitten sie und Will es zusammen mit einem weißen Abführpulver.

Will war sozusagen die Muskelkraft ihres Gespanns. Sie war das Gehirn. Für ihn galt das Motto:>Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.<

Als Linda später am Abend, um halb elf, mit dem Transporter aus der Einfahrt fuhr, lief Will nach draußen und sprang in D'Angelos alten Farmtransporter. Er folgte ihr ohne Licht, bis sie in die Route 15 in südlicher Richtung einbog. Er ließ ein paar Autos als Pufferzo­ne zwischen sich und seine Frau. Dann schaltete er die Scheinwerfer ein und folgte ihr zu ihrer Verabredung.

22

Der Regen ergoß sich in silbernen Schnüren über die Windschutz­scheibe. Harry konnte kaum sehen, als sie zur Arbeit fuhr. Die Scheibenwischer schwirrten hin und her und gestatteten kurze Blicke auf die Straße, die sie zum Glück gut kannte.

Mrs. Murphy, aufmerksam die Pfoten am Armaturenbrett, half Har­ry beim Fahren. Tucker schaffte es nicht ganz, die Hinterbeine auf der Sitzbank abzustützen und mit den Vorderpfoten das Armaturen­brett zu erreichen.

»Große Pfütze voraus«, warnte die Katze.

Harry nahm das Tempo herunter, wunderte sich über die Ge­schwätzigkeit ihrer Tigerkatze.

»Mom, ein gestrandeter Wagen voraus.« Mrs. Murphy grub die Krallen in das Armaturenbrett.

Mickey Townsends schöner silberner BMW stand am Straßenrand, die rechten Räder in einem Abflußgraben, der von einem Rinnsal zu einem reißenden Strom angeschwollen war.